OLG Frankfurt vom 15.07.1999 (2 WF 122/99)

Stichworte: PKH, Prüfungsmaßstab, Hauptsacheverfahren, Bedarf, Erziehungsgeld. eheangemessener
Normenkette: ZPO 114, BGB 1361
Orientierungssatz: Zum eheangemessenen Bedarf

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Krämer und Kirsch am 15. Juli 1999 beschlossen:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Amtsgerichts Kassel vom 24.März 1999 abgeändert.

Dem Kläger wird für den ersten Rechtszug Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt R. S., S., zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwaltes bewilligt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Parteien waren miteinander verheiratet. Aus der Ehe sind die Kinder B., geboren am 24. November 1986, und V., geboren am 19. Dezember 1992, hervorgegangen. Die Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 23. August 1995 511 F 2769/94 (rechtskräftig seit 23. August 1995) geschieden. In jenem Verfahren haben die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23. August 1995 einen Vergleich geschlossen, durch den sich der damalige Antragsgegner und jetzige Kläger zur Zahlung von Kindesunterhalt für B. in Höhe von 355 DM monatlich und für Vanesse in Höhe von 285 DM monatlich sowie von Ehegattenunterhalt in Höhe von 310 DM monatlich verpflichtet hat. Hierfür war Vergleichsgrundlage, daß die Beklagte nicht erwerbstätig war und der Kläger über ein bereinigtes Einkommen von etwa 2.668 DM verfügte. Hierbei wurde berücksichtigt, daß er neben seinem Arbeitseinkommen noch monatlich 550 DM durch Musikdarbietungen hinzuverdiente. Nach dem Vergleichsinhalt war der Kläger weiterhin berechtigt, anrechnungsfrei durch Musikdarbietungen weitere 450 DM monatlich hinzuzuverdienen. Auch die Antragstellerin sollte bis zu 1.250 DM anrechnungsfrei hinzuverdienen dürfen.

Nach Abschluß des Vergleichs hat die Beklagte eine Arbeit im versicherungsfreien Bereich im Getränkemarkt ihrer Eltern angenommen. Außerdem erzielt sie ihrerseits auch durch Musikdarbietungen Zusatzeinkünfte. Sie lebt mit einem neuen Partner in Lebensgemeinschaft. Aus dieser Beziehung ist ein im August 1998 geborenes Kind hervorgegangen.

Der Kläger begehrt im vorliegenden Verfahren die Abänderung dieses Vergleichs dahin, daß Ehegattenunterhalt nicht mehr geschuldet wird, und hat hierfür die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt.

Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht dieses Gesuch mit der Begründung zurückgewiesen, an den dem Vergleich seinerzeit zugrunde gelegten Verhältnissen habe sich nichts verändert.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.

Diese ist gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässig und in der Sache auch begründet.

Die vom Kläger beabsichtigte Abänderungsklage - als solche ist der ungenau gefaßte Feststellungsantrag anzusehen - bietet die für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gem. § 114 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Nach Auffassung des Senats sprechen gewichtige Gründe dafür, daß die Beklagte inzwischen ihren eheangemessenen Bedarf, wie er in der vergleichsweisen Regelung seinen Niederschlag gefunden hat, aus eigenen Mitteln bestreiten kann. Nach dem Vergleich sollte der Ehegattenunterhalt so lange gezahlt werden, wie die Beklagte aus eigenen Mitteln nicht über mindestens 1.560 DM monatlich verfügte, denn sie sollte 1.250 DM anrechnungsfrei hinzuverdienen können. Die Beklagte dürfte inzwischen sogar über einen höheren monatlichen Betrag verfügen können. Der Behauptung des Klägers, sie verdiene monatlich 500 DM durch Musikdarbietungen, ist sie bislang nicht entgegengetreten. Dies gilt auch für das Vorbringen des Klägers, die Beklagte habe ihre Tätigkeit im Getränkemarkt ihrer Eltern erheblich ausgedehnt, weil diese aus gesundheitlichen Gründen ihre Arbeit hätten einschränken müssen. Es dürfte daher eher von 800 - 1.000 DM netto monatlich auszugehen sein; zumindest ist anzunehmen, daß die Beklagte wegen der Ausweitung ihrer Tätigkeit im Getränkemarkt eine solche Forderung gegenüber ihren Eltern auch durchsetzen könnte. Jedenfalls aber muß diese Frage im Verfahren geklärt werden. Eine dann noch verbleibende Bedarfslücke wird durch die Vorteile geschlossen, welche die Beklagte durch das Zusammenleben mit einem neuen Partner erzielt. Hierbei dürfte es sich - wie im Rechtsstreit noch aufzuklären sein wird - um einen Betrag in einer Größenordnung von 500 DM monatlich handeln.

Ob das Erziehungsgeld, das sie für das 1998 aus der neuen Verbindung hervorgegangene Kind erhält, unterhaltsrechtlich relevant ist, kann deshalb dahinstehen.

Nach allem war dem Kläger Prozeßkostenhilfe zu bewilligen. Da sich dem Klageantrag nicht entnehmen läßt, von welchem Zeitpunkt an die Abänderung erfolgen soll, geht der Senat hierbei davon aus, daß die Abänderung nur für die Zeit nach Zustellung der Klage begehrt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf Nr. 1952 des Kostenverzeichnisses zu § 11 Abs. 1 GKG, 127 Abs. 4 ZPO.

Schreiber Krämer Kirsch