OLG Frankfurt vom 14.06.1999 (3 UF 119/99)

Stichworte: Internationale Zuständigkeit, MSA, Nichtvertragsstaat
Normenkette: MSA Art. 1,13
Orientierungssatz: Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte richtet sich nach den Vorschriften des Haager Minderjährigenschutzabkommens - MSA - vom 5.10.1961 (BGBl 71, II, 217), das hier anwendbar ist, weil das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat. Einen einschränkenden Vorbehalt gegenüber Angehörigen von Nichtvertragsstaaten nach Art. 13 III MSA hat die Bundesrepublik Deutschland nicht erklärt (BGH NJW 84, 1302 zu OLG Celle FamRZ 1982, 812)

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 19.4.1999 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 18.3.1999 am 14. Juni 1999 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei ( 131 Abs.3 KostO). Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt ( § 13 a Abs. 1 Ziff 2 FGG ).

Beschwerdewert: DM 5.000,- ( § 30 Abs. 2 KostO).

G R Ü N D E

Durch den angefochtenen Beschluß vom 18.3.1999 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Wiesbaden die elterliche Sorge für den am 11.10.1988 geborenen Sohn Robert auf den Antragsteller übertragen. Auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses wird wegen der Einzelheiten der Begründung Bezug genommen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig ( § 621 e Abs 1 ZPO), insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Sie hat in der Sache keinen Erfolg.

Der angefochtene Beschluß hat hinsichtlich der Regelung der elterlichen Sorge Bestand.

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte richtet sich nach den Vorschriften des Haager Minderjährigenschutzabkommens - MSA - vom 5.10.1961 (BGBl 71, II, 217), das hier anwendbar ist, weil das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat. Einen einschränkenden Vorbehalt gegenüber Angehörigen von Nichtvertragsstaaten nach Art. 13 III MSA hat die Bundesrepublik Deutschland nicht erklärt (BGH NJW 84, 1302 zu OLG Celle FamRZ 1982, 812). Die Tatsache, daß die Kindesmutter zwischenzeitlich ein Verfahren in Russland eingeleitet hat , steht der Entscheidung nicht entgegen, da das streitgegenständliche Verfahren zuerst eingeleitet wurde und die Behörden des Heimatstaates noch nicht in einer nach Art 4 MSA beachtlichen Weise eingegriffen haben.

Im vorliegenden Fall ist die internationale Zuständigkeit nach Art. 1 MSA gegeben. Bei der Entscheidung darüber, welchem Elternteil nach Scheidung der Ehe die Sorge für das gemeinschaftliche Kind zustehen soll, handelt es sich um eine Schutzmaßnahme im Sinne dieser Vorschrift. Nach dem Ehe- und Kindschaftsrecht der Rußländischen Föderation besteht kein gesetzliches Gewaltverhältnis i. S. des Art. 3 MSA, das einer gerichtlichen Sorgerechtsregelung nach Art. 1 MSA entgegenstehen würde.

Das Kindschaftsrecht richtet sich nach dem Recht der früheren Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) (vgl. Bergmann-Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Rußland, Kap. III.B.2., Stand 31.12.1993; UdSSR, Kap. III.B., Stand 28.2.1991)). Nach Artikel 54 des russischen Ehe- und Familienkodexes haben Vater und Mutter gegenüber ihren Kindern die gleichen Rechte und Pflichten. Nach Artikel 34 hat das Gericht, wenn sich die Eltern bei der Scheidung nicht darüber einigen können, bei welchem von ihnen die Kinder verbleiben, zu entscheiden, bei welchem Elternteil welches Kind verbleibt. Es gibt also nach rußländischem Recht für den Fall der Scheidung keine automatisch kraft Gesetz eintretende Sorgerechtsregelung, vielmehr verbleibt es ohne gerichtliche Regelung bei der gemeinsamen elterlichen Sorge.

In der Sache hat das Amtsgericht - Familiengericht - Wiesbaden die Sorgerechtsregelung zutreffend nach deutschem Recht getroffen (Art. 2 MSA). Den hierzu angestellten Erwägungen schließt sich der Senat an.

Der Senat ist auf der Grundlage des neu gefaßten 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB davon überzeugt, daß die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(wird ausgeführt)
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