OLG Frankfurt vom 05.09.2000 (2 UF 381/98)

Stichworte: VAÜG, Bestandsrente, Aussetzung des VA
Normenkette: BGB 1587g, VAÜG 3 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI 101 Abs. 3 S. 1
Orientierungssatz: Zu den Voraussetzungen einer Aussetzung des VA gem. § 2 Abs. 1 VAÜG und zum Ausgleich einer Bestandsrente.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

weiterhin am Verfahren beteiligt:

1. die Landesversicherungsanstalt Sachsen, Luisenplatz 2, 09113 Chemnitz, zu Vers.-Nr. 09 150225 M 505, als Beschwerdeführerin,

2. die Landesversicherungsanstalt Hessen, Städelstraße 28, 60596 Frankfurt am Main, zu Vers.-Nr. 50 010236 M 038,

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Krämer und Kirsch am 5. September 2000 beschlossen:

Auf die Beschwerde der Verfahrensbeteiligten zu 1. wird das (Verbund-)Urteil des Amtsgerichts Melsungen vom 17. September 1998 im Ausspruch über den Versorgungsausgleich (Nr. 2 des Urteilstenors) abgeändert und insoweit wie folgt neu gefaßt:

Von dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Verfahrensbeteiligten zu 1. werden auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Verfahrensbeteiligten zu 2. Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 100,34 DM, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30. Juni 1997, übertragen.

Der Monatsbetrag der zu übertragenen Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Der aktuelle Rentenwert (Ost) ist mit seinem Wert bei Ende der Ehezeit zum 30. Juni 1997 für die Ermittlung der Entgeltpunkte (Ost) mit dem Angleichungsfaktor zu vervielfältigen, der der Berechnung des Monatsbetrags der Rentenanwartschaften zugrunde liegt.

Darüber hinaus hat die Antragstellerin an den Antragsgegner eine monatliche Ausgleichsrente in Höhe von 50,38 DM, beginnend mit dem 1. Januar 1999 zu zahlen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Im übrigen werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegeneinander aufgehoben (Beschwerdewert: 1.808,64 DM).

Gründe:

Die Parteien haben am 16. Dezember 1963 die Ehe geschlossen, aus der ein 1964 geborenes Kind hervorgegangen ist.

Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht die Ehe geschieden (insoweit seit 22. Dezember 1998 rechtskräftig). Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich hat es im Hinblick darauf ausgesetzt, daß die Antragstellerin die höheren angleichungsdynamischen Anwartschaften aus der Rentenversicherung erworben hat. Gegen dieses ihr am 30. Oktober 1998 zugestellte Urteil wendet sich die Verfahrensbeteiligte zu 1. mit ihrer am 6. November 1998 eingegangenen und zugleich begründeten Beschwerde.

Sie macht geltend, eine Aussetzung des Versorgungsausgleichs komme nicht in Betracht, weil beide Parteien bei Ende der Ehezeit Rentenempfänger gewesen seien.

Die Beschwerde ist zulässig; sie führt in der Sache zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, daß der Versorgungsausgleich gemäß § 1587 BGB in dem sich aus dem Tenor dieses Beschlusses ergebenden Umfang durchzuführen ist.

Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 2 Abs. 1 VAÜG sind nicht gegeben. Unabhängig hiervon ist die statische Rentenanwartschaft auf Bestandsrente, für die § 2 Abs. 1 VAÜG ohnehin nicht gilt und welche die Antragstellerin bei der Verfahrensbeteiligten zu 1. erworben hat, nach §§ 1587 g, 3 Abs. 1 Nr. 6 VAÜG schuldrechtlich gesondert auszugleichen.

Nach den vorliegenden Rentenauskünften hat die Antragstellerin bei der Verfahrensbeteiligten zu 1. angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 638,07 DM erworben. Dem stehen nichtangleichungsdynamische Anwartschaften des Antragsgegners bei der Verfahrensbeteiligten zu 2. in Höhe von monatlich 474,27 DM gegenüber.

Diese Anwartschaften sind in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich mit einzubeziehen. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung liegen deshalb nicht vor, weil beide Parteien inzwischen Rentner sind und deshalb aus dem im Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden Anrecht der Antragstellerin aufgrund des Versorgungsausgleichs bei der Antragstellerin Leistungen zu kürzen und beim Antragsgegner Leistungen zu erbringen wären (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 VAÜG; vgl. auch § 101 Abs. 3 Satz 1 SGB VI).

Allerdings sind die Anwartschaften der Antragstellerin gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 a VAÜG um den Angleichungsfaktor zu erhöhen, der sich aus dem Verhältnis der Wertentwicklung des Anrechts zur Wertentwicklung eines entsprechenden Anrechts in den alten Bundesländern ergibt. Nach § 5 der Verordnung zur Anpassung der Renten im Jahre 2000 vom 31. Mai 2000 beträgt dieser Angleichungsfaktor für ein Ehezeitende bis zum 30. Juli 1997 und eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich in der Zeit nach dem 30. Juli 2000 1,0578030. Damit erhöht sich das Anrecht der Antragstellerin auf 674,95 DM. Dem stehen Anwartschaften des Antragsgegners in Höhe von 474,27 DM gegenüber. Der Unterschiedsbetrag beläuft sich auf 200,68 DM, die auszugleichende Hälfte hiervon auf 100,34 DM.

Die Umrechnungsanordnungen des Senats bezogen auf diesen Ausgleich ergeben sich aus § 3 Abs. 2 Nr. 2 VAÜG.

Darüber hinaus ist die statische Bestandsrente der Antragstellerin nach § 315 a SGB VI ausschließlich im Wege des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 1587 g auszugleichen (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 VAÜG), wobei ein erweiterter Ausgleich zu Lasten eines anderen Anrechtes der Antragstellerin gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG, wie dies sonst bei einem schuldrechtlich auszugleichenden Anrecht möglich wäre, nicht in Betracht kommt (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 3. Auflage, Rdnr. 7 zu § 3 VAÜG mit Hinweis auf die Bundestagsdrucksache 12/5700, Seite 181).

Damit ist der Ehezeitanteil von 100,75 DM monatlich hälftig zwischen den Parteien aufzuteilen, so daß die Antragstellerin an den Antragsgegner eine monatliche Ausgleichsrente von 50,38 DM zu zahlen hat. Gemäß den §§ 1587 k Abs. 1, 1585 b Abs. 2 BGB besteht diese Zahlungspflicht von Rechtshängigkeit des Ausgleichsanspruchs an, frühestens jedoch ab Rechtskraft des Scheidungsurteils, die am 22. Dezember 1998 eingetreten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 8 GKG, 93 a ZPO.

Schreiber Kirsch Krämer