OLG Frankfurt vom 29.09.1998 (3 UF 236/98)

Stichworte: Vereinbarung, formnichtig Heilung Zugewinn Schwarzgeld
Normenkette: BGB 138, 139, 1408, 1410
Orientierungssatz: Unzweifelhaft ist die Vereinbarung vom 28. 11. 1993 formnichtig ( § 125 BGB). Sie bedurfte der notariellen Beurkundung schon wegen der beiderseitigen Verpflichtung zur Grundstücksauseinandersetzung ( § 313 BGB ). Weil sie den Ausgleich des Zugewinns bezweckte, kommt der Formzwang nach § 1378 III 2 BGB ( vgl. hierzu BGH FamRZ 1993, 157 und 160 ) oder - weil die Ehesache noch längst nicht anhängig war - nach §§ 1408, 1410 BGB hinzu. Dieser Mangel ist nicht geheilt worden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

U R T E I L

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Amthor, die Richterin am Oberlandesgericht Diehl und den Richter am Oberlandesgericht Remlinger aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. 7. 1998 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Friedberg vom 5. 8. 1997 abgeändert.

Die Klage wird unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Klägerin abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 500.000 DM festgesetzt, von denen 100.000 DM auf die Anschlußberufung entfallen.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist Deutsche, der Beklagte Italiener. Die Parteien schlossen 1974 die Ehe, aus der zwei Kinder hervorgingen. Der Beklagte war in der Firma der Familie der Klägerin (xxxxx) erfolgreich tätig. Unstreitig wurden erwirtschaftete Gelder in die Schweiz auf ein gemeinsames Konto transferiert. Das Geld leitete der nach außen bevollmächtigte Beklagte von dort nach Italien an eine Firma weiter, an der die Klägerin nicht beteiligt ist.

Im Zuge des Scheiterns der Ehe war mit Hilfe ihres Steuerberaters XXX. eine Auseinandersetzung des Vermögens ( Firmenanteile und Grundstücke pp. ) in die Wege geleitet. Dieser fertigte "zum Ausgleich der gegenseitigen Ansprüche aus dem Zugewinn" einen Entwurf, den die Parteien am 28. 11. 1994 unterzeichneten. Die in die Schweiz geflossenen Gelder waren dabei nicht berücksichtigt. Wie die Anhörung der Parteien im Einzelrichtertermin am 9. 3. 1998 ergeben hat, sollte der Steuerberater insoweit nicht kundig gemacht werden. Er hat aber einen weiteren allgemein gehaltenen Entwurf einer Verpflichtungserklärung vorgelegt. Diesen hat die Klägerin konkretisiert. Am 29. 11. 1994 unterschrieb der Beklagte diese Verpflichtungserklärung, nach der er in - handschriftlich abgeänderten - Raten 500.000 DM an die Klägerin zu zahlen habe, die inzwischen sämtlich fällig sind.

Zur Beurkundung der Vereinbarung vom 28. 11. 1994 ist es nicht gekommen. Das Scheidungsverfahren ist seit März 1996 anhängig. Es nimmt wegen der Auskünfte in der Folgesache Güterrecht keinen Fortgang.

Die 500.000 DM sind Gegenstand der vorliegenden Klage, die letzte Rate von 100.000 DM ist dabei im Wege der klageerweiternden Anschlußberufung geltend gemacht.

Das zunächst angerufene Landgericht Gießen hat sich für sachlich unzuständig erklärt, das Familiengericht den Beklagten aufgrund der Verpflichtungserklärung zur Zahlung von 400.000 DM verurteilt.

Hiergegen richtet sich die alle Form- und Fristerfordernisse wahrende Berufung des Beklagten, der Klagabweisung begehrt.

Er rügt, daß das Amtsgericht den Zusammenhang mit der güterrechtlichen Auseinandersetzung gemäß der Vereinbarung vom 28. 11. 1994 nicht berücksichtigt habe. Weil es nicht zur erforderlichen Beurkundung gekommen sei, sei die Vereinbarung vom 28. 11. 1994 unwirksam; dies führe zur Unwirksamkeit auch der Verpflichtung vom 29. 11. 1994.

Der Beklagte verfolgt die Klagabweisung und will den Rechtsstreit vorsorglich bis zum Abschluß des anhängigen Güterrechtsverfahrens ausgesetzt wissen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und klagt die fällige Spitze ein.

Von der weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 I ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung führt zur Klagabweisung und damit Zurückweisung auch der - unselbständigen - Anschlußberufung.

Die Klage ist nicht begründet, weil sich der Beklagte nicht wirksam zur Zahlung der jetzt vollumfänglich fälligen halben Million DM verpflichtet hat.

Die Verpflichtungserklärung vom 29. 11. 1993 stellt zwar ein vertragliches Schuldversprechen i.S.v. § 780 BGB dar, dessen nach dieser Bestimmung erforderliche Schriftform gewahrt ist. Unstreitig ist es dem Beklagten von der Klägerin vorgelegt, auf seinen Wunsch modifiziert und von ihm unterschrieben worden.

Indessen hat die Anhörung der Parteien im Einzelrichtertermin vom 9. 3. 1998 ergeben, daß es im Zusammenhang mit der Auseinandersetzungsvereinbarung vom Vortage steht und ausschließlich der ergänzenden Erledigung des Dritten und insbesondere auch dem Steuerberater vorenthaltenen Komplexes "Schweizer Konten" diente. Insbesondere ist es danach nicht als Vorausempfang im Hinblick auf den späteren Zugewinnausgleich ( § 1380 BGB ) gedacht gewesen.

Unzweifelhaft ist die Vereinbarung vom 28. 11. 1993 formnichtig ( § 125 BGB). Sie bedurfte der notariellen Beurkundung schon wegen der beiderseitigen Verpflichtung zur Grundstücksauseinandersetzung ( § 313 BGB ). Weil sie den Ausgleich des Zugewinns bezweckte, kommt der Formzwang nach § 1378 III 2 BGB ( vgl. hierzu BGH FamRZ 1993, 157 und 160 ) oder - weil die Ehesache noch längst nicht anhängig war - nach §§ 1408, 1410 BGB hinzu. Dieser Mangel ist nicht geheilt worden.

Auch aus der Sicht der Klägerin war die nachfolgende Verpflichtung des Beklagten vom 29. 11. 1993 nicht außerhalb der Bereinigung der güterrechtlichen Situation am Vortage angesiedelt, sondern nur zur Vertuschung des "Schwarzgeldes" gegenüber Steuerberater und Notar ungeregelt gelassen und gerade in Ergänzung des Entwurfs des Steuerberaters zur Teilung des in die Schweiz geschafften Vermögens bestimmt. Auch Schwarzgeldkonten gehören aber zum Endvermögen von Eheleuten und unterfallen den güterrechtlichen Bestimmungen.

Damit stellt sich die Verpflichtungserklärung vom 29. 11. 1993 nur als Teil der am Vortage getroffenen formnichtigen Vereinbarung dar. Gem. § 139 BGB ist aber das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn ein Teil nichtig ist, sofern nicht anzunehmen ist, daß es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Dafür liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Daß sich die Parteien über das in die Schweiz transferierte Geld außerhalb der Gesamtbereinigung ihrer Vermögensverhältnisse hätten einigen wollen, findet in ihren Erklärungen zum Zustandekommen der Verpflichtungserklärung keine Stütze. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Amthor Diehl Remlinger