OLG Frankfurt vom 07.06.1999 (2 UF 151/99)

Stichworte: Barwertverordnung, Versorgungsfall, reguläre Altersgrenze
Normenkette: BGB 1587a Abs. 2 Nr. 3, BarwertVO Tab. 2 Anm. 1
Orientierungssatz: Zur Anwendung der Barwert-VO bei einem Versorgungsfall vor der Regulären Altersgrenze

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 2. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter Schreiber und die Richter Krämer und Kirsch am 7. Juni 1999 beschlossen:

Auf die Beschwerde der Verfahrensbeteiligten zu 2) wird der Beschluß des Amtsgerichts Kassel vom 15. März 1999 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Vom Versicherungskonto Nr. 52 160935 R 008 des Antragstellers bei der Verfahrensbeteiligten zu 1) werden auf das Versicherungskonto Nr. 52 290450 M 518 der Antragsgegnerin bei der Verfahrensbeteiligten zu 1) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 73,01 DM, bezogen auf das Eheende am 31. August 1996, übertragen. Die Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte umzurechnen.

Zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Verfahrensbeteiligten zu 2) werden auf dem Versicherungskonto Nr. 52 290450 M 518 der Antragsgegnerin bei der Verfahrensbeteiligten zu 1) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 10,99 DM, bezogen auf das Eheende am 31. August 1996 begründet. Diese Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte umzurechnen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Im übrigen werden die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 1.000 DM festgesetzt.

G r ü n d e :

Die Parteien haben am 25. Februar 1994 die Ehe geschlossen. Der Antragsteller hat am 12. September 1996 beim Amtsgericht einen Scheidungsantrag eingereicht, der der Antragsgegnerin am 18. September 1996 zugestellt worden ist.

Während der hiernach maßgeblichen Ehezeit vom 1. Februar 1994 bis zum 31. August 1996 haben beide Parteien Rentenanwartschaften bei der Verfahrensbeteiligten zu 1) erworben, und zwar der Antragsteller in Höhe von 154,85 DM und die Antragsgegnerin in Höhe von 8,83 DM. Der Antragsteller hat darüber hinaus eine Anwartschaft bei der Verfahrensbeteiligten zu 2) in Höhe eines Monatsbetrages von 40,44 DM erworben. Seit dem 1. Oktober 1996 bezieht er hieraus eine Versorgungsrente in Höhe der statischen Mindestrente.

Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 9. Dezember 1997 die Ehe geschieden, nachdem es das Verfahren über den Versorgungsausgleich abgetrennt hat.

Durch den angefochtenen Beschluß hat es den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Verfahrensbeteiligten zu 1) Anwartschaften in Höhe von monatlich 73,01 DM auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Verfahrensbeteiligten zu 1) übertragen werden. Zugleich hat es bestimmt, daß zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Verfahrensbeteiligten zu 2) auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Verfahrensbeteiligten zu 1) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 7,62 DM begründet werden.

Gegen diesen ihr am 19. April 1999 zugestellten Beschluß wendet sich die Verfahrensbeteiligte zu 2) mit ihrer am 4. Mai 1999 eingelegten und zugleich begründeten Beschwerde.

Sie macht geltend, das Amtsgericht habe nicht berücksichtigt, daß der Antragsteller bereits seit dem 1. Oktober 1996 eine Versorgungsrente erhalte.

Die Beschwerde ist zulässig und in der Sache auch begründet. Bei der Umrechnung der statischen Rente des Antragstellers in eine dynamische kommt die Tabelle 1 zur Barwertverordnung zur Anwendung, weil die Anwartschaft auf die Versorgungsrente bis zum Leistungsbeginn nicht volldynamisch ist. Weil der Versorgungsfall jedoch bereits im Jahre 1996 eingetreten ist, also 4 Jahre vor der regulären Altersgrenze im Jahr 2000 - der Antragsteller ist 1935 geboren - ist Anmerkung 1) zur Tabelle 1 zur Barwertverordnung zu berücksichtigen, wonach die Werte der Tabelle für jedes Jahr vor der Vollendung des 25. Lebensjahres um 8 % zu erhöhen, mindestens jedoch auf die sich aus Tabelle 2 ergebenden Werte. Hierbei ist ohne Belang, daß der Rentenbezug erst nach Eheende i. S. des § 1587 Abs. 2 BGB eingetreten ist, also nach dem 31. August 1996. Sofern nämlich ein Ehegatte im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eine Versorgung erhält, so ist diese zu berücksichtigen und nicht das auf das Ehezeitende bezogene niedrigere fiktive Altersruhegeld zugrunde zu legen, sofern wie hier die Versorgung gesichert erscheint (BGHZ 110, 224).

Der sich in Anwendung der Tabelle 2 zur Barwertverordnung errechnende Vervielfacher liegt vorliegend höher als der sich aus Tabelle 1 unter Berücksichtigung der Anmerkung 1) ergebende Betrag, so daß er maßgeblich ist. Nach Tabelle 1 errechnet sich ein Zuschlag von 32 % (4 Jahre zu je 8 %), was einen Vervielfacher bei einem Lebensalter zum Ende der Ehezeit von 60 Jahren von 8,712 ergibt (6,6 x 1,32). Nach Anmerkung 1) zur Tabelle 2 zur Barwertverordnung erhöht sich der Verviel- facher um 14 % für jedes Jahr, hier also um 56 %, auf (6,1 x 1,56 =) 9,516. Dieser Wert ist der höhere und damit maßgeblich. Wird der auf die Ehezeit entfallende Mindestbetrag der Versorgungsrente (nicht dynamisch) von monatlich 40,44 DM mit 12 sowie diesem Vervielfacher multipliziert, so ergibt sich ein Barwert von 4.617,92 DM. Dieser Betrag wiederum ist mit dem Umrechnungsfaktor für das Ende der Ehezeit, also 1996, von 0,001019084 sowie dem für diesen Zeitpunkt aktuellen Rentenwert von 46,67 DM zu multiplizieren. Hieraus errechnet sich ein dynamisches Anrecht von 21,96 DM. Die auszugleichende Hälfte hiervon beläuft sich auf 10,98 DM.

Nach allem hat die Beschwerde Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 8 GKG, 93 a ZPO.

Schreiber Kirsch Krämer