OLG Frankfurt vom 19.07.2001 (2 WF 177/01)

Stichworte: Untätigkeitsbeschwerde, Zulässigkeit
Normenkette: ZPO 252, 567
Orientierungssatz: Eine sogenannte Untätigkeitsbeschwerde ist nur in krassen Ausnahmefällen zulässig, wenn eine über das Normalmaß deutlich hinausgehende unzumutbare Verzögerung dargetan wird.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Kirsch und von Lipinski am 19. Juli 2001 beschlossen:

Die Beschwerde des Antragstellers vom 19. Juni 2001 wird als unzulässig verworfen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandene außergerichtliche Auslagen hat der Antragsteller zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.500,00 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil vom 22.03.2000 rechtskräftig geschieden. Für die beiden aus der Ehe hervorgegangenen Kinder haben die Parteien das gemeinsame Sorgerecht, bislang haben die Kinder einvernehmlich bei der Mutter gelebt.

Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller im September 2000 beantragt, nunmehr ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder zu übertragen.

In einer Stellungnahme vom 06.11.2000 hat sich das Jugendamt letztlich für die Einholung eines Gutachtens ausgesprochen. Im Termin am 18.12.2000 hat das Amtsgericht beide Kinder angehört. Zum Ergebnis der Anhörung hat sich der Antragsteller mit am 09.01.2001 beim Amtsgericht eingegangenen Schreiben geäußert. Hierzu hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 05.02.2001 Stellung genommen, auf die der Antragsteller mit Schreiben vom 11.02.2001 und 11.03.2001 erwidert hat. Am 09.01.2001 hat das Amtsgericht das Jugendamt um eine weitere Stellungnahme gebeten, die unter dem 19.03.2001 erstattet worden ist und die Empfehlung des Jugendamtes an die Antragsgegnerin enthält, das alleinige Sorgerecht für die Kinder zu beantragen. Nachdem der Antragsteller hierzu mit Schreiben vom 27.03.2001 Stellung genommen hatte, hat das Amtsgericht am 02.04.2001 einen weiteren Termin zur Anhörung auf den 02.05.2001 anberaumt. In diesem Termin haben beiden Parteien wechselseitig die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich beantragt. Auf den Hinweis des Gerichts, daß die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Betracht komme, erklärte der Antragsteller, daß er dagegen nichts einzuwenden habe. Nach weiterer Erörterung ist dem Antragsteller in seinem Einvernehmen sodann eine Frist von 2 Wochen eingeräumt worden, innerhalb derer er sich äußern sollte, ob er seinen Antrag aufrechterhalten wolle oder zurücknehme. Mit Schreiben vom 14.05.2001 hat der Antragsteller sodann mitgeteilt, daß er seinen Antrag aufrechterhalte.

Daraufhin hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 31.05.2001 die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Erziehungsfähigkeit der Eltern und die gewachsenen Beziehungen der Kinder zu den Eltern und untereinander zur Klärung der elterlichen Sorge angeordnet.

Mit am 21.06.2001 eingelegter Beschwerde führt der Antragsteller aus, daß er ein Gutachten für entbehrlich halte. Nachdem der Senat ihn mit Verfügung vom 03.07.2001 darauf hingewiesen hat, daß die Beschwerde gegen die Beweisanordnung unzulässig sein dürfte, bringt der Antragsteller mit Schreiben vom 10.07.2001 nunmehr vor, daß der sich nicht gegen das Gutachten als solches, sondern gegen die schleppende Bearbeitung der Sache wende.

Soweit die Beschwerde des Antragstellers danach als sogenannte Untätigkeitsbeschwerde verstanden werden kann, ist auch diese Beschwerde unzulässig.

Dies gilt auch dann, wenn man die Untätigkeitsbeschwerde nicht generell für unzulässig hält (vgl. im einzelnen die Darstellung in Zöller-Gummer, Anmerkung 21 b zu § 567 ZPO mit weiteren Nachweisen). Bereits mit Beschluß vom 28.12.1992

- 2 WF 206/92 - hat der Senat eine solche Beschwerde in krassen Ausnahmefällen für zulässig gehalten, nämlich dann, wenn eine über das Normalmaß deutlich hinausgehende unzumutbare Verzögerung dargetan wird, also eine nicht mehr zu rechtfertigende Untätigkeit, die einer Rechtsverweigerung oder einer (nach § 252 ZPO ausdrücklich für anfechtbar erklärten) Aussetzung des Verfahrens gleichkommt. Schon der Ausnahmecharakter dieses von den Verfahrensordnungen nicht vorgesehenen Rechtsbehelfs verlangt es, hohe Anforderungen an den die Zulässigkeit einer solchen Beschwerde rechtfertigenden Vortrag zu stellen. Es kommt hinzu, daß mangels gesetzlicher Vorgaben unklar ist, welchen Inhalt die Entscheidung im Falle einer erfolgreichen Beschwerde (außer der Feststellung einer unzulässigen Verzögerung des Verfahrens) haben sollte. Dies wird auch in der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG FamRZ 2001, 753) nicht aufgezeigt.

Vorliegend sind diese Voraussetzungen auch nicht annähernd gegeben; insoweit hält der Senat zur Begründung den Hinweis auf den dargestellten zeitlichen Verfahrensablauf für ausreichend.

Nach allem ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 131 Abs. 3 KostO, 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Schreiber von Lipinski Kirsch