OLG Frankfurt vom 23.08.1999 (2 UF 239/99)

Stichworte: Einwilligung, Ersetzung, Kindeswohl, Erforderlichkeit
Normenkette: BGB 1618, ZPO 621e
Orientierungssatz: Zu den Voraussetzungen der Ersetzung der Zustimmung zur Einbenennung

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Bielefeldt und Bloch am 23. August 1999 beschlossen:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Amtsgerichts Kirchhain vom 9. Juli 1999 abgeändert. Der Antrag auf Einbenennung des Kindes J. X. wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 DM festgesetzt.

G r ü n d e :

Durch den angefochtenen Beschluß, auf den zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht die Einwilligung des Antragsgegners zu dem Antrag auf Einbenennung des Kindes J. gemäß § 1618 BGB ersetzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist gemäß § 621 e ZPO statthaft, denn die Erteilung des Namens ist Bestandteil des elterlichen Sorgerechts (vgl. Palandt/Diederichsen, 58. Aufl. zum BGB, § 1618 Rdn. 17, § 1617 Rdn. 4; anderer Auffassung OLG Köln, FamRZ 99, 734, 735: Beschwerde nach § 19 FGG). Das auch im übrigen zulässige Rechtsmittel hat Erfolg.

Im Gegensatz zur Auffassung des Amtsgerichts sieht der Senat die Voraussetzungen für eine Ersetzung der Einwilligung des anderen Elternteils gemäß § 1618 Satz 4 BGB nicht als gegeben an. Danach kann das Familiengericht die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens zum Wohl des Kindes "erforderlich" ist. Das bedeutet nach Auffassung des Senats, daß sehr wichtige Gründe vorliegen müssen, um das Interesse des nichtsorgeberechtigten Elternteils an der Erhaltung des Namensbandes zurücktreten zu lassen (ebenso OLG Köln FamRZ 99, 734 f; OLG Hamm, FamRZ 99, 736). Nach dem Regierungsentwurf sollte die Zustimmung nämlich zunächst ersetzt werden können, wenn dies "dem Wohl des Kindes dient". Der auf einen entsprechenden Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundestags zurückgehende Gesetzeswortlaut soll diese engere Fassung die Bindungen des Kindes an den Elternteil, dem die elterliche Sorge nicht zusteht, unterstreichen (vgl. Wachs in Familienrechtsreformkommentar § 1618 Rdn. 7 unter Hinweis auf Bundestagsdrucksache 13/8511 Seite 74).

Solche konkreten Umstände, die über den verständlichen Wunsch auch namensmäßiger Integrierung eines Kindes in die neue Ehe hinausgehen, sind indessen hier nicht ausreichend geltend gemacht. Es wird zwar vorgetragen, daß J. in der Schule von ihren Mitschülern gehänselt würde, weil sie einen anderen Familiennamen als ihre Mutter habe. Dieses pauschale Vorbringen reicht jedoch zur Begründung der Erforderlichkeit einer Einbenennung nicht aus. In der heutigen Zeit mit einem hohen Anteil von nicht miteinander verheirateten Partnern und einer hohen Scheidungsrate werden Kinder im sozialen Miteinander von früh an mit den sich daraus ergebenden, insbesondere namensrechtlichen Konsequenzen konfrontiert. Solche Verhältnisse stellen keine Einzelfälle und damit im allgemeinen keine Besonderheiten mehr dar, die etwa zu sozialer Ausgrenzung führen würden. Angesichts des Alters von J. mit knapp 9 Jahren kann auch ihrem Wunsch nach Übernahme des neuen Namens ihrer Mutter keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Da der Gesetzgeber nicht nur die Erteilung des neuen Ehenamens des sorgeberechtigten Elternteils sondern auch das Voranstellen oder Anfügen dieses neuen Namens in gleicher Weise von der Erforderlichkeit zum Kindeswohle abhängig macht, hält der Senat die Voraussetzungen auch für diese mildere Form der Namensänderung unter Beibehaltung auch des Namens des nichtsorgeberechtigten Elternteils für nicht gegeben.

Auf die Beschwerde war demgemäß der angefochtene Beschluß abzuändern und der Antrag auf Einbenennung zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 131 Abs. 3 KostO, 13 a Satz 1 FGG.

Schreiber Bloch Bielefeldt