OLG Frankfurt vom 07.02.2020 (27 U 1/16)

Stichworte: Gegenstandswert; Geschäftsgebühr; Rahmengebühr; Honorarberechnung; Leistungsbestimmung; Erlassvertrag
Normenkette: FamGKG 51; BGB 315; BGB 397; RVG 10; RVG 14 Abs. 1; RVG 23 Abs. 1 S. 3
Orientierungssatz:
  • Im Rahmen der nach § 23 Abs. 1 S. 3 RVG erfolgenden entsprechenden Anwendung von § 51 FamGKG auf die Bestimmung des Gegenstandswerts für die von dem ein Unterhaltsmandat wahrnehmenden Rechtsanwalt verdiente Geschäftsgebühr ist bei Ermittlung der zum Zwölfmonatsbetrag nach § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG hinzu zu addierenden fälligen Beträge im Sinne von § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG auf den Zeitpunkt der Auftragserteilung durch den Mandanten und nicht auf den der Beendigung des Auftrags abzustellen (a. A. im Hinblick auf die Anwendung von § 17 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 GKG a.F.:OLG Nürnberg AGS 2002, 232).
  • Bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG obliegt dem Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Bestimmung der Höhe der Gebühr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles. Übt der Rechtsanwalt das durch die Vorschrift eingeräumte Ermessen aus, nimmt er ein Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung im Sinne von § 315 BGB wahr. Ist dieses Gestaltungsrecht ausgeübt worden, ist der Rechtsanwalt hieran grundsätzlich gebunden (BGH NJW 1987, 3203).
  • Die Leistungsbestimmung erfolgt durch einseitige, empfangsbedürftige, ggf. auch stilschweigende Willenserklärung gegenüber dem Mandanten, die nicht formgebunden ist, nicht in oder zugleich mit einer ordnungsgemäßen Rechnungsstellung nach § 10 RVG erfolgen muss und auch nachträglich in der Weise vorgenommen werden kann, dass dem in einer bereits mitgeteilten, allerdings noch vorläufigen Berechnung angewendeten Gebührensatz endgültige Bedeutung verliehen wird.
  • Die Bestimmung der Rahmengebühr setzt insbesondere nicht voraus, dass der Rechtsanwalt bereits ausdrücklich eine Schlussrechnung erteilt bzw. erteilt hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das zugrundeliegende Mandat bereits beendet worden ist (vgl. weitergehend für die Zeit vor Mandatsbeendigung OLG Köln AGS 2009, 525).
  • Eine weitergehende, über die Verbindlichkeit der dem Rechtsanwalt obliegenden Leistungsbestimmung hinsichtlich der Höhe der Rahmengebühr hinausreichende Bindung auch an die sonstigen Parameter der Honorarberechnung, insbesondere in Bezug auf die Zugrundelegung des Gegenstandswerts, setzt indessen grundsätzlich die Feststellung des Abschlusses eines Erlassvertrags nach § 397 BGB zwischen Rechtsanwalt und Mandant voraus (vgl. BGH NJW 2013, 3102; entgegen OLG Brandenburg AGS 2009, 315), wobei für die Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Erlassvertrags ein unzweideutiges Verhalten zu verlangen ist, welches keine Zweifel am Willen zum einseitigen Rechtsverzicht aufkommen lässt.
  • 213 O 90/15 Landgericht Darmstadt

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    U R T E I L

    In dem Rechtsstreit

    hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Schuschke, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Ostermann und den Richter am Oberlandesgericht Maruhn aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2020

    für Recht erkannt:

    I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 26.04.2016 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und hinsichtlich des Hauptsacheausspruchs wie folgt neugefasst:

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.540,65 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.403,21 Euro seit dem 21.05.2015 und aus 137,44 Euro seit dem 22.05.2015 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die erstinstanzliche Kostenentscheidung bleibt aufrechterhalten.

    II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

    III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden.

    IV. Die Revision wird zugelassen, soweit in der Entscheidung des Senats der von der Klägerin beanspruchten Geschäftsgebühr ein Gegenstandswert von nicht mehr als 78.220,00 Euro zugrunde gelegt worden ist.

    V. Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 7.949,81 Euro festgesetzt.

    VI. Der Gegenstandswert für die Terminsgebühr der Rechtsanwälte beträgt 1.767,75 Euro.

    Tatbestand:

    Die Parteien streiten über die Höhe einer der Klägerin dem Grunde nach zustehenden Rechtsanwaltsgebührenforderung für ein außergerichtliches Unterhaltsmandat.

