OLG Frankfurt vom 14.11.2000 (2 WF 332/00)

Stichworte: Anhörung, Beweisgebühr, Sorgerecht
Normenkette: ZPO 613 Abs. 1 S. 2, BRAGO 31 Abs. 1 Nr. 1
Orientierungssatz: Die Frage, ob durch die Anhörung nach § 613 Abs. 1 S. 2 eine Beweisgebühr ausglöst wird bleibt offen, weil vorliegend der Beschwerdewert nicht erreicht ist.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Krämer und Kirsch am 14. November 2000 beschlossen:

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Korbach vom 18. Oktober 2000 wird als unzulässig verworfen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Parteien waren miteinander verheiratet. Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin die Ehescheidung begehrt, die das Amtsgericht durch Urteil vom 16. Oktober 2000 ausgesprochen hat, nachdem es die Parteien gemäß § 613 ZPO zu den Scheidungsvoraussetzungen und zu der Frage angehört hat, wie die elterliche Sorge für die drei aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder geregelt werden sollte. Bereits in der Antragsschrift vom 14. Februar 2000 hat die Antragstellerin mitgeteilt, daß die Kinder bei ihr leben sollten, es aber bei der gesetzlichen Sorgerechtsregelung verbleiben solle. Eine Entscheidung über Umgangsregelungen sei nicht erforderlich.

Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2000 hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin beantragt, hinsichtlich der elterlichen Sorge den Streitwert festzusetzen.

Diesen Antrag hat das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluß mit der Begründung zurückgewiesen, eine Sorgerechtsregelung sei nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gewesen, weil keine der Parteien einen entsprechenden Antrag gestellt habe. Auch komme die Festsetzung eines gesonderten Gegenstandswertes für die anwaltliche Tätigkeit nicht in Betracht, weil die Anhörung zur Frage der elterlichen Sorge im Termin vom 16. Oktober 2000 keine Beweisgebühr ausgelöst habe.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Auffassung, die Anhörung nach § 613 Abs. 1 Satz 2 BGB diene der Prüfung der Frage, ob Anlaß für Maßnahmen nach den §§ 1666, 1666 a BGB bestehe und deshalb von Amts wegen eine vom übereinstimmenden Vorschlag der Parteien abweichende Sorgerechtsregelung zu treffen sei.

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin ist unzulässig. Hierbei kann dahinstehen, ob es im Beschwerdeverfahren um die Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert geht, der nach § 9 BRAGO auch für die Tätigkeit des Anwalts gilt, oder um einen nach § 10 Abs. 1 BRAGO festzusetzenden gesonderten Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit. Der Senat geht hinsichtlich letzterer Alternative davon aus, daß mit der Einlegung der Beschwerde am 8. November 2000 die in § 10 Abs. 3 Satz 3 BRAGO vorgesehene Beschwerdefrist von zwei Wochen nach Zustellung eingehalten ist, weil nach dem Abvermerk des Schreibdienstes des Amtsgerichts der Beschluß zusammen mit dem Scheidungsurteil erst am 25. Oktober 2000 zur Zustellung herausgegeben worden ist.

Die Beschwerde ist allerdings deshalb nicht zulässig, weil die Beschwer der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin 100 DM nicht übersteigt (§ 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO, § 25 Abs. 3 Satz 1 GKG). Selbst wenn nämlich entsprechend der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung, die auch in der veröffentlichten Rechtsprechung teilweise ihre Stütze findet, entsprechend dem Wortlaut des § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO für jede in § 613 ZPO vorgesehene Anhörung eine Beweisgebühr entstanden sein sollte, unabhängig davon, ob zwischen den Parteien streitiger Sachverhalt geklärt werden soll oder nicht, wäre der auf die Sorgerechtsfrage entfallende Teil des Streitgegenstandes für die Bemessung der Beweisgebühr zu dem Gegenstandswert des Scheidungsverfahrens hinzuzuschlagen, den das Amtsgericht mit 11.400 DM, insoweit nicht angefochten, festgesetzt hat. Gemäß § 19 a Abs. 1 Satz 1 GKG sind nämlich die Scheidungssache und die Folgesachen als ein Verfahren anzusehen, dessen Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert der Gegenstände zu berechnen sind. Hierbei ist unerheblich, ob die Sorgerechtsangelegenheit ein oder mehrere Kinder betrifft (§ 19 a Abs. 1 Satz 2 GKG). Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 GKG ist für die Scheidungsfolgesache Sorgerecht von einem Gegenstandswert von 1.500 DM auszugehen, so daß sich der für die Bemessung einer etwaigen Beweisgebühr maßgebliche Gegenstandswert von 11.400 DM auf 12.900 DM erhöhte. Die Beweisgebühr, um die es hier allein gehen kann, weil auch nach Auffassung der Beschwerdeführerin das Sorgerechtsverfahren nicht Bestandteil des Verbundverfahrens geworden ist, errechnet sich bei einem Gegenstandswert von 11.400 DM auf 665 DM netto und bei 12.900 DM auf 735 DM netto. Der Unterschiedsbetrag von 70 DM erhöht sich gemäß § 25 Abs. 2 BRAGO um die Umsatzsteuer auf 81,20 DM.

Weitere Beträge treten nicht hinzu. Der Höchstbetrag der Pauschale für Post- und Telekommunikationsleistungen nach § 26 BRAGO wird bereits durch die im übrigen entstandenen Gebühren (Prozeßgebühr, Verhandlungsgebühr) ausgeschöpft.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 25 Abs. 4 GKG i.V.m. § 10 Abs. 3 Satz 4 BRAGO.

Schreiber Kirsch Krämer