OLG Frankfurt vom 09.10.1999 (2 WF 240/98)

Stichworte:
Normenkette: GVG 23 b Abs. 1 S. 2, ZPO 893 Abs. 2, BGB 283
Orientierungssatz: Das Amtsgericht Melsungen ist für das Verfahren als Familiengericht zuständig. Hierbei kann dahinstehen, ob alle den Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung oder des Verlustes von Hausratsgegenständen bildenden Verfahren Familiensachen im Sinne des § 23 b Abs. 1 S. 2 GVG sind. Denn unabhängig hiervon ist das Amtsgericht Melsungen jedenfalls nach § 893 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung berufen, weil die Antragstellerin gemäß § 283 BGB aufgrund eines rechtskräftigen Herausgabetitels nach erfolgloser Zwangsvollstreckung Schadensersatz in Höhe des Wertes der herauszugebenden Sachen fordert.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter Bielefeldt, Krämer und Kirsch am 9. Oktober 1998 beschlossen

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts Melsungen vom 28. August 1998 aufgehoben. Das Verfahren über den Prozeßkostenhilfeantrag der Antragstellerin wird zu erneuter Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

G r ü n d e :

Die Parteien waren miteinander verheiratet, ihre Ehe ist durch Urteil des Amtsgerichts Melsungen vom 22. Juli 1994 (5 F 525/92) geschieden worden. Das Verfahren über die Aufteilung des Hausrats ist mit Beschluß vom 20. Juli 1994 aus dem Scheidungsverbundverfahren abgetrennt worden.

Mit Beschluß vom 20. April 1995 hat das Amtsgericht Melsungen der Antragstellerin verschiedene Hausratsgegenstände zu Alleineigentum zugewiesen und den Antragsgegner verpflichtet, diese Gegenstände an die Antragstellerin herauszugeben. Hierbei handelt es sich vorwiegend um Geschirr, Möbel, sonstige Einrichtungsgegenstände sowie einen Geschirrspüler und eine Waschmaschine. Am 13. Mai 1996 versuchte der Gerichtsvollzieher S., den Beschluß des Amtsgerichts Melsungen vom 20. April 1995 beim Beklagten zu vollstrecken. Ein Großteil der herauszugebenden Gegenstände wurde beim Beklagten nicht vorgefunden.

Den Wert dieser Gegenstände beziffert die Klägerin mit 15.190 DM. Die Klägerin beabsichtigt, einen Schadensersatzanspruch in dieser Höhe gegen den Beklagten im Klagewege geltend zu machen. Sie hat hierfür zunächst beim Landgericht Kassel Prozeßkostenhilfe beantragt, das jedoch das Verfahren mit Beschluß vom 13. August 1998 an das seiner Ansicht nach zuständige Amtsgericht - Familiengericht - Melsungen abgegeben hat.

Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht die beantragte Prozeßkostenhilfe mit der Begründung versagt, bei dem Begehren der Antragstellerin handelt es sich nicht um eine Familiensache; deshalb sei eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Melsungen nicht gegeben.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.

Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht.

Das Amtsgericht Melsungen ist für das Verfahren als Familiengericht zuständig. Hierbei kann dahinstehen, ob alle den Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung oder des Verlustes von Hausratsgegenständen bildenden Verfahren Familiensachen im Sinne des § 23 b Abs. 1 S. 2 GVG sind. Denn unabhängig hiervon ist das Amtsgericht Melsungen jedenfalls nach § 893 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung berufen, weil die Antragstellerin gemäß § 283 BGB aufgrund eines rechtskräftigen Herausgabetitels nach erfolgloser Zwangsvollstreckung Schadensersatz in Höhe des Wertes der herauszugebenden Sachen fordert. Insofern ist kein Grund ersichtlich, der eine Unterscheidung zwischen Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit und zivilprozessualen Familiensachen rechtfertigen würde. Die Entscheidung des BGH in FamRZ 1980, 45, 46 steht dem nicht entgegen, weil dem Verfahren seinerzeit kein Herausgabetitel zugrunde lag.

Damit wird das Amtsgericht zu prüfen haben, ob die beabsichtigte Klage die für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nach § 114 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, insbesondere ob genügend Umstände für einen Schadensersatzanspruch wegen der Nichtherausgabe der Sachen sprechen. Eine eigene Sachentscheidung hält der Senat nicht für geboten, weil der Antragsgegner beim Amtsgericht noch nicht zur Stellungnahme zum Prozeßkostenhilfegesuch gemäß § 118 ZPO aufgefordert worden ist. In seinem Schriftsatz vom 12. August 1998, gerichtet an das Landgericht, hat er zur Aufrechnung geeignete Gegenforderungen angedeutet, ohne hierzu näher vorzutragen. Die eigentliche Stellungnahme zum Prozeßkostenhilfegesuch hat er für den Fall der Abgabe an das Amtsgericht Melsungen angekündigt, sofern er zur Stellungnahme aufgefordert wird. Dies ist bislang jedoch nicht geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf Nr. 1908 des Kostenverzeichnisses zu § 11 Abs. 2 GKG, 127 Abs. 4 ZPO.

Bielefeldt Krämer Kirsch