OLG Frankfurt vom 03.03.1999 (2 WF 47/99)

Stichworte: Kostenfestsetzung, Vergleichsgebühr, Korrespondenzanwalt
Normenkette: BGB 133, BRAO 1, ZPO 91, 121
Orientierungssatz: Nur in Ausnahmefällen kommt die Erstattung der für den Korrespondenzanwalt (möglicherweise im Verhältnis zu seiner Partei) entstandenen Vergleichsgebühr in Betracht (vgl. Zöller-Herget Rdnr. 13 zu § 91 ZPO "Vergleich", Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann Rdnr. 261 zu § 91 ZPO

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hier: Beschwerde der Bezirksrevisorin beim Landgericht Kassel gegen die Festsetzung einer Vergleichsgebühr.

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Bielefeldt und Kirsch am 3. März 1999 beschlossen:

Auf die Beschwerde werden der Beschluß des Amtsgerichts Melsungen vom 27. November 1998 und die Kostenfestsetzungsbeschlüsse vom 21. April 1998 und 6. Mai 1998 aufgehoben.

Unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats hat das Amtsgericht die Vergütung für Rechtsanwalt XX. aus Herten neu festzusetzen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

G r ü n d e :

Im vorliegenden Unterhaltsverfahren ist dem Kläger unter Beiordnung von Rechtsanwalt XX. aus Herten zu den kostenrechtlichen Bedingungen eines Rechtsanwalts mit Sitz am Ort des Prozeßgerichts mit Beschluß vom 13. Oktober 1997 Prozeßkostenhilfe bewilligt worden. In der mündlichen Verhandlung am 25. November 1997 erschien Rechtsanwalt YY. aus Melsungen in Untervollmacht für Rechtsanwalt XX. und wurde auf seinen Antrag hin im Rahmen der bewilligten Prozeßkostenhilfe zur Terminswahrnehmung vor dem Amtsgericht beigeordnet. Für den sodann geschlossenen Vergleich ist (auch) für Rechtsanwalt XX. aus Herten eine Vergleichsgebühr festgesetzt worden.

Hiergegen hat die Bezirksrevisorin zulässig Erinnerung eingelegt, die das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluß zurückgewiesen hat.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Bezirksrevisorin ist gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO zulässig und in der Sache auch begründet.

Rechtsanwalt XX. war zwar mit Beschluß vom 13. Oktober 1997 dem Kläger als Hauptbevollmächtigter beigeordnet worden. Dies erfolgte aber - wie üblich - nur zu den kostenrechtlichen Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts, um die Entstehung von Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld zu vermeiden, und ist in dieser Form von Rechtsanwalt XX. auch akzeptiert worden. Dennoch hat Rechtsanwalt XX., anstatt ohne Anspruch auf Erstattung zusätzlicher Kosten selbst in Melsungen aufzutreten, Rechtsanwalt YY. aus Melsungen mit der Wahrnehmung des Termins beauftragt, der auf seinen Antrag hin ebenfalls beigeordnet worden ist. Angesichts der eingeschränkten Beiordnung von Rechtsanwalt XX. kann seine weitere Verfahrensweise trotz des Wortlauts der Beiordnung von Rechtsanwalt YY. nur so verstanden werden, daß er sich damit auf eine Stellung als Korrespondenzanwalt zurückgezogen und Rechtsanwalt YY. die Position des Hauptbevollmächtigten überlassen hat. Letztlich sehen dies auch alle Beteiligten so, und eine andere Betrachtungsweise wäre den beigeordneten Anwälten im Hinblick auf §§ 133 BGB, 1 BRAO auch nicht erlaubt.

In seiner Funktion als Korrespondenzanwalt hat Rechtsanwalt XX. aber keinen Anspruch auf Festsetzung einer Vergleichsgebühr. Der Senat teilt zwar nicht die Auffassung, daß bereits § 121 ZPO der Festsetzung einer Vergleichsgebühr (auch) für den beigeordneten Korrespondenzanwalt entgegensteht, er vertritt jedoch seit jeher (Beschluß v. 6. Januar 1987 - 2 WF 248/86 -) die Auffassung, daß für den beigeordneten Korrespondenzanwalt eine Vergleichsgebühr nur festgesetzt werden kann, wenn mindestens die Voraussetzungen erfüllt sind, die für die Erstattungsfähigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren gelten. Es ist danach zunächst Sache des Prozeßbevollmächtigten der Partei das Für und Wider eines Vergleichs in einem Bericht über die mündliche Verhandlung so zu erläutern, daß eine zusätzliche (eine Vergleichsgebühr rechtfertigende) Beratung durch den Korrespondenzanwalt nicht (mehr) erforderlich ist. Nur in Ausnahmefällen kommt daher die Erstattung der für den Korrespondenzanwalt (möglicherweise im Verhältnis zu seiner Partei) entstandenen Vergleichsgebühr in Betracht (vgl. Zöller-Herget Rdnr. 13 zu § 91 ZPO "Vergleich", Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann Rdnr. 261 zu § 91 ZPO, jeweils mit Nachweisen). Die Weitergabe des Terminsberichts reicht dazu bei weitem nicht aus. Das Schreiben vom 5. Dezember 1997 (Bl. 61/62 d. A.), auf das Rechtsanwalt XX. sich beruft, geht über den vom Prozeßbevollmächtigten zu fordernden Terminsbericht nicht hinaus.

Ob und wie Rechtsanwalt XX. im Innenverhältnis eine Regelung mit Rechtsanwalt YY. getroffen hat, die diese Art der Unterrichtung der Partei erklärt, ist für die Entscheidung des Senats nicht von Bedeutung.

Unter Beachtung dieser Ausführungen hat das Amtsgericht die Vergütung von Rechtsanwalt XX. aus Herten neu festzusetzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 5 BRAGO.

Schreiber Bielefeldt Kirsch