OLG Frankfurt vom 07.09.2000 (3 UF 213/99)

Stichworte: Versorgungsausgleich, Abfindungsanspruch
Normenkette: BGB 1587l Abs. 3
Orientierungssatz: Zum Anspruch auf Abfindung im VA; Der Senat hält dafür, daß die Bestimmung der Lebens- oder Rentenversicherung mit den im Gesetz aufgeführten Mindestbedingungen keine Voraussetzung für die Sachentscheidung, sondern lediglich für die Fälligkeit des Abfindungsanspruches ist.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

Zu Lasten der für den Antragsgegner bei dem Regierungspräsidium Darmstadt bestehenden Versorgungsanwartschaften werden auf dem Rentenkonto der Antragstellerin bei der Beschwerdeführerin unter Vers.-Nr. 52 180557 P 534 monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 790,24 DM bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.12.1996 begründet.

Die Anwartschaften sind in Entgeltpunkte umzurechnen (§ 1587b Abs. 6 BGB).

II. Auf die Anschlußbeschwerde der Antragstellerin wird der Antragsgegner verpflichtet, zum Ausgleich einer weiteren volldynamischen Versorgungsanwartschaft in Höhe von monatlich 516,36 DM bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.12.1996 einen Abfindungsbetrag in Höhe von 57.132,00 DM in eine von der Antragstellerin noch zu benennende private Lebens- oder Rentenversicherung einzuzahlen, die von der Antragstellerin auf sich für den Fall des Todes und des Erlebens des 65. oder eines niedrigeren Lebensjahres abzuschließen ist und vorsehen muß, daß Gewinnanteile zur Erhöhung der Versicherungsleistungen verwendet werden.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben (§ 93a ZPO).

IV. Beschwerdewert: (516,36 x 12 =) 6.200,00 DM (§ 17a GKG).

Gründe:

Die am 18.05.1957 geborene Antragstellerin und der am 30.04.1947 geborene Antragsgegner haben am 17.12.1985 die Ehe geschlossen, aus der drei Kinder hervorgegangen sind. Auf den am 22.01.1997 zugestellten Scheidungsantrag hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien am 30.01.1997 unter Abtrennung des Versorgungsausgleichs geschieden.

Diesen hat es mit dem angefochtenen Beschluß dahin geregelt, daß es zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners monatliche Rentenanwartschaften von 1.306,60 DM auf dem Rentenversicherungskonto der Antragstellerin begründet hat.

Gegen die ihr am 05.07.1999 zugestellte Entscheidung hat die BfA am 30.07.1999 befristete Beschwerde eingelegt, die sie zugleich damit begründet hat, daß der Höchstbetrag nach § 1587b Abs. 5 BGB von 790,24 DM überschritten sei.

Die Antragstellerin hat durch ihren beim OLG postulationsfähigen Verfahrensbevollmächtigten am 30.11.1999 (unselbständige) Anschlußbeschwerde eingelegt, mit der sie die Zahlung eines Abfindungsbetrages von 57.132,00 DM begehrt.

Die Antragstellerin legt ein Gutachten des Rentensachverständigen Glockner vom 25.10.1999 vor, das nach versicherungsmathematischen Grundsätzen den derzeitigen Zeitwert der nicht öffentlich-rechtlich auszugleichenden Versorgungsanwartschaften von 516,36 DM auf 534,28 DM hoch - und auf einen Abfindungsbetrag von 57.132,00 DM umrechnet. Auf das Gutachten wird Bezug genommen.

Der Antragsgegner ist - vertreten durch seine beim OLG nicht zugelassene Verfahrensbevollmächtigte - der Anschlußbeschwerde entgegengetreten. Er hält sie für unzulässig und meint hilfsweise, der schuldrechtliche Ausgleich sei zu begrenzen, weil er keinerlei finanzielle Reserven habe.

Weil die Antragstellerin beim Antragsgegner Einkünfte als Staatssekretär behauptet und Belastungen bestritten hat, hat der Senat dem Antragsgegner anheimgestellt, seine Leistungsunfähigkeit zu substantiieren, anderenfalls nicht einmal für Ratenzahlungen Raum sei. Dem ist der Antragsgegner nicht nachgekommen.

Die Parteien sind auch darauf hingewiesen, daß der Senat eine Entscheidung ohne mündliche Anhörung beabsichtigt, und sind dem nicht entgegen getreten.

Das gemäß §§ 621e, 20 FGG zulässige Rechtsmittel der Verfahrensbeteiligten BfA führt zur Herabsetzung des Basissplittings auf den gesetzlich zulässigen Betrag von noch 790,24 DM, wie er bereits Gegenstand der Auskunft der BfA vom 17.07.1998 war.

