OLG Frankfurt vom 19.01.2000 (2 UF 355/99)

Stichworte: Einbenennung, Einwilligung, Ersetzung
Normenkette: BGB 1618
Orientierungssatz: Eine Ersetzung der Einwilligung zur Einbenennung kommt nur in Betracht, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

betreffend die Namensänderung von

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Krämer und Kirsch am 19. Januar 2000 beschlossen:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Eschwege vom 20. Oktober 1999 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; die Antragstellerin hat etwaige im Beschwerdeverfahren entstandene außergerichtliche Kosten dem Antragsgegner zu ersetzen (Beschwerdewert 1.500 DM).

Gründe:

Die Parteien waren miteinander verheiratet; aus ihrer Ehe ist das Kind X. XYZ. hervorgegangen, das seit der Trennung der Parteien im Haushalt der Antragstellerin lebt. Die Ehe der Parteien wurden durch Urteil des Amtsgerichts Eschwege vom 11. März 1999 - inzwischen rechtskräftig - geschieden. Seit dem 9. Juni 1999 ist die Antragstellerin wieder verheiratet und trägt nun den Namen ihres jetzigen Ehemannes G. MNF., mit dem sie schon vor der Eheschließung etwa 2 Jahre zusammengelebt hat. Die Antragstellerin beabsichtigt mit Zustimmung ihres Ehemannes ihren neuen Ehenamen dem Kind X. als Familiennamen zu erteilen.

Sie hat beantragt, gemäß § 1618 BGB die fehlende Einwilligung des Antragsgegners durch familiengerichtliche Entscheidung zu ersetzen, und macht zur Begründung geltend, X. habe sich für den Namen MNF. entschieden. Außerdem sei die Namensänderung für die Integration in die neue Familie des Kindes erforderlich, zumal die Geburt eines weiteren Kindes bevorstehe. Dem gegenüber habe der Antragsgegner seit 1997 keinerlei Kontakt mehr zu dem Kind und habe vielmehr sogar seine Vaterschaft in Zweifel gezogen.

Der Antragsgegner hat einer Namensänderung mit der Begründung nicht zugestimmt, er habe ein gutes Verhältnis zu seinem bislang einzigen Kind. Wenn es in der Vergangenheit nicht in dem wünschenswerten Umfang zu Besuchen gekommen sei, liege dies am Verhalten des Herrn MNF., der ihn wiederholt durch Schläge und Drohungen habe veranlassen wollen, jegliche Verbindung zu X. abzubrechen. In dieser Situation der gemeinsame Name das einzige Band zwischen ihm und dem Kind.

Das Amtsgericht hat nach Anhörung des Jugendamtes, das dem Gericht empfohlen hat, nicht ohne Zustimmung des Antragsgegners zu entscheiden, den Antrag der Antragstellerin durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen.

Gegen diesen ihr am 28. Oktober 1999 zugestellten Beschluß wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 9. November 1999 beim Amtsgericht und zusammen mit den Verfahrensakten am 19. November 1999 beim Oberlandesgericht eingegangenen und zugleich begründeten Beschwerde.

Die Beschwerde ist als befristete berufungsähnliche Beschwerde gemäß § 621 e ZPO statthaft, denn die angefochtene Entscheidung betrifft die Erteilung des Namens als Bestandteil des elterlichen Sorgerechts.

Die Beschwerde ist in der Sache jedoch nicht begründet. Der Senat sieht ebenso wie das Amtsgericht die Voraussetzungen für eine Ersetzung der Einwilligung des anderen Elternteils gemäß § 1618 Satz 4 BGB hier nicht als gegeben an. Nach dieser Bestimmung kann das Familiengericht die Einwilligung des anderen Elternteils nur ersetzen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Einfügung des Namens zum Wohl des Kindes ' erforderlich ” ist. Nach Auffassung des Senats müssen sehr gewichtige Gründe vorliegen, damit das Interesse des nicht sorgeberechtigten Elternteils an der Erhaltung des Namensbandes zurücktreten kann (Beschluß des Senats vom 23. August 1999 - 2 UF 239/99 -; ebenso OLG Köln FamRZ 99, 734 f.; OLG Hamm FamRZ 99, 736 f.). Nach dem Regierungsentwurf zur Reform des Kindschaftsrechtes sollte die Zustimmung auch dann ersetzt werden können, wenn dies 'dem Wohl des Kindes dient”. Der auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundestages zurückgehende Gesetzeswortlaut, der strengere Voraussetzungen aufstellte, will hiermit die Bindung des Kindes an den Elternteil, dem die elterliche Sorge nicht zusteht, hervorheben (vgl. Wachs in: Familienrechtsreformkommentar, Rdnr. 7 zu § 1618 BGB).

Konkrete Umstände, die über den verständlichen Wunsch der auch durch eine Namensangleichung nach außen hin dokumentierten Integration eines Kindes in eine neue Familie hinausgehen, sind hier nicht ersichtlich, jedenfalls nicht solche, die eine Namensänderung zum Wohle des Kindes als erforderlich erscheinen ließen. Die Antragstellerin trägt zwar vor, es sei bereits zu Irritationen in der Schule und auch bei Mitschülern im Zusammenhang mit X.s Familiennamen gekommen. Daß dies der Entwicklung des Kindes in irgendeiner Form abträglich sein könnte, ist nicht näher dargelegt und auch sonst nicht feststellbar. In der heutigen Zeit mit einem recht hohen Anteil von Kindern aus der Beziehung nicht miteinander verheirateter Partner und einer hohen Scheidungsrate ist Kindern schon von einem frühen Alter an vertraut, daß sie und ihre Spielgenossen anders heißen als ihre Eltern. Solche Verhältnisse stellen demgemäß keine Besonderheiten mehr da, die in irgendeiner Form zu sozialer Ausgrenzung führen könnten.

Insbesondere ist nicht erkennbar, warum es X. zum Schaden gereichen sollte, wenn ihm bei der Führung seines Familiennamens vor Augen geführt wird, daß sein Stiefvater nicht sein leiblicher Vater ist. Er wird es auch ohne weiteres verstehen, wenn sein demnächst zur Welt kommender Halbbruder oder seine Halbschwester einen anderen Familiennamen tragen wird als er.

X. selbst hat sich zwar für eine Namensänderung ausgesprochen. Angesichts seines Alters von erst sechs Jahren kann seinem Wunsch nach Übernahme des neuen Namens seiner Mutter keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen, da nicht angenommen werden kann, daß ein Kind dieses Alters von seiner Entwicklung her in der Lage ist, die Folgen dieses Schrittes auch nur annähernd zu überschauen.

Nach allem war die Beschwerde mit der in § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG, 131 Abs. 3 Kostenordnung vorgesehene Kostenfolge zurückzuweisen.

Schreiber Kirsch Krämer