    Bei der Klägerin und Berufungsklägerin handelt es sich um eine Rechtsanwaltspartnerschaftsgesellschaft. Sie vertrat den Beklagten und Berufungsbeklagten in verschiedenen mit der Trennung und Scheidung des Beklagten von seiner damaligen Ehefrau zusammenhängenden Mandaten gerichtlich und außergerichtlich, unter anderem in Bezug auf die hier in Rede stehende außergerichtliche Angelegenheit betreffend Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt. Bearbeitet wurde das Mandat auf Seiten der Klägerin von Herrn Rechtsanwalt X, bei dem es sich um einen der (...) geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin handelt.

    Das am 30.01.2013 erteilte Unterhaltsmandat galt der Abwehr von Ehegattenunterhalts- und Kindesunterhaltsansprüchen. Nachdem seit Januar 2013 zwischen den getrennt lebenden Eheleuten unter Einschaltung der beiderseits mandatierten Rechtsanwälte über die von der Ehefrau geltend gemachte Pflicht zur Auskunftserteilung und zur Zahlung von Unterhalt dem Grunde nach korrespondiert worden war, machte die Ehefrau des Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 12.03.2013 Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 5.440,00 Euro zuzüglich 700,00 Euro Kindesunterhalt, mithin monatlich insgesamt 6.140,00 Euro, rückwirkend ab Januar 2013 geltend.

    Für den Zeitraum, für den Unterhalt verlangt wurde, erbrachte der Beklagte auf Anraten der Klägerin unstreitig freiwillige Zahlungen von 1.600,00 Euro monatlich (1.184,00 Euro Ehegattenunterhalt und 416,00 Euro Kindesunterhalt).

    Zugleich mit dem erstmaligen Tätigwerden im Außenverhältnis gegenüber den Bevollmächtigten der Gegenseite am 26.03.2013 übersandte die Klägerin dem Beklagten ein als „Kostenaufstellung“ tituliertes Schreiben, in welchem eine 1,5 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 63.000,00 Euro zuzüglich der Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG und Umsatzsteuer über insgesamt 2.028,36 Euro verlangt wurde. Für das Schreiben wurde ausweislich der Betreffzeile eine Rechnungsnummer vergeben und als „Leistungszeit“ der Zeitraum vom 31.01.2013 bis zum 26.03.2013 angegeben. In einem Begleitschreiben selben Datums, welches die Mandatsstrategie und die Erörterung aufzuzeigender Risiken zum Gegenstand hatte, hieß es gegen Ende: „Wir bitten um Ausgleich der beiliegenden Vorschussrechnung, wobei die endgültige Abrechnung spätestens mit Abschluss der Angelegenheit erfolgt.“

    Der verlangte Betrag von 2.028,36 Euro wurde vom Beklagten gezahlt. Die Tätigkeit der Klägerin galt in der Folge neben der außergerichtlichen Vertretung in der Unterhaltssache insbesondere auch der Abwehr der von der Ehefrau des Beklagten beanspruchten Zugewinnausgleichsforderung.

    Der Beklagte bat die Klägerin am oder zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 18.11.2013 um eine Aufstellung der aus den verschiedenen geführten Mandaten betreffend unter anderem Unterhalt, Zugewinnausgleich, Umgang und Sorgerecht resultierenden Gebühren.

    Hierauf teilte ihm Herr Rechtsanwalt X mit Email vom 18.11.2013 die aus seiner Sicht offenen Rechnungsbeträge für alle Mandate über eine Summe von insgesamt 13.883,03 Euro mit, nach Abzug der erbrachten Zahlungen 7.170,59 Euro. Er habe, hieß es dazu, „folgende Rechnungsbeträge ermittelt“. In der Aufstellung enthalten war ein Teilbetrag von 2.028,36 Euro betreffend den Posten „Unterhalt außergerichtlich“. Der Unterzeichner führte weiter aus, dass er bislang sehr viel Arbeit in die Angelegenheit gesteckt habe und die gesetzlichen Gebühren abgerechnet habe. Eine Möglichkeit, etwas an den Rechnungen zu ändern, sehe er nicht. Unter anderem sei bei der Geschäftsgebühr betreffend Unterhalt lediglich eine 1,5 Gebühr berechnet worden, während zahlreiche Kollegen bekannt seien, die in Fällen mit weniger Arbeit 1,8 oder 2,0 Gebühren berechnen würden. Wenn man allein den Umfang der Arbeit im Zusammenhang mit der Einkommensauskunft bedenke, erscheine der Gebührensatz auch eher niedrig und entgegenkommend bemessen als zu hoch.

    Am darauffolgenden Tag kündigte der Beklagte das Mandat der Klägerin, wobei er ankündigte, wegen Anzahl und Höhe der aus seiner Sicht willkürlich festgelegten Streitwerte und überhöhten Rechnungen anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen.

