OLG Frankfurt vom 11.12.2000 (3 UF 194/00)

Stichworte: Ehewohnung: Wohnungsaufteilung, Nutzungsregelung der gemeinsamen zu nutzenden Räume Wiedereinsetzung von Amts wegen
Normenkette: ZPO 236 Abs. 2, 238 Abs. 4 HausratsVO 3 ff.
Orientierungssatz: Die alleinige Zuweisung der Ehewohnung an einen Ehegatten ist ultima ratio. Ist ein Ehegatte Rentner so ist es nicht zu beanstanden, wenn sich die Nutzungszeiten von Bad und Küche an den Belangen der berufstätigen Ehegatten orientieren.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 20.09.2000 sowie die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin vom 27.10.2000 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Hanau vom 05.09.2000 am 11.12.2000 beschlossen:

Dem Antragsgegner wird von Amts wegen auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist bewilligt.

Die Beschwerde sowie die unselbständige Anschlussbeschwerde werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 3.000,-- DM.

G r ü n d e

Mit Beschluß vom 05.09.2000 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Hanau die Aufteilung der Ehewohnung zwischen den Parteien vorgenommen und die zeitliche Nutzung von Bad und Küche geregelt.

Diese Entscheidung wurde dem Antragsgegner nach Angaben in der Beschwerdeschrift am 11.09.2000 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 20.09.2000 legte der Antragsgegner hiergegen ein als Beschwerde bezeichnetes Rechtsmittel beim Amtsgericht ein, das dort am 22.09.2000 einging. Das Amtsgericht veranlasste die Weiterleitung an das Oberlandesgericht mit Verfügung vom 09.10.2000. Die Akten gingen beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 12.10.2000 ein.

Der Antragsgegner begehrt mit seinem Rechtsmittel die Änderung der Nutzungszeiten und hält im übrigen den Zuweisungsantrag nach wie vor für nicht begründet.

Die Antragstellerin ihrerseits hat mit Schriftsatz vom 27.10.2000 unselbständige Anschlussbeschwerde eingelegt mit dem Begehren, ihr die Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen.

Dem Antragsgegner ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist auf seine Kosten gemäß §§ 236 Abs. 2, 238 Abs. 4 ZPO von Amts wegen zu gewähren

Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ist gemäß § 621 e ZPO die befristete Beschwerde gegeben, die binnen 1 Monats nach Zustellung der Entscheidung beim Beschwerdegericht einzulegen ist. Der Antragsgegner hat die Beschwerde beim Amtsgericht eingelegt, der Eingang der Akten beim Oberlandesgericht ist erst am 12.10.2000 und damit einen Tag nach Ablauf der Beschwerdefrist erfolgt. Gleichwohl kann dies nicht zu Lasten des Antragsgegners gehen, da der Eingang der Beschwerdeschrift beim Amtsgericht am 22.09.2000 und damit so rechtzeitig erfolgt ist, dass bei unverzüglicher Weiterleitung durch das Amtsgericht die Beschwerdefrist gewahrt gewesen wäre. Zu einer unverzüglichen Weiterleitung wäre das Amtsgericht im Hinblick auf seine Fürsorgepflicht den Parteien gegenüber auch gehalten gewesen, so dass die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung von Amts wegen zu bejahen sind.

Die Beschwerde sowie auch die Anschlussbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung sind damit zulässig, in der Sache selbst jedoch nicht begründet. Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die alleinige Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin bisher nicht erfüllt sind. Das Amtsgericht weist insoweit zu Recht darauf hin, dass die Zuweisung der Ehewohnung an einen Ehegatten als ultima ratio anzusehen ist und nur dann erfolgen kann, wenn andere Möglichkeiten, zu denen insbesondere die Aufteilung der Ehewohnung gehört, nicht in Betracht kommen.

Dass dies hier der Fall ist, ergibt sich weder aus den Akteninhalt des erstinstanzlichen Verfahrens noch aus den Vorbringen der Parteien im Beschwerdeverfahren.

