OLG Frankfurt vom 29.10.1999 (2 WF 290/99)

Stichworte: Erfolgsaussicht, Feststellungsklage, Rechtsschutzinteresse, Leistungsklage
Normenkette: ZPO 114, 256
Orientierungssatz: ZU den Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Feststellungsklage bei Möglichkeit einer Leistungsklage

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Krämer und Kirsch am 29. Oktober 1999 beschlossen:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Kassel vom 15. September 1999 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 12. Oktober 1999 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

G r ü n d e :

Die Parteien haben am 8. April 1994 die Ehe geschlossen, aus der das Kind Nina, geboren am 21. September 1994, hervorgegangen ist.
BR Die Parteien haben durch notarielle Vereinbarung vom 9. März 1994 (Nr. H 23 der Urkundenrolle für 1994 des Notars L., Kassel) im Hinblick auf ihre beabsichtigte Eheschließung sowie den Umstand, daß die Antragsgegnerin bereits schwanger war, einen Ehevertrag dahin abgeschlossen, daß auf Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich und nachehelichen Unterhalt beiderseits verzichtet wurde, letzteres allerdings nur für die Zeit nach Vollendung des sechsten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes.
BR Mit Vertrag vom 19. Februar 1997 (Nr. H 21 der Urkundenrolle für 1997 des Notars L., Kassel) haben die Parteien ihre frühere Vereinbarung dahin ergänzt, daß für den Fall der Scheidung die Antragsgegnerin ab dem 1. Januar 1996 für jedes Jahr der Mitarbeit im Betrieb des Antragstellers 10 % des Jahresüberschusses erhält. Die Parteien faßten den Entschluß, ab dem 1. November 1997 getrennt zu leben. Sie schlossen am 30. September 1997 im Hinblick hierauf einen weiteren Ehevertrag (Nr. H 148 der Urkundenrolle für 1997 des Notars L., Kassel) in dem sie die Nutzung der ehelichen Wohnung sowie den zu zahlenden Trennungsunterhalt regelten. Die Antragstellerin sollte hiernach bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres des gemeinsamen Kindes monatlich 1.495,00 DM an Unterhalt erhalten, auch für den Fall, daß die Ehe bereits vorher rechtskräftig geschieden wird.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller die Scheidung. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 9. August 1999 zunächst beantragt, den Antragsteller zur Herausgabe seiner Bilanzen für 1996 und 1997 zu verurteilen und weiterhin festzustellen, daß der Unterhaltsverzichts und der Verzicht auf den Ausgleich des Zugewinns im notariellen Vertrag vom 9. März 1994 nichtig ist.

Für diese Anträge hat sie die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt.

Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluß der Antragsgegnerin zunächst für den gesamten ersten Rechtszug die Prozeßkostenhilfe versagt. Der Beschwerde hat es insoweit abgeholfen, als es um die Prozeßkostenhilfe für das Scheidungsverfahren als solches geht.

Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet, soweit ihr das Amtsgericht nicht schon abgeholfen hat.

Für den Feststellungsantrag fehlt deshalb die für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gemäß § 114 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil -wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat- der Feststellungsantrag mangels Feststellungsbedürfnisses (§ 256 ZPO) unzulässig ist. Zwar muß sich die Antragsgegnerin nicht unbedingt darauf verweisen lassen, ihren Rechtsstandpunkt, wonach der Unterhaltsverzicht und der Verzicht auf den Zugewinnausgleich unwirksam sein sollen, erst im September 2000 gerichtlich durchzusetzen. Für den Zugewinnausgleichsverzicht gilt dies schon deshalb, weil auf Seiten der Antragsgegnerin insofern schon heute ein Regelungsbedürfnis besteht. Denn sie kann den Zugewinnausgleichsanspruch als Folgesache im Ehescheidungsverfahren anhängig machen. Der Feststellungsantrag ist jedoch deshalb unzulässig, weil ein Leistungsantrag möglich ist. Zwar verfügt die Antragsgegnerin gegenwärtig möglicherweise noch nicht über die zur Bezifferung ihres Zugewinnausgleichsanspruchs oder ihres Unterhaltsanspruchs erforderlichen Grundlagen. Diese könnte sie sich allerdings durch eine den Auskunftsantrag enthaltene Stufenklage verschaffen.

Die Antragsgegnerin hat im übrigen auch die Möglichkeit, einen auf Zahlung von monatlich 1.495,00 DM gerichteten Unterhaltsantrag zu stellen, weil es sich hierbei um einen Anspruch handelt, der nach der übereinstimmenden Auffassung der Partei den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht und vom Antragsteller geleistet werden kann. Dieser Antrag, bezogen auf den Zeitraum ab dem 21. September 2000 wäre auch jetzt grundsätzlich zulässig (§ 258 ZPO), vor allem deshalb, weil noch nicht absehbar ist, ob die Rechtskraft der Ehescheidung schon vor diesem Zeitpunkt eintritt. Einen solchen Leistungsantrag hat die Antragsgegnerin jedoch bislang nicht gestellt.

Da in beiden Fällen mit der Leistungsklage vorgegangen werden kann (auch eine Stufenklage ist im Kern eine Leistungsklage und demzufolge im Verbundverfahren zulässig) fehlt es an dem nach § 256 ZPO vorausgesetzten Interesse, an einer alsbaldigen (isolierten) Feststellung.

Nach allem war die Beschwerde mit der in § 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 vorgesehenen Kostenfolge zurückzuweisen.

Schreiber Kirsch Krämer