    Herr Rechtsanwalt X antwortete am 05.12.2013 per Email und drohte für den Fall der Nichtzahlung des laut Aufstellung offenen Betrages mit Klageerhebung sowie unter Bezugnahme auf den von ihm angenommenen und zwischen den Parteien streitigen Auftrag betreffend auch die Auseinandersetzung des Miteigentums mit einer Neuberechnung der Geschäftsgebühr betreffend das güterrechtliche Mandat unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von nunmehr den Verkehrswert des Grundstücks einbeziehenden 570.000,00 Euro anstatt von zuvor 150.000,00 Euro. Hierzu sei er vor dem Hintergrund berechtigt, dass die Rechnung unter dem Vorbehalt der Nachliquidierung erstellt worden sei. Werde durch den Beklagten nicht binnen gesetzter Frist ein vorbehaltloses Anerkenntnis erklärt, werde wie angekündigt nachliquidiert und Zahlungsklage erhoben werden. Das Mandat betreffend die Hauptsache Trennungs- und Kindesunterhalt fand in dieser Email keine Erwähnung.

    Die Klägerin erstellte daraufhin eine Gesamtabrechnung ihrer Gebührenansprüche, aus der sich noch auszugleichende Gebühren von 10.177,38 Euro für die Angelegenheiten Unterhalt, Zugewinn- und Vermögensauseinandersetzung, Umgang und das gerichtliche Unterhaltseilverfahren ergaben, darunter auch ein nunmehr angenommener offener Betrag von 1.767,74 Euro für die außergerichtliche Vertretung betreffend die Hauptsache Trennungsunterhalt und Kindesunterhalt.

    Eine vorgerichtliche ordnungsgemäße Rechnung ist nicht aktenkundig, ihre Erteilung aber zwischen den Parteien unstreitig. Der Berechnung der Honorarforderungen lagen die vor dem 01.08.2013 geltenden Wertgebühren nach § 13 RVG a.F. zugrunde.

    Die Geschäftsgebühr für die Rechtsverteidigung gegen die Ehegatten- und Kindesunterhaltsansprüche berechnete die Klägerin ausgehend von einem Gegenstandswert von 141.220,00 Euro und einer 2,0 Rahmengebühr sowie nach Abzug der geleisteten Zahlung auf die „Kostenaufstellung“ vom 26.03.2013 mit brutto 1.767,75 Euro.

    Der Gegenstandswert errechnete sich nach Auffassung der Klägerin aus dem 12-fachen Monatsbetrag (12 * 6.140,00 = 73.680,00 Euro) zuzüglich der nicht der bei Mandatierung im Januar 2013, sondern der bei Beendigung des Mandats im November 2013 (11 * 6.140,00 = 67.540,00 Euro) aufgelaufenen Rückstände, so dass sich aus ihrer Sicht ein Gegenstandswert in Höhe der genannten 141.220,00 Euro ergab. Auf diesen höheren Gegenstandswert sowie auch auf den Ansatz einer nunmehr 2,0 anstatt 1,5 Gebühr berief sich die Klägerin erstmals nach Mandatsbeendigung.

    Mit der vorliegenden Gebührenklage, die am 21.05.2015 rechtshängig wurde, machte die Klägerin erstinstanzlich eine Restforderung in Höhe von 9.553,79 Euro in Bezug auf die Mandate Unterhalt außergerichtlich, Zugewinnausgleich/Vermögensauseinandersetzung und Umgang geltend, während sie ihre Honorarforderung für das Eilverfahren Unterhalt in einem gesonderten Kostenfestsetzungsverfahren weiterverfolgte.

    Die Klägerin begründete ihre Berechnung des Gegenstandswerts für die Geschäftsgebühr für das Unterhaltsmandat damit, dass bei sämtlichen wiederkehrenden Leistungen fällige Beträge hinzugerechnet würden. Zahle etwa ein Mieter die laufende Miete nicht, erhöhe sich damit auch der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit.

    Die Klägerin war zudem der Auffassung, dass es sich um eine umfangreiche und schwierige Angelegenheit gehandelt habe, so dass der Ansatz einer 2,0 Gebühr angemessen sei.

    Die Klägerin berief sich in diesem Zusammenhang auf das von ihr verfasste Schriftgut nebst angefertigter Verlaufsprotokolle und Gesprächsvermerke. Bereits aus der überdurchschnittlichen Anzahl der Schriftsätze ergebe sich der Umfang des Mandats. Auf die im der Akte beiliegenden Aktenordner eingehefteten Handaktenauszüge und die Paraphrasierung im Schriftsatz vom 06.09.2015 wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

    Die Klägerin beantragte erstinstanzlich nach erfolgter Teilrücknahme über den unstreitig auf einem Abrechnungsfehler beruhenden Teilbetrag für das Unterhaltsmandat von 203,73 Euro,

    den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 9.350,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.05.2015 zu zahlen.