Auch die unselbständige Anschlußbeschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 577a ZPO zulässig, obwohl § 621e ZPO nicht auf § 521 ZPO verweist; es handelt sich nämlich um ein echtes Streitverfahren, in dem die Antragstellerin nicht das gleiche Ziel wie die BfA verfolgt (vgl. hierzu schon OLG Ffm. FamRZ 1981, 291).

Der gemäß § 1587l BGB zulässige Antrag auf Zahlung eines Abfindungsbetrages in Höhe von 57.132,00 DM zum Ausgleich der mithin nicht in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehenden volldynamischen Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners in Höhe von monatlich weiteren 516,36 DM bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.12.1996 ist zulässig und begründet.

Der Betrag erscheint nicht übersetzt, zumal im Falle der Begründung von Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung in die gesetzliche Rentenversicherung ein deutlich höherer Betrag fällig wäre: Die 516,36 DM entsprechen bezogen auf das Ende der Ehezeit bei einem Rentenwert von 46,67 DM 11,06 Entgeltpunkten, für die je 9.812,736 DM zu zahlen sein würden. Indessen kommt die Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung in Form freiwilliger Beiträge bis zum jährlichen Höchstbetrag nicht in Betracht, weil die Antragstellerin nach wie vor hier pflichtversichert ist. Ihre Wahl, den Abfindungsbetrag in eine private Versicherung einzuzahlen ist damit sachlich gerechtfertigt.

Gegen die Ermittlung des Abfindungsbetrages nach versicherungsmathematischen Grundsätzen haben die Parteien nichts erinnert. Bedenken gegen die Richtigkeit des Gutachtens Glockner sind auch nicht ersichtlich.

Daß die Antragstellerin diese private Versicherung noch nicht konkret benannt hat, steht dem Erfolg der Anschlußbeschwerde nicht entgegen. Das Gesetz bestimmt zwar in § 1587l Abs. 3 BGB, daß im Falle der Wahl der Abfindungszahlung in eine private Lebens- oder Rentenversicherung der Versicherungsvertrag mit den im Tenor genannten Bedingungen "abgeschlossen" sein muß. In Lehre und Kommentierung wird hierzu vertreten, der Berechtigte müsse den Abschluß des Versicherungsvertrages nachweisen ( RGRK-Wick, BGB, 12. Aufl., § 1587l, Rz. 14 und 19 ), der vom Ausgleichsberechtigten ja schließich unter der aufschiebenden Wirkung der Einzahlung abgeschlossen werden könne ( Rolland, 1. EheRG, 1994, § 1587l BGB, Rz. 19; Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts, 4. Aufl., § 28 VII 11 ). Demgegenüber verhalten sich Staudinger-Eichenhofer, BGB, 13. Bearb., und MünchKomm-Glockner, 4. Aufl., je zu § 1587l zur Frage des Zeitpunktes des Versicherungsvertrages nicht.

Der Senat hält dafür, daß die Bestimmung der Lebens- oder Rentenversicherung mit den im Gesetz aufgeführten Mindestbedingungen keine Voraussetzung für die Sachentscheidung, sondern lediglich für die Fälligkeit des Abfindungsanspruches ist. Vom Ausgleichsberechtigten kann nicht erwartet werden, "ins Blaue hinein" einen Versicherungsvertrag abzuschließen, dessen Zahlungsbedingungen vor Abschluß des Verfahrens über den Versorgungsausgleich nicht feststehen. Schließlich bleibt - trotz Vorlage eines Rentengutachtens - stets offen, ob das Gericht aus Billigkeitsgründen gem. § 1587l III 3 BGB dem Verpflichteten Ratenzahlungen gewährt. Die von Rolland und Gernhuber vorgeschlagene Lösung erscheint von daher nicht gangbar. Praktikabler ist es, dem Berechtigten einzuräumen, erst nach Abschluß des Erkenntnisverfahrens die Voraussetzungen für die Fälligkeit - und ggfls. Vollstreckbarkeit - der Zahlung des Ausgleichsverpflichteten zu schaffen und diesem nachzuweisen.

Dem Umstand, daß Einkünfte aus einer solchen Versicherung möglicherweise künftig anders als eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich - wie bislang - nicht privilegiert werden, kann bei der Bemessung des Abfindungsbetrages derzeit noch nicht Rechnung getragen werden.

Frankfurt am Main, 7.9.2000
BR Oberlandesgericht
BR 3. Senat für Familiensachen

Remlinger Kirschbaum Diehl