OLG Frankfurt vom 10.05.2000 (2 UF 87/00)

Stichworte: Einbenennung, Einwilligung, Ersetzung, Voraussetzungen
Normenkette: BGB 1618
Orientierungssatz: Nach der seit dem 1. JUli 1998 geltenden Fassung des § 1618 BGB soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur in Ausnahmefällen eine Ersetzung der Einwilligung in Betracht kommen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

betreffend die Änderung des Familiennamens von

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Krämer und Kirsch am 10. Mai 2000 beschlossen:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Amtsgerichts Biedenkopf vom 15. Februar 2000 abgeändert.

Der Antrag, die Einwilligung des Antragsgegners zur Namensänderung der Kinder zu ersetzen, wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (Beschwerdewert: 1.500 DM).

Gründe:

Die Parteien waren miteinander verheiratet. Aus ihrer Ehe sind die eingangs genannten vier Kinder hervorgegangen. Die Ehe wurde am 2. Juni 1999 geschieden, nachdem die Parteien sich bereits im März 1996 getrennt hatten. Die alleinige elterliche Sorge für die Kinder wurde auf die Antragstellerin übertragen. Die Antragstellerin hat am 19. September 1999 mit ihrem neuen Lebenspartner, Herrn X. XYZ., die Ehe geschlossen.

Die Antragstellerin und ihr jetziger Ehemann haben gegenüber dem Standesamt in Gladenbach die Absicht geäußert, gemäß § 1618 BGB den Kindern den Familiennamen 'XYZ.' zu erteilen. Das Standesamt hat den Antragsgegner aufgefordert mitzuteilen, ob er hiermit sein Einverständnis erklärt. Der Antragsgegner hat hierauf jedoch nicht geantwortet.

Daraufhin hat die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren den Antrag gestellt, die erforderliche Zustimmung des Antragsgegners familiengerichtlich zu ersetzen.

Sie hat dies damit begründet, daß dies der Wille aller vier Kinder sei und seit zwei Jahren keinerlei Kontakt des Antragstellers mehr bestehe; auch zahle er keinen Unterhalt.

Der Antragsgegner ist mit der Einbenennung der Kinder nicht einverstanden. Daß es in der letzten Zeit zu Besuchskontakten mit den Kindern nicht gekommen sei, liege allein an dem Verhalten der Antragstellerin und ihres jetzigen Ehemannes. Er sei grundsätzlich bereit, für die Kinder Unterhalt zu zahlen, sei hierzu mangels Leistungsfähigkeit jedoch nicht in der Lage.

Das Amtsgericht hat nach Anhörung der Kinder, bei der diese sich für den Namen 'XYZ.' entschieden haben, durch den angefochtenen Beschluß dem Antrag stattgegeben.

Gegen diesen ihm am 17. Februar 2000 zugestellten Beschluß wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 16. März 2000 eingegangenen und zugleich begründeten Beschwerde.

Er beruft sich darauf, daß nach § 1618 BGB eine Ersetzung der Einwilligung nur dann in Betracht komme, wenn die Erteilung des Namens für das Wohl des Kindes erforderlich ist.

Außerdem hätten die Antragstellerin und ihr jetziger Ehemann noch keine Einbenennungsklärung gegenüber dem zuständen Standesbeamten abgegeben.

Der Antragsgegner beantragt,

den angefochtenen Beschluß abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin verteidigt den angefochtenen Beschluß.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig; sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Zurückweisung des Antrags.