    Der Beklagte beantragte,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte nahm für den Trennungs- und Kindesunterhalt einen Gegenstandswert von lediglich 73.680,00 Euro an, mithin ohne Berücksichtigung der bis November entstandenen Rückstände. Gegenstand des Mandats sei überdies nur die über die freiwilligen Zahlungen hinausgehende Mehrforderung seiner getrennt lebenden Ehefrau von 2.600,00 Euro monatlich gewesen.

    Der Beklagte akzeptierte einen Ansatz von 1,5 für die Geschäftsgebühr bezüglich des Unterhaltsmandats, nicht aber die weitergehende Erhöhung auf 2,0.

    Hierbei ging er davon aus, dass die Klägerin sich durch die Zugrundelegung eines Ansatzes von 1,5 in dem als Rechnung auszulegenden Schreiben vom 26.03.2013 auf die niedrigere Gebühr festgelegt habe. Eine nachträgliche Erhöhung komme mangels der Erklärung eines Vorbehalts nicht in Betracht.

    Hilfsweise sei anzunehmen, dass es sich um eine weder umfangreiche noch schwierige Angelegenheit gehandelt habe. Dies ergebe sich daraus, dass die Klägerin nur von März bis November 2013 mit der Angelegenheit beschäftigt gewesen sei. Der Beklagte bestritt darüber hinaus die von der Klägerin vorgelegten Aktenvermerke und die dazugehörigen Datumsangaben.

    Die Klägerin nahm replizierend den Standpunkt ein, dass sie das ihr zustehende Ermessen nicht vor Abrechnung der 2,0 Geschäftsgebühr verbraucht habe. Die Zahlungsaufforderung vom 26.03.2013 habe keine Rechnung, sondern ausdrücklich eine reine Kostenaufstellung dargestellt, wobei im Begleitschreiben klargestellt worden sei, dass es sich um eine bloße Vorschussforderung gehandelt habe. Dass diese im Büro als Rechnung gebucht werden müsse, entspreche steuerrechtlichen Vorgaben. Die Klägerin sei, wie sich aus § 8 Abs. 1 RVG ergebe, zu diesem Zeitpunkt auch gar nicht berechtigt gewesen, ihre Dienste in Rechnung zu stellen, weil die Angelegenheit noch nicht beendet gewesen sei. Darüber hinaus sei anerkannt, dass eine Gebührenbestimmung ausnahmsweise dann keine Bindungswirkung entfalte, wenn sich hiernach weitere Tätigkeiten anschlössen, welche bei der Berechnung nicht hätten berücksichtigt werden können. Dies sei hier der Fall gewesen, zumal der Beklagte bei Berechnung des Vorschusses gewusst habe, dass die Klägerin ihre wesentliche Tätigkeit noch erbringen werde.

    Mit Urteil vom 26.04.2016 hat das Landgericht den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.403,21 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen verurteilt. Das Landgericht hat die Kosten zu 85 % der Klägerin auferlegt und das Urteil gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

    Das Landgericht ist bei der Berechnung der Geschäftsgebühr für das Unterhaltsverfahren von einem Ansatz in Höhe von 1,5 ausgegangen. Es spreche vieles dafür, dass die „Kostenaufstellung“ vom 26.03.2013 bereits eine Rechnung dargestellt habe, durch deren Übersendung das im Rahmen von § 14 RVG eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Höhe der verdienten Rahmengebühr verbraucht worden sei. Jedenfalls habe sich im weiteren Verlauf ergeben, dass dieser Betrag als Schlussrechnung gedacht gewesen sei. Spätestens zum Zeitpunkt der Erörterung der Berechtigung der zuvor am 18.11.2013 noch einmal aufgestellten Honorarforderungen in der Email vom 05.12.2013 habe sich die Klägerin eine Nachforderung bzw. Neuberechnung vorbehalten müssen, was indessen versäumt worden sei. Nichts anderes ergebe sich aus der Email vom 05.12.2013, der nicht zu entnehmen sei, dass die bisher in Rechnung gestellten Beträge nur Vorschüsse dargestellt hätten. Dadurch, dass in der Korrespondenz nunmehr alle Forderungen als abschließend bezeichnet worden seien, habe die Klägerin die Möglichkeit einer weiteren „Nachliquidation“ verloren.

