OLG Frankfurt vom 08.10.1999 (2 WF 265/99)

Stichworte: Rücknahme, Kostenentscheidung, Beschwerde
Normenkette: ZPO 269 Abs. 3 S. 2 BGB 157
Orientierungssatz: Kostentragung nach Antragsrücknahme, Vereinbarung über die Verfahrenskosten

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Krämer und Kirsch am 8. Oktober 1999 beschlossen

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts Kassel vom 17. August 1999 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (Beschwerdewert bis 3.000 DM).

G r ü n d e :

Die Parteien haben am 2. Mai 1989 die Ehe geschlossen, aus der keine Kinder hervorgegangen sind.

Die Parteien leben seit Januar 1990 getrennt, zunächst innerhalb der Ehewohnung. Später ist die Antragsgegnerin ausgezogen und bewohnt jetzt eine eigene Wohnung.

Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller mit einem am 23. April 1991 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz die Scheidung der Ehe beantragt. In der Folgezeit wurde im wesentlichen über die Wohnungszuweisung verhandelt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 1993 erklärten die Parteien übereinstimmend, es sei beabsichtigt, einen Ehevertrag zu schließen. Danach solle der Scheidungsantrag zurückgenommen werden. Am 4. August 1993 schlossen die Parteien vor dem Notar Brämer in Kassel (UR-Nr. 127/1993) einen Ehevertrag, in dem sie Gütertrennung vereinbarten und für den Fall der Ehescheidung den Versorgungsausgleich auf die gesetzlichen Versicherungsanwartschaften beschränkten. Zugleich vereinbarten sie, daß die Kosten des Vertrages und seiner Durchführung beide Parteien als Gesamtschuldner zu tragen hätten, im Innenverhältnis jedoch jeweils zu 1/2. Diese Regelung sollte auch für die Kosten des Scheidungsverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten gelten. Dem Vertrag haben die Parteien eine Vorbemerkung vorangestellt, in dem es u.a. heißt:

"Zur Zeit leben wir voneinander getrennt; das anhängige Scheidungsverfahren beim Familiengericht in Kassel (74 F 826/91) wird von Herrn B. zurückgenommen"

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 1998 nahm der Antragsteller gleichwohl das bis dahin ruhende Verfahren wieder auf und äußerte den Willen, nunmehr geschieden zu werden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. August 1999 wurden beide Parteien angehört. Danach nahm der Antragsteller mit Zustimmung der Antragsgegnerin den Scheidungsantrag zurück. Durch den in dieser Sitzung verkündeten, jetzt angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht dem Antragsteller nach Rücknahme des Antrags die Verfahrenskosten gemäß § 269 Abs. 3 ZPO auferlegt.

Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 19. August 1999 beim Amtsgericht eingegangen sofortigen Beschwerde. Er macht geltend, mit Ausnahme der Gerichtskosten seien die Verfahrenskosten entsprechend der notariellen Vereinbarung vom 4. August 1993 gegeneinander aufzuheben.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 269 Abs. 3 S. 5 ZPO zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Zutreffend hat das Amtsgericht dem Antragsteller die gesamten Verfahrenskosten auferlegt, nachdem er seinen Antrag zurückgenommen hat, wie dies der in § 269 Abs. 3 ZPO niedergelegten gesetzlichen Regelung entspricht. Nach dieser Vorschrift, die auch im Ehescheidungsverfahren gilt (vgl. § 626 Abs. 1 ZPO) ist der Antragsteller verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit sie nicht - ausnahmsweise - der Antragsgegnerin aufzuerlegen sind oder über sie - was hier nicht der Fall ist - bereits rechtskräftig erkannt ist. Eine hiervon abweichende Kostenregelung kommt im allgemeinen nur dann in Betracht, wenn die Parteien eine andere Kostenverteilung vereinbart haben, sei es durch gerichtlichen Vergleich, sei es außergerichtlich. Die Vereinbarung, die die Parteien am 4. August 1993 getroffen haben, trifft schon ihrem an § 157 BGB ausgerichteten Sinngehalt nicht diesen Fall der Antragsrücknahme. Sie ist jedenfalls durch die nachfolgende Entwicklung gegenstandslos geworden. Der Antragsteller kann sich auf diese Vereinbarung gemäß § 242 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage jedenfalls im Kostenpunkt nicht mehr berufen. Die Parteien gingen nämlich, wie sich aus der Vorbemerkung zum Ehevertrag ergibt, auch bei der Kostenvereinbarung davon aus, daß der Ehescheidungsantrag alsbald zurückgenommen werden würde. Zu diesem Zeitpunkt waren die Verfahrenskosten noch relativ gering, für die Anwälte war noch nicht einmal die Erörterungs- oder Verhandlungsgebühr entstanden, abgesehen vom Verfahren über die Zuweisung der Ehewohnung. Nach den gesamten Umständen ist davon auszugehen, daß die Antragsgegnerin die Verfahrenskosten nicht hälftig übernommen hätte, wenn sie hätte annehmen müssen, daß es tatsächlich zu einer Rücknahme des Antrags erst sechs Jahre später kommen würde, nachdem weitere Kosten entstanden sind, nämlich die Erörterungs- und die Beweisgebühr der Anwälte. Dadurch, daß der Antragsteller entgegen der vorher gemachten Zusage, das Scheidungsverfahren weiter betrieben und hierdurch weitere erhebliche Kosten verursacht hat, hat er seinen Teil der getroffenen Vereinbarung nicht erfüllt und kann deshalb auch nicht erwarten, daß die Antragsgegnerin sich an der Kostenregelung festhalten lassen muß.

Damit verbleibt es bei der gesetzlichen Regel des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, wonach der Antragsteller die Kosten allein zu tragen hat.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdewert orientiert sich an den außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin.

Schreiber Kirsch Krämer