Nach Auffassung des Senats liegen zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners zur Namensänderung der Kinder nicht vor. Es kann nämlich nicht festgestellt werden, daß unter den gegebenen Umständen die Erteilung des Namens des Stiefvaters zum Wohl der Kinder erforderlich ist. Nach der seit dem 1. Juli 1998 geltenden Fassung des § 1618 BGB soll nach dem in der amtlichen Begründung hierzu (Bundestagsdrucksache 13/4899, Seite 92) zum Ausdruck gebrachten Willen der Gesetzesverfasser nur in Ausnahmefällen eine Ersetzung der Einwilligung in Betracht kommen, weil es im Gegensatz zum früheren Rechtszustand nicht ausreicht, daß die Namensangleichung mit der Stieffamilie dem Wohl des Kindes dient, sondern vielmehr zum Wohl des Kindes erforderlich sein muß. Nach Auffassung des Senats muß in der Regel mit der Benutzung des früheren Familiennamens eine außerordentliche Belastung des Kindes einhergehen. Wichtige Gründe müssen vorliegen, um das Interesse des nichtsorgeberechtigten Elternteils an der Erhaltung des Namensbandes zurücktreten zu lassen (vgl. Beschluß des Senats vom 23. August 1999 - 2 UF 239/99 -, OLG Köln FamRZ 99, 734; OLG Hamm, FamRZ 99, 736). Nach dem Regierungsentwurf sollte die Zustimmung zunächst bereits ersetzt werden können, wenn dies 'dem Wohl des Kindes dient'. Der auf einen entsprechenden Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundestags zurückgehende Gesetzeswortlaut soll mit dieser engeren Fassung die Bindungen des Kindes an den Elternteil, dem die elterliche Sorge nicht zusteht, unterstreichen (vgl. Wax in: Familienrechtsreformkommentar, Rdn. 7 zu § 1618 BGB unter Hinweis auf die Bundestagsdrucksache 13/8511, Seite 74).

Solche konkreten Umstände, die über den verständlichen Wunsch auch namensmäßiger Integrierung eines Kindes in die neue Ehe hinausgehen, sind hier nicht ausreichend geltend gemacht. In der heutigen Zeit mit einem hohen Anteil von nicht miteinander verheirateten Partnern und einer hohen Scheidungsrate werden Kinder im sozialen Miteinander von früh an mit den sich daraus ergebenden, insbesondere namensrechtlichen Konsequenzen konfrontiert, insbesondere auch im Hinblick auf die nach geltendem Recht sehr flexible Namensgestaltung von Eltern und Kindern. Solche Verhältnisse stellen keine Einzelfälle und damit im allgemeinen keine Besonderheiten mehr dar, welche die Gefahr sozialer Ausgrenzung mit sich bringen würden.

Die Kinder haben sich zwar bei ihrer Anhörung vor dem Amtsgericht eindeutig für den Namen ihres Stiefvaters entschieden und zu erkennen gegeben, daß sie zu ihrem leiblichen Vater kein intensives Verhältnis mehr haben. Hierbei handelt es sich aber nur um Gesichtspunkte, die im Rahmen der insgesamt vorzunehmenden Abwägung zugunsten einer Einbenennung sprechen. Demgegenüber hat das Gericht vor allem auch zu berücksichtigen, ob sich die Einbenennungsehe bereits so gefestigt hat, daß ein Scheitern nicht mehr zu befürchten ist. Denn in einem solchen Falle müßten die Kinder bei Rückänderung des Namens des leiblichen Elternteils mit dem Namen eines Stiefelternteils leben, zu dem sie nur eine vorübergehende Beziehung gehabt haben (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 59. Aufl., Rdn. 17 zu § 1618 BGB). Die neue Ehe der Antragstellerin besteht jedoch noch nicht einmal ein Jahr, so daß nach Auffassung des Senats zumindest gegenwärtig eine Einbenennung der Kinder nicht verantwortet werden kann.

Formale Gründe würden einer Einbenennung nicht im Wege stehen, insbesondere noch nicht das Fehlen der Erklärungen gegenüber dem Standesamt. Das Gesetz sieht hinsichtlich der einzelnen Einbenennungsvoraussetzungen keine zwingend vorgeschriebene Reihenfolge vor.

Auf die Beschwerde war demgemäß der angefochtene Beschluß abzuändern und der Antrag auf Einbenennung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 131 Abs. 3 KostO, 13 a Satz 1 FGG.

Schreiber Kirsch Krämer