    Das Landgericht hat angenommen, dass eine Präklusion nicht nur hinsichtlich der Höhe der Rahmengebühr von 1,5 statt 2,0 greife, sondern insgesamt hinsichtlich jeder Nachforderung schlechthin.

    Für das güterrechtliche Mandat hat das Landgericht der Klägerin ein in dem Verurteilungsbetrag resultierendes restliches Honorar über einen Teilbetrag von 1.403,21 Euro zugesprochen.

    Gegen die ihr am 12.05.2016 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 13.06.2016, einem Montag, beim Oberlandesgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Das Rechtsmittel ist innerhalb nachgelassener Frist am 19.08.2016 begründet worden.

    Die Klägerin hat die erstinstanzlich verfolgten Gebührenansprüche zunächst vollumfänglich aufrechterhalten und den erstinstanzlichen Vortrag zu allen streitigen Punkten wiederholt.

    Zur Geschäftsgebühr für das Unterhaltsmandat führt die Klägerin insbesondere aus, dass ein Rechtsanwalt keinesfalls daran gehindert sei, nach erfolgter Rechnungstellung nachzuliquidieren.

    Soweit es um die Ausübung des Ermessens hinsichtlich der Höhe der Rahmengebühr gehe, sei zu berücksichtigen, dass es sich bei Kostenaufstellung vom 26.03.2013 ausweislich des Begleitschreibens explizit lediglich um eine Vorschussrechnung gehandelt habe. Laut Kommentarliteratur gelte diese Auslegung für eine vor der Fälligkeit gestellte Rechnung allgemein. Diese könne im internen Kanzleibetrieb nicht anders, denn als Rechnung gebucht werden, weil sie umsatzsteuerrechtlich erfasst werden müsse. Bereits aus dem aus dem Schreiben hervorgehenden Leistungszeitraum ergebe sich, dass die Leistung noch nicht abgeschlossen gewesen sei, so dass der Beklagte mit einer Nachforderung habe rechnen müssen. Der Ansatz einer 1,5 Gebühr sei unerheblich. Vielmehr sei es üblich, dass Vorschüsse in Höhe der zu erwartenden gesetzlichen Gebühren verlangt würden, was keine Festlegung bedeute. Es sei weder üblich noch geboten, stattdessen einen Pauschalbetrag in Rechnung zu stellen.

    Es sei vor diesem Hintergrund nicht erforderlich gewesen, einen Vorbehalt zu erklären, da eine Vorschussrechnung immer unter dem Vorbehalt einer späteren Schlussrechnung stehe.

    Was den Gegenstandswert anbelange, stehe dieser nicht zur Disposition des Rechtsanwalts, so dass mit Erteilung einer Erstrechnung auch die spätere Zugrundelegung eines höheren Betrages nicht präkludiert werde. Den vom Landgericht erfundenen Grundsatz, dass ein Rechtsanwalt nicht nachliquidieren könne, gebe es nicht. Schließlich könne auch in dem Emailverkehr aus dem November/Dezember 2013 kein Verzicht auf die Geltendmachung weitergehender Gebühren erblickt werden.

    Hinsichtlich der von ihr angenommenen Berechnungsweise für die Ermittlung des Gegenstandswerts unter Einbeziehung der bis zur Mandatsbeendigung fällig gewordenen Unterhaltsraten nimmt die Klägerin auf die ihren Standpunkt stützende Literaturmeinung Bezug.

    Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,

    in Abänderung des Urteils des Landgerichts den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 9.353,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2015 zu zahlen.

    Nach Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer (...) zur Höhe der Rahmengebühr für die aus dem güterrechtlichen Mandat resultierende Geschäftsgebühr hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 31.10.2018 die Berufung teilweise zurückgenommen, insofern der zunächst verfolgte über das Landgerichtsurteil hinausgehende Mehrbetrag für die güterrechtliche Geschäftsgebühr fallen gelassen und lediglich noch die Geschäftsgebühr für das Unterhaltsmandat geltend gemacht wird. Sie hat demgemäß beantragt,

    in Abänderung des Urteils des Landgerichts den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.767,75 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2015 zu zahlen.

    Diesen Antrag hat die Klägerin, nachdem der Beklagte diese Formulierung gerügt hatte, am 05.09.2019 wie folgt abgeändert/präzisiert: Es werde beantragt,

    das Urteil des Landgerichts dahingehend abzuändern, dass über den zugesprochenen Betrag in Höhe von 1.403,21 Euro der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin weitere 1.767,75 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2015 zu zahlen.

    Die Klägerin beantragt des Weiteren, die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Der Beklagte ist der Auffassung, dass eine Gebührenrechnung generell den Vorbehalt einer Nachliquidation enthalten müsse, wenn der Rechtsanwalt damit rechnen müsse, dass weitere Tätigkeiten veranlasst seien.

