OLG Frankfurt vom 22.04.1999 (28 W 36/95)

Stichworte: Duldungs- und Mitwirkungspflichten dritter Personen bei derVaterschaftsfeststellung Duldung der Blutabnahme
Normenkette: ZPO 372a
Orientierungssatz: Der Duldungspflicht ist jede Person unterworfen (vgl. dazu Baumbach-Lauterbach ZPO 57. Aufl. § 372 a Rn. 20). Ob die Frage der Erforderlichkeit überprüft werden kann, ist streitig (vgl. dazu Münchner Kommentar ZPO § 372 a Rn. 22; Zöller ZPO § 372 a Rn. 13; 0LG München NJW1977, 241; 0LG Stuttgart FamRZ 1961, 490; 0LG Düsseldorf NJW 1958, 265; BGH NJW 1993, 1391/1393). Dies muß jedoch hier nicht entschieden werden, da von der Erforderlichkeit auszugehen ist.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Kindschaftssache

hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde von N. und S. G. gegen das Zwischenurteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 26.09.1995 am 22.04.1999 beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen. Beschwerdewert. 500,00 DM.

G r ü n d e :

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Die Eltern des Beklagten können sich der angeordneten Einbeziehung in das zur Frage der Abstammung der Klägerin zu erstellende DNA-Gutachten nicht entziehen. Nach § 372 a ZPO hat jede Person Untersuchungen - insbesondere die Entnahme von Blutproben zum Zwecke der Blutgruppenuntersuchung in Fällen zur Feststellung der Vaterschaft zu dulden, soweit dies erforderlich ist, die Untersuchungen nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft eine Aufklärung des Sachverhalts verspricht und dem zu Untersuchenden zugemutet werden kann.

Der Duldungspflicht ist jede Person unterworfen (vgl. dazu Baumbach-Lauterbach ZPO 57. Aufl. § 372 a Rn. 20). Ob die Frage der Erforderlichkeit überprüft werden kann ist streitig (vgl. dazu Münchner Kommentar ZPO § 372 a Rn. 22; Zöller ZPO § 372 a Rn. 13; 0LG München NJW 1977, 241; 0LG Stuttgart FamRZ 1961, 490; 0LG Düsseldorf NJW 1958, 265; BGH NJW 1993, 1391/1393). Dies muß jedoch hier nicht entschieden werden, da von der Erforderlichkeit auszugehen ist. Die derzeitige Anschrift des Beklagten ist dem Gericht und der Klägerin unbekannt - falls sie den Eltern bekannt ist, könnten sie diese mitteilen, so daß eventuell ihre Einbeziehung in das Gutachten nicht mehr erfolgen müßte. Der Beklagte ist seiner früheren Erklärung, freiwillig zur Blutentnahme in Griechenland zu erscheinen, nicht nachgekommen, so daß der Beweisbeschluß vom 05.03.1992 nicht ausgeführt werden konnte. Die Möglichkeit, im Hinblick auf die Aussage der Mutter eventuell nach dem Rechtsgedanken der Beweisverteilung im Rahmen von 1600 a Abs. 2 BGB vorzugehen (vgl. dazu BGH NJW 1986, 2371 und 1993, 1391), läßt die Erforderlichkeit nicht entfallen. Dem Amtsgericht ist zu folgen, wenn es zunächst naturwissenschaftliche Erkenntnismethoden zur Feststellung der Vaterschaft ausnutzen will.

Nach § 1600 o Abs. 1 BGB a. F. - gemäß Art. 224 EGBGB 1 Abs. 1 richtet sich die Vaterschaft hinsichtlich eines vor dem 01.07.1998 geborenen Kindes nach den bisherigen Vorschriften - ist als Vater der Mann festzustellen, der das Kind gezeugt hat. Danach ist es zunächst Zweck des Statusverfahrens, die größtmögliche Übereinstimmung mit den wahren Abstammungsverhältnissen herbeizuführen, nach dem Amtsermittlungsgrundsatz ist das Gericht verpflichtet, von Amts wegen alle Beweise zu erheben, die zur möglichst sicheren Klärung der Vaterschaft des beklagten Mannes führen, es setzt die Vaterschaftsfeststellung auf Grund der Vermutung des 1600 Abs. 2 BGB die Erschöpfung aller zur Verfügung stehenden Beweismittel voraus, wobei die medizinische Begutachtung mit Rücksicht auf den meist nur unsicheren Wert der übrigen Beweismittel im Vordergrund steht (vgl. dazu Erman BGB 9 Auf. §1600 o Rn. 2; BGH FamRZ 1987, 583; NJW 1986, 2371; NJW 1993, 1391).

Durch das Gutachten kann geklärt werden, ob die Beschwerdeführer die Großeltern des Kindes sind, damit der Beklagte der Vater des Kindes sein kann. Durch den nunmehr erhobenen Einwand der Beschwerdeführer, auch der Bruder des Beklagten könne mit der Mutter Geschlechtsverkehr gehabt haben, ändert an der Erforderlichkeit der Mitwirkung zur Feststellung der Abstammung nichts. Kommt das Amtsgericht zu dem Ergebnis, daß der Bruder in die Begutachtung einzubeziehen ist, so kann doch festgestellt werden, ob die Beschwerdeführer die Großeltern sind, und der Bruder unter Umständen von der Vaterschaft ausgeschlossen werden.

Daraus ergibt sich auch, daß die Untersuchung nach den wissenschaftlichen Grundsätzen eine Aufklärung des Sachverhalts verspricht und sie es auch dahingehend, daß der Beklagte nicht der Vater der Klägerin sein kann. Die Wissenschaftlichkeit der Untersuchung wird im übrigen nicht gerügt.

Letztlich ist der Einwand der Beschwerdeführerin, eine Blutentnahme könne ihr wegen Nachteilen für ihre Gesundheit nicht zugemutet werden, nicht durchgreifend. Chronische Bronchitis, chronisches Asthma, Bluthochdruck und die Entfernung einer Niere stehen dem geringfügigen Eingriff bei einer Blutentnahme ebensowenig entgegen wie der Umstand, daß die Beschwerdeführerin nicht mehr laufen können soll. Zudem ist darauf hinzuweisen, daß eine Blutentnahme in dem Beweisbeschluß nicht angeordnet worden ist, die notwendigen Grundlagen auch auf andere Weise gewonnen werden können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.