Die vom Amtsgericht vorgenommene Aufteilung der Ehewohnung ist durchaus geeignet, den Bedürfnissen beider Parteien gerecht zu werden und auch zu einer Befriedung der Situation beizutragen, zumal die Berührungspunkte der Parteien dadurch auf ein Minimum reduziert werden. Auch die Erkrankung der Antragstellerin rechtfertigt aus den vorgenannten Gründen zumindest derzeit nicht die alleinige Zuweisung der Ehewohnung an sie.

Soweit die Antragstellerin ausführt, der Antragsgegner habe sich erneut über festgesetzte Zeiten hinweggesetzt, und fühle sich an Vereinbarungen, die vor dem Familiengericht getroffen worden sind, in keinster Form gebunden, reicht dies nicht aus, um zur alleinigen Zuweisung der Ehewohnung an sie zu gelangen. Dies folgt schon daraus, dass eine vollstreckbare Entscheidung zur Wohnungsaufteilung einschließlich der festgelegten Nutzungszeiten bisher nicht vorliegt, da der Antragsgegner Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Entscheidung eingelegt hat. Sofern sich allerdings nach Abschluß des Beschwerdeverfahrens ergeben sollte, dass der Antragsgegner sich nicht an die gerichtliche Wohnungsaufteilung hält, kann dies durchaus einen Grund darstellen, der die alleinige Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin rechtfertigt. Bisher sind hierfür jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich.

Ebenso wie die Anschlussbeschwerde erweist sich auch die Beschwerde des Antragsgegners als nicht begründet. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Amtsgericht eine fehlerhafte Beweiswürdigung vorgenommen hat. Die hiergegen vom Antragsgegner vorgebrachten Argumente, die Zeugen würden zur Antragstellerin halten, lassen sich aus den Zeugenaussagen nicht entnehmen. Im übrigen hat der Antragsgegner in seinem Beschwerdeschriftsatz selbst eingeräumt, dass er in seinem Umgangston etwas außergewöhnlich sein mag. Das muß jedoch, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, die Antragstellerin nicht hinnehmen. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da der Antragsgegner sich mit seiner Beschwerde lediglich gegen die im angefochtenen Beschluß festgelegten Nutzungszeiten von Bad und Küche wendet. Diese Nutzungszeiten sind jedoch nicht zu beanstanden. Der Antragsteller als Rentner verfügt über eine freie Zeiteinteilung, die es ihm ermöglicht, seinen Tagesablauf den Nutzungszeiten anzupassen. Die Antragstellerin hingegen ist halbtags berufstätig und damit bezüglich der Nutzungszeiten an ihre Arbeitstätigkeit gebunden. Die dem Antragsgegner zugestandene Nutzung in der Mittagszeit sowie in den Abendstunden ist entsprechend den Arbeitszeiten der Antragstellerin gestaltet, so dass der Antragsgegner diese Räume ungestört von der Antragstellerin nutzen kann. Hinsichtlich der Nutzung in den Morgenstunden erscheint die Nutzungsregelung ebenfalls unter Berücksichtigung der Berufstätigkeit der Antragstellerin als nicht zu beanstanden, da sie der Antragstellerin ermöglicht, zeitnah zum Verlassen des Hauses Küche und Bad zu nutzen und diese auch noch zu reinigen. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner nach dem Vorbringen der Antragstellerin, das er nicht in Abrede gestellt hat, die Ehewohnung ohnehin lediglich zu Schlafzwecken nutzt und sich tagsüber weitgehend bei seiner Lebensgefährtin aufhält. Daher ist es ihm durchaus zuzumuten, auf die durch ihre Arbeitstätigkeit vorgegebenen Belange der Antragstellerin in erhöhtem Maße Rücksicht zu nehmen. Die vom Amtsgericht festgelegten Nutzungszeiten sind für den Antragsgegner nicht übermäßig beeinträchtigend und somit nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung entspricht § 20 der HausratsVO. Die Entscheidung über den Beschwerdewert hat ihre Rechtsgrundlage in § 21 HausratsVO, wobei, da es sich vorliegend um die Nutzungsregelung für die Trennungszeit handelt, vom sechsfachen Mietwert ausgegangen wurde. Als Mietwert wurde entsprechend der Miete für die vermieteten Wohnung ein Betrag von 500,-- DM als Kaltmiete pro Monat zugrunde gelegt.

Remlinger Kirschbaum Diehl