    Die Gebührenforderung vom 26.03.2013 sei eindeutig als „Rechnung“ bezeichnet worden und sei mit einer Rechnungsnummer, einem Zahlungsziel und der konkreten Angabe der Gebührentatbestände versehen gewesen. Die Anforderung eines reinen Vorschusses hätte die Klägerin nach Auffassung des Beklagten den Vorgaben des § 10 Abs. 2 RVG entsprechend klarstellen müssen.

    Der Beklagte stellt sich im Hinblick auf die zu treffende Kostenentscheidung auf den Standpunkt, dass die Klägerin mit der Berufung über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus eine Verurteilung über zusätzlich 9.353,02 Euro und nicht – auf diese Auslegung ihres inzwischen sprachlich umformulierten Antrags stützt sich die Klägerin – lediglich über den sich ergebenden Differenzbetrag von weiteren 7.949,81 Euro, beantragt habe.

    (...)

    Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 23.01.2020 wird Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe:

    Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch in nur geringem Umfang Erfolg.

    Nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens kann die Klägerin vom Beklagten über den erstinstanzlich bereits hinsichtlich der Gebühr für das güterrechtliche Mandat zuerkannten Betrag von 1.403,21 Euro aus §§ 675, 611, 612 BGB i. V. m. den Vorschriften des RVG ein nach Abzug der erbrachten Teilzahlung noch ausstehendes Honorar für die außergerichtliche anwaltliche Tätigkeit betreffend das vom Beklagten erteilte Unterhaltsmandat in Höhe von weiteren 137,44 Euro beanspruchen.

    Die von der Klägerin verdiente Geschäftsgebühr für die Tätigkeit zur Abwehr der Unterhaltsansprüche der Ehefrau und des gemeinsamen Kindes nach Nr. 2300 VV RVG beläuft sich auf einen Betrag in Höhe von netto 1.800,00 Euro.

    Die Gebührenforderung ist im Hinblick auf die durch die Klägerin unstreitig bereits außergerichtlich erteilte, den Anforderungen aus § 10 Abs. 1, 2 RVG entsprechende ordnungsgemäße Rechnung einklagbar (zur Einordnung dieser Anspruchsvoraussetzung v. Seltmann, in: BeckOK RVG, Stand 01.12.2018, § 10 Vorbem.).

    Der Berechnung der Geschäftsgebühr hat das Landgericht zu Recht einen Ansatz von 1,5 zugrunde gelegt. Die Klägerin ist an ihre dahingehend erfolgte Leistungsbestimmung gebunden.

    Bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG obliegt dem Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Bestimmung der Höhe der Gebühr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles. Übt der Rechtsanwalt das durch die Vorschrift eingeräumte Ermessen aus, nimmt er ein Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung im Sinne von § 315 BGB wahr (BGH NJW 1987, 3203; Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 22. Auflage, § 14 Rn. 4 m. w. N.). Ist dieses Gestaltungsrecht ausgeübt worden, ist der Rechtsanwalt hieran dergestalt gebunden, dass das eingeräumte Ermessen im Hinblick auf die prinzipielle Unwiderruflichkeit der Rechtsausübung verbraucht und ihm eine nachträgliche Erhöhung der Rahmengebühr abgesehen vom Eingreifen von Irrtums- oder Täuschungstatbeständen verwehrt bleibt (ebd.; OLG Hamburg AG kompakt 2012, 86; OLG Köln AGS 2009, 525; KG NJOZ 2004, 1597). Die Leistungsbestimmung erfolgt durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Mandanten, § 14 Abs. 2 RVG. Literatur und Rechtsprechung zum allgemeinen Schuldrecht zufolge ist der Gestaltungsakt nicht formgebunden und kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen (MüKoBGB/Würdinger, 8. Auflage, § 315 Rn. 35; vgl. auch BGH NJW 1984, 612). Eine anderweitige qualifizierte Formgebundenheit ergibt sich aus dem gebührenrechtlichen Regelungszusammenhang nicht. Insbesondere unterliegt die Bestimmung der Rahmengebühr nicht den in § 10 RVG für eine ordnungsgemäße Rechnung aufgestellten Formerfordernissen, denn zum einen unterscheidet der Gesetzgeber systematisch und wortlautbezogen zwischen der Mitteilung der Berechnung in § 10 RVG und der Bestimmung der Rahmengebühr in § 14 RVG und zum anderen dienen die Anforderungen des § 10 RVG ausweislich der in Abs. 1 statuierten Klagbarkeitsvoraussetzung dem Schutz nicht des Rechtsanwalts, sondern des Mandanten. Sie können daher einem gegenüber dem Mandanten durch anderweitige, außerhalb einer förmlichen Rechnungstellung erfolgte rechtserhebliche Erklärung gesetzten Vertrauenstatbestand nicht entgegenstehen.

