OLG Frankfurt vom 10.03.1999 (2 WF 64/99)

Stichworte: Sorgerecht, Entziehung, Beschwerde, Überprüfungsumfang
Normenkette: BGB 1666, 1666a
Orientierungssatz: Vorläufige Anordnungen in einem isolierten Sorgerechtsverfahren prüft der Senat in ständiger Rechtsprechung nur darauf nach, ob Voraussetzungen und Grenzen einer solchen im Gesetz nicht geregelten - aber in ständiger Rechtspraxis anerkannten - Anordnungsbefugnis eingehalten sind. Besondere Zurückhaltung übt.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

betreffend das Sorgerecht für das Kind

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Bielefeldt und Kirsch am 10. März 1999 beschlossen:

Die Beschwerde gegen den Beschuß des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 27. Januar 1999 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten der Verfahrensbeteiligten hat die Beschwerdeführerin zu tragen.

Beschwerdewert: 1.500 DM.

G r ü n d e :

Im vorliegenden Verfahren haben sowohl die Großmutter... als auch das Jugendamt beantragt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht, Heilmaßnahmen für das Kind anzuordnen, der Kindesmutter... zu entziehen und jeweils auf sich zu übertragen, weil sie die Kindesmutter für erziehungsungeeignet halten.

Mit Beschluß vom 13.11.1998 hat das Amtsgericht im Wege der vorläufigen Anordnung der Antragsgegnerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht Heilmaßnahmen anzuordnen, entzogen und auf die Großmutter als Pflegerin übertragen, eine Verfahrenspflegerin bestellt und die Einholung eines psychologischen Gutachtens angeordnet.

Mit weiterem Antrag vom 25.01.1999 hat die Antragstellerin (Großmutter) beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der vorläufigen Anordnung das Sorgerecht insgesamt zu entziehen und auf die Antragstellerin zu übertragen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Hessische Amt für Versorgung und Soziales Fulda lehne die Zahlung von Erziehungsgeld an sie ab, weil sie nicht Inhaberin der gesamten Personensorge sei.

Mit Beschluß vom 27.01.1999 hat das Amtsgericht diesen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Antragsbegründung sei nicht geeignet, einen weitergehenden Eingriff ins Sorgerecht der Antragsgegnerin zu rechtfertigen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Vorläufige Anordnungen in einem isolierten Sorgerechtsverfahren prüft der Senat in ständiger Rechtsprechung nur darauf nach, ob Voraussetzungen und Grenzen einer solchen im Gesetz nicht geregelten - aber in ständiger Rechtspraxis anerkannten - Anordnungsbefugnis eingehalten sind. Besondere Zurückhaltung übt der Senat, wenn das Amtsgericht eine solche Anordnung abgelehnt hat. Danach ist der angefochtene Beschluß nicht zu beanstanden. Für Maßnahmen nach den §§ 1666, 1666 a BGB gelten besonders hohe gesetzliche Anforderungen; sie kommen - zumal als vorläufige Maßnahmen, also bei noch nicht abgeschlossenem Verfahren - nur in Betracht, wenn sie zum Wohle des Kindes unumgänglich sind. Daß dies für die begehrte vollständige Übertragung des Sorgerechts in dieser Phase des Verfahrens der Fall wäre, ist nicht ersichtlich. Insbesondere kann die Erforderlichkeit einer solchen Anordnung nicht mit dem Hinweis darauf, daß das Versorgungsamt der Antragstellerin nicht das Erziehungsgeld zahle, begründet waren. Daß der tatsächlichen Situation (daß nämlich das Kind derzeit ausschließlich von der Antragstellerin betreut wird) auch in puncto Erziehungsgeld im Sinne der Antragstellerin Rechnung getragen wird, muß diese im dafür vorgesehenen Verwaltungsverfahren durchsetzen.

Nach allem ist die Beschwerde mit der Kostenfolge aus §§ 131 Abs. 3 KostO, 13 a FGG zurückzuweisen.

Schreiber Bielefeldt Kirsch