OLG Frankfurt vom 03.01.2000 (2 UF 345/99)

Stichworte: Einbenennung, Erforderlichkeit, Kindeswohl
Normenkette: BGB 1618
Orientierungssatz: Die Einwilligung zur Einbenennung kann ersetzt, werden, wenn zwischen dem Vater und dem Kind keine Beziehung besteht, weil sich dieser nicht um das Kind gekümmert hat.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

betreffend die Änderung des Familiennamens von

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Krämer und Kirsch am 3. Januar 2000 beschlossen:

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts Marburg vom 12. Juli 1999 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; der Antragsgegner hat die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen (Beschwerdewert: 1.500 DM).

Gründe:

Die Parteien waren miteinander verheiratet. Aus ihrer Ehe ist das Kind X. hervorgegangen. Die Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts Marburg vom 19. April 1995 - 19 F 300/94 - geschieden. Zugleich wurde die alleinige elterliche Sorge für das Kind auf die Antragstellerin übertragen. Die Antragstellerin heiratete am 19. Februar 1999 Herrn XYZ..

Mit Schreiben vom 17. März 1999 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit, sie beabsichtige zusammen mit ihrem jetzigen Ehemann, dem Kind den Familiennamen XYZ. zu erteilen. Sie forderte ihn unter Fristsetzung zum 31. März 1999 auf, seine Zustimmung hierzu zu erklären. Der Antragsgegner hat hierauf nicht geantwortet.

Daraufhin hat die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren den Antrag gestellt, die erforderliche Zustimmung des Antragsgegners familiengerichtlich zu ersetzen.

Sie hat dies damit begründet, der Antragsgegner habe sich seit der Trennung der Parteien nie um das Kind gekümmert, insbesondere auch sein Besuchsrecht nicht ausgeübt. Außerdem sei die Einbenennung für die Integration des Kindes in die neue Familie notwendig.

Der Antragsgegner ist dem mit der Begründung entgegengetreten, die Einbenennung sei für das Wohl des Kindes nicht erforderlich.

Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluß dem Antrag stattgegeben.

Gegen diesen ihm nicht förmlich zugestellten Beschluß wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde, die er zunächst beim Amtsgericht eingelegt hat, das die Verfahrensakten dem Oberlandesgericht mit Verfügung vom 16. Oktober 1999 übersandt hat, wo sie am 4. November 1999 eingegangen sind.

Der Antragsgegner macht unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend, daß er durch das hier anhängige Verfahren wieder an seine Rolle als Vater erinnert worden sei und sich deshalb auch um ein Besuchsrecht bemüht habe. Auch führe die Antragstellerin selbst nach wie vor den Doppelnamen V.-XYZ., so daß die Einbenennung für die Integration in die neue Familie nicht erforderlich sei.

Er beantragt deshalb,

den angefochtenen Beschluß abzuändern und den Antrag abzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluß und trägt ergänzend vor, sie werde den Namensteil V. in ihrem Familiennamen alsbald nach Durchführung der Einbenennung des Kindes ablegen.

Die Beschwerde ist zulässig. Zwar ist sie entgegen § 621 e ZPO beim Amtsgericht eingelegt worden und erst zusammen mit den Verfahrensakten nach Ablauf von fast vier Monaten beim Beschwerdegericht eingegangen. Gleichwohl ist sie als fristgerecht eingelegt und begründet anzusehen, weil sie nicht förmlich zugestellt worden ist.

In der Sache ist sie jedoch nicht begründet.

Zutreffend hat das Amtsgericht gemäß § 1618 BGB die Zustimmung des Antragsgegners zur Namensänderung des Kindes ersetzt. Unter den gegebenen Umständen ist nämlich die Erteilung des Namens des Stiefvaters zum Wohl des Kindes erforderlich. Zwar soll nach der seit dem 1. Juli 1998 geltenden Fassung des § 1618 BGB nur in Ausnahmefällen eine Ersetzung der Einwilligung in Betracht kommen, weil es im Gegensatz zum früheren Rechtszustand nicht ausreicht, daß die Namensangleichung mit der Stieffamilie dem Wohl des Kindes dient , sondern vielmehr zum Wohl des Kindes erforderlich sein muß. In der Regel muß also mit der Benutzung des früheren Familiennamens eine außerordentliche Belastung des Kindes einhergehen. Nach Auffassung des Senats hat das Amtsgericht hier zutreffend diesen Ausnahmefall als gegeben angesehen. Der Antragsgegner hat selbst eingeräumt, daß er sich bislang um das Kind nicht gekümmert hat, sondern erst durch dieses Verfahren wieder darauf aufmerksam gemacht worden ist, daß er Vater eines Kindes ist. Die im Rahmen des § 1618 BGB gebotene Interessenabwägung zwischen den Belangen des Antragsgegners (nämlich: wenigstens das Namensband aufrecht erhalten zu sehen) und den Interessen des Kindes wirkt sich hier zugunsten der beantragten Namensänderung aus. Das Kind kennt eigentlich nur seinen Stiefvater als männliche Bezugsperson und hat zu keinem Zeitpunkt eine Beziehung zum Antragsgegner aufbauen können, was dieser letztlich selbst zu vertreten hat. Auch wenn aus sozialer Sicht Namensunterschiede zwischen Eltern und Kindern eine immer geringere Rolle spielen und hier auch nicht der Fall vorliegt, daß ein gesellschaftlich wenig akzeptierter Familienname in Rede steht, erfordern es bei der hier gegebenen besonderen Fallgestaltung die Interessen des Kindes, den Namen des Stiefvaters tragen zu dürfen. Je geringer die Beziehungen des Kindes zu dem nicht sorgeberechtigten Elternteil sind, desto eher muß nach Auffassung des Senats die Interessenabwägung dazu führen, daß dem Wunsch auf Einbenennung stattgegeben wird, jedenfalls dann, wenn keine Anzeichen dafür bestehen, daß es sich um einen unbedachten Schritt handelt (so schon Senat in 2 UF 304/99).

Zwar führt die Antragstellerin selbst noch einen Doppelnamen. Sie hat aber in verständlicher und nachvollziehbarer Weise ausgeführt, daß sie die Führung ihres Namens von dem Familiennamen ihres Kindes abhängig macht, so daß auch im Zusammenhang hiermit nichts gegen eine Einbenennung des Kindes spricht.

Nach allem war die Beschwerde mit der in den §§ 13 a FFG, 131 Abs. 3 Kostenordnung vorgesehene Kostenfolge zurückzuweisen.

Schreiber Kirsch Krämer