    Aus diesen Gründe:n muss die Bestimmung der Höhe der Rahmengebühr durch den Rechtsanwalt weder in einer ordnungsgemäßen Rechnung noch gleichzeitig mit dieser erfolgen, sondern kann ebenso im Wege einer gesonderten einseitigen, empfangsbedürftigen, auch stillschweigenden Willenserklärung vorgenommen werden, insbesondere auch nachträglich in der Weise, dass dem in einer bereits mitgeteilten, allerdings noch vorläufigen Berechnung angewendeten Gebührensatz endgültige Bedeutung verliehen wird.

    Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Klägerin bereits durch den ausdrücklichen Ansatz einer 1,5 Rahmengebühr in der „Kostenaufstellung“ vom 26.03.2013, über deren Auslegung als Vorschussanforderung oder endgültige Rechnungstellung die Parteien unterschiedlicher Auffassung sind, ihr Leistungsbestimmungsrecht ausgeübt hat. Ebenso ist nicht entscheidungserheblich, ob die auf die Aufforderung des Beklagten hin, die Klägerin möge ihm eine Gesamtaufstellung der entstandenen Kosten zukommen lassen, mit Email vom 18.11.2013 erfolgte Bezeichnung der sich aus der vorherigen „Kostenaufstellung“ ergebenden Summe als „ermitteltem Rechnungsbetrag“ für das Unterhaltsmandat unter expliziter Begründung und Rechtfertigung der Zugrundelegung einer 1,5 Gebühr zu einer entsprechenden Bindung geführt hat. Jedenfalls der nach zwischenzeitlich erfolgter Mandatsbeendigung am 19.11.2013 durch die Klägerin übersandten weiteren Email vom 05.12.2013 ist, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, die unwiderrufliche Ausübung des in § 14 Abs. 1 RVG eingeräumten Ermessens im Wege der Auslegung zu entnehmen.

    Die Tatsache, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht, jedenfalls nicht explizit, eine Schlussrechnung im Sinne von § 10 RVG erteilt hatte, steht dieser Annahme nicht entgegen. Ob die „Kostenaufstellung“ von 26.03.2013 als Schlussrechnung auszulegen ist oder ihr durch nachträgliche Willenserklärung eine solche Bedeutung verliehen wurde, kann vorliegend offen bleiben. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass eine Ermessensbindung frühestens mit Erteilung einer Schlussrechnung nach Mandatsbeendigung erfolgen kann, wird dem nicht gefolgt. Sein Leistungsbestimmungsrecht kann der Rechtsanwalt bereits vor Übersendung einer förmlichen Schlussrechnung ausüben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn, wie vorliegend, das Mandat bereits beendet ist (vgl. zur weitergehenden Annahme einer Bindung auch in Bezug auf die Erteilung einer als Vorschussanforderung auszulegenden „Rechnung“ kurz vor Beendigung des Mandats und nach Erbringung sämtlicher rechtsanwaltlicher Tätigkeiten OLG Köln AGS 2009, 525), da es sich hierbei, wie ausgeführt, um eine gesonderte, von den Formvorschriften des § 10 RVG unabhängige Willenserklärung handelt und bereits vor Mitteilung der Schlussrechnung ein schützenswertes Vertrauen in die Höhe der festzusetzenden Rahmengebühr geschaffen worden sein kann. Für die Möglichkeit einer Bindung vor Erteilung der Schlussrechnung spricht auch die Vermeidung von Rechtsunsicherheiten, zu denen es im Einzelfall kommen könnte, wenn bei einem Mandanten der Eindruck entstünde, dass der Rechtsanwalt die Rahmengebühr noch nachträglich, lange nach Beendigung des Mandats nicht aus sachlichen Erwägungen, sondern im Hinblick auf ein inzwischen entstandenes Zerwürfnis erhöht hätte.

    Maßgeblich für die Auslegung jedenfalls der Ausführungen der Klägerin in der Email vom 05.12.2013 als Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts ist, dass der Empfängerhorizont durch den folgenden Kontext geprägt war: Am 05.12.2013 war das Mandat bereits durch den Beklagten gekündigt worden, so dass keine weiteren anwaltlichen Dienstleistungen mehr zu erbringen waren und abschließend überblickt werden konnte, mit welchen rechtlichen und tatsächlichen Anforderungen und welchem Aufwand das Mandat verbunden gewesen war. Hinzu kommt, dass der Beklagte die Klägerin zuvor ausdrücklich aufgefordert hatte, eine Gesamtaufstellung der Kosten vorzunehmen, so dass die Klägerin wissen musste, dass der Beklagte darauf bedacht war, eine Aussage zum Gebührensatz zu erhalten, die er als endgültig betrachten und auf die er vertrauen wollte. Diese Erwartungshaltung einer Endgültigkeit war jedenfalls dadurch zum Ausdruck gebracht worden, dass der Beklagte das Mandat am Tag nach Erhalt dieser Aufstellung am 18.11.2013 gekündigt hatte. Spätestens jetzt musste die Klägerin wissen, dass der Beklagte angesichts der zu Tage getretenen Interessenlage jede weitere ihrer Äußerungen darauf abklopfen würde, ob noch weitere Nachforderungen auf ihn zukommen würden.

    Indessen enthielt die daraufhin übersandte Email keinerlei Anhaltspunkte, die einem objektiven Dritten dazu Anlass gegeben hätten, mit einer späteren Neuberechnung hinsichtlich des Gebührensatzes zu rechnen.

    Die Klägerin hatte vielmehr bereits in der dem Beklagten zugegangenen Email vom 18.11.2013 noch einmal den zuvor nach der für eine gesetzliche Gebühr vorgeschriebenen Berechnungsweise ermittelten Betrag in Höhe von 2.028,36 Euro vom 26.03.2013 zum Unterhaltsmandat genannt, womit auf den zuvor gewählten Satz von 1,5 Bezug genommen worden war, und diesen Betrag nunmehr ausdrücklich als „Rechnungsbetrag“ bezeichnet. Darüber hinaus hatte sie die Wahl eines Gebührensatzes von 1,5 in der genannten Email sogar ausdrücklich angesprochen, als im Verhältnis zur Abrechnungspraxis der Rechtsanwaltskollegen besonders günstig dargestellt, was für die Verlautbarung einer generellen Handhabung in der eigenen Kanzlei und damit eine bewusste Festlegung sprach, und die Berechnung überdies damit gerechtfertigt, dass „sehr viel Arbeit“ in die Angelegenheit gesteckt worden sei, was ein objektiver Dritter dahingehend aufzufassen hatte, dass die Klägerin sich ein Bild von Umfang und Schwierigkeit des Mandats bereits gebildet hatte.

    Wenn die Klägerin in der Folge in ihren Ausführungen vom 05.12.2013 die Rechnung zum Unterhaltsmandat gar nicht erwähnte, sondern umgekehrt eine Nachberechnung ausdrücklich nur für die Berechnung der Geschäftsgebühr zu Güterrecht/Vermögensauseinandersetzung in Aussicht stellte, hinsichtlich derer ein „Vorbehalt der Nachliquidation“ erklärt worden sei, und abschließend formulierte, dass sie in dem separaten Unterhaltsmandat betreffend das gerichtliche Eilverfahren Kostenfestsetzung beantragen und in Bezug auf die „offenen Rechnungen Güterrecht und Umgang“ Klage erheben werde, dann ergab sich für einen objektiven Empfänger im Umkehrschluss endgültig, dass es hinsichtlich des Hauptsachemandats Unterhalt gerade bei dem zuvor am 18.11.2013 mitgeteilten „Rechnungsbetrag“ und damit dem gewählten und bereits begründeten Ansatz für die Rahmengebühr sein Bewenden haben sollte.

    Mit ihrer Auffassung, dass der der Berechnung der Geschäftsgebühr zugrunde zu legende Gegenstandswert gegenüber dem vom Landgericht angenommenen Betrag von 63.000,00 Euro anzuheben sei, dringt die Klägerin teilweise durch.

    An der Geltendmachung eines höheren Gegenstandswerts ist die Klägerin entgegen der Ansicht des Landgerichts weder aufgrund der „Kostenaufstellung“ vom 26.03.2013, noch im Hinblick auf den unmittelbar vor und nach der Mandatskündigung geführten Schriftverkehr der Parteien gehindert.

    Den in diesem Zusammenhang getätigten Erklärungen ist keine dahingehende Bindungswirkung zu entnehmen.

    Zwar kann der Rechtsanwalt seine Vergütung nach § 10 Abs. 1 S. 1 RVG nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern, wobei Abs. 2 dieser Vorschrift ihm konkrete Vorgaben hinsichtlich der Bestimmtheit und Nachvollziehbarkeit der Gebührenberechnung auferlegt. Es handelt sich hierbei allerdings nur um formelle Voraussetzungen für die Geltendmachung der anