OLG Frankfurt vom 05.12.2003 (3 UF 185/03)

Stichworte: Kindergeldverrechnung
Normenkette: BGB 1612 b
Orientierungssatz: Nach Auffassung des Senats kann nur eine hälftige Kindergeldanrechnung erfolgen, da der im Haushalt seiner zur Zahlung von Barunterhalt nicht leistungsfähigen Mutter lebende Kläger von dieser immer noch tatsächliche Unterhaltsleistungen erhält (vgl. Palant BGB, 62. Auflage, § 1612 b Rdnr. 6).

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

U R T E I L

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Usingen vom 16.05.2003 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2003 durch Richter am Oberlandesgericht Kirschbaum als Einzelrichter gem. § 526 ZPO für Recht erkannt:

Das angefochtene Urteil wird für die Zeit ab dem 01.03.2003 abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über die für die Zeit 01.07.2002 bis 28.02.2003 durch das angefochtene Urteil festgelegten Unterhalte hinaus für die Zeit vom 01.03.2003 bis zum 30.09.2003 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 83,-- EUR und ab dem 01.10.2003 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 73,-- EUR zu zahlen. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 1/5 der Beklagte zu 4/5, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 1/4 und der Beklagte zu 3/4.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Berufungswert: 1.528,-- EUR.

Gründe:

Auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht -Usingen vom 16.05.2003 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 10.10.2003 wird Bezug genommen.

Ausweislich der vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Verdienstbescheinigungen für die Monate Oktober 2002 bis einschließlich September 2003 verdiente er in diesem Zeitraum monatlich durchschnittlich 514,49 EUR brutto bzw. 407,-- EUR monatlich netto (vgl. die Verdienstbescheinigungen Bl. 94 ff. d.A.; zu dem gleichen Ergebnis kommen auch die Lohnberechnungen nach dem Computersteuerprogramm "Netto 2003" bzw. Gutdeutsch "Brutto/Netto 2003"). Ab Oktober 2003 verdient der Kläger ausweislich seines Lehrvertrages durchschnittlich monatlich 529,-- EUR brutto, dies entspricht nach den oben genannten Rechenprogrammen einem durchschnittlichen monatlichen Nettolohn von 417,-- EUR.

Der Kläger hat monatliche Fahrtkosten zur Arbeitsstelle in Höhe von durchschnittlich 67,-- EUR.

Der Beklagte ist Eigentümer eines Hauses in X-Stadt/Rheinhessen, Y.; der Beklagte hat nicht vorgetragen, wie groß dieses Haus ist, wie viele Wohneinheiten es enthält, welchen Mietwert es hat; in erster Instanz hat er insoweit Mieteinnahmen vorgetragen, die er nunmehr im Berufungsverfahren bestreitet; jedenfalls wohnt der Beklagte nicht - mehr -in diesem Haus.

Der Beklagte ist arbeitslos, er erhält zwischenzeitlich Arbeitslosenhilfe, er behauptet arbeitsunfähig krank zu sein bzw. nicht mehr vermittelbar; der Beklagte ist am 02.06.1944 geboren. Beim Ausscheiten aus seinem letzten Arbeitsverhältnis hat der Beklagte eine Abfindung erhalten, die im angefochtenen Urteil mit 26.000,-- EUR angegeben wird (vgl. auch den Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 04.10.2002); nicht dargelegt ist, wann diese Abfindungszahlung an den Beklagten geflossen ist, nicht dargelegt ist, wofür sie verbraucht worden sein soll, jedenfalls war dem Beklagten beim Erhalt der Abfindung bekannt, dass er gegenüber seinem Sohn noch unterhaltspflichtig ist.

Mit dem hier angefochtenen Urteil wurde der Beklagte zu monatlichen Unterhaltszahlungen an seinen Sohn, den Kläger verurteilt. Mit seiner Berufung wandte sich der Beklagte zunächst gegen die gesamte Verurteilung, in der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2003 beschränkte er seinen Berufungsangriff nur auf die Zeit ab März 2003 (vgl. das Protokoll; der Kläger ist am 06.03.1985 geboren, d.h. er wurde im März 2003 volljährig).

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat nur den aus dem Urteilstenor ersichtlichen geringen Teilerfolg, der Beklagte schuldet dem Kläger, seinem Sohn, den aus dem Urteilstenor ersichtlichen monatlichen Unterhalt (§§ 1601 - 1603 BGB). Der Kläger, der im hier fraglichen Zeitraum ab März 2003 in einem Lehrverhältnis stand, ist nicht in der Lage seinen eigenen notwendigen Unterhalt selbst zu verdienen. Der Unterhaltsbedarf des Klägers stellt sich auf monatlich 500,-- EUR dar (vgl. die Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichts Frankfurt in FamRZ 2003, 1528 ff. Ziffer 13.1.1, die der Senat in ständiger Rechtsprechung anwendet). Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Verdienstbescheinigungen betrug sein monatliches Nettoeinkommen in der hier betroffenen Zeit ab März 2003 bis jedenfalls September 2003 durchschnittlich 407,-- EUR monatlich. Von diesem Einkommen musste er monatlich 67,-- EUR für Fahrtkosten aufwenden, so dass ihm netto bereinigt 340,-- EUR zur Verfügung standen, also 160,-- EUR weniger, als sein oben genannter Bedarf von 500,-- EUR. Auf diesen fehlenden Unterhaltsbedarf ist das von der Mutter des Klägers bezogene Kindergeld hälftig anzurechnen (§ 1612 b BGB), der Senat folgt insoweit dem angefochtenen Urteil, auch nach Auffassung des Senats kann nur eine hälftige Kindergeldanrechnung erfolgen, da der im Haushalt seiner zur Zahlung von Barunterhalt nicht leistungsfähigen Mutter lebende Kläger von dieser immer noch tatsächliche Unterhaltsleistungen erhält (vgl. Palant BGB, 62. Auflage, § 1612 b Rdnr. 6). Nach Anrechnung des hälftigen Kindergeldes verbleibt ein ungedeckter Unterhaltsbedarf in Höhe von monatlich 83,-- EUR für die Zeit März 2003 (vgl. insoweit § 1613 Abs. 1 BGB) bis einschließlich September 2003. Ab Oktober 2003, dem Beginn des 3. Lehrjahres des Klägers ist von einem durchschnittlichen Bruttomonatslohn von 529,-- EUR auszugehen (vgl. den Lehrvertrag), dieses entspricht einem monatlichen Nettobetrag von 417,-- EUR. Unter Verrechnung der Fahrtkosten und des hälftigen Kindergeldes verbleibt ab Oktober 2003 nur noch ein ungedeckter monatlicher Bedarf in Höhe von 73,-- EUR, den der Beklagte den Kläger hier zahlen muss.

Der Beklagte kann sich nicht auf fehlende Leistungsfähigkeit berufen, auch insoweit folgt der Senat dem angefochtenen Urteil und fügt hinzu, dass der Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht im einzelnen dargelegt hat, wozu die ihm ausgezahlte Abfindung verwandt worden ist, der Senat muss also mit dem Familiengericht davon ausgehen, dass in dem hier fraglichen Zeitraum noch Abfindungsgelder zur Verfügung standen, die zur Auffüllung der Arbeitslosenhilfe verwandt werden mussten. Darüber hinaus muss dem Beklagten auch ein Wohnwert seines Hauses zugerechnet werden. Da er insoweit weder zur Größe noch zur Vermietung vorgetragen hat, ist er darlegungspflichtig geblieben, d.h. auch insoweit muss von seiner Leistungsfähigkeit ausgegangen werden. Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Wohnwert im Verfahren nicht erörtert worden sei. Erstinstanzlich hat er insoweit Mieteinnahmen vorgetragen, die er dann im Berufungsverfahren bestritten hat, hieraus folgt, dass der Wohnwert seines Hauses Gegenstand aller Erörterungen war, d.h. insoweit hätte es einzelner Darlegungen bedurft.

Nach allem schuldet der Beklagte dem Kläger den hier ausgeurteilten Kindesunterhalt.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97, 92 ZPO, hierbei wurde entsprechend § 9 ZPO das Obsiegen und Unterliegen im Verfahren auf einen Zeitraum von 3,5 Jahren bezogen. Der Berufungswert folgt aus § 17 Abs. 1 GKG und bezieht sich damit auf die Zeit von Juli 2002 bis Juni 2003, dieser Zeitraum war auch von der Berufung umfasst (vgl. die Berufungsbegründung vom 15.07.2003).

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 708 ff. ZPO, die Revision war nicht zuzulassen, das Urteil entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung.

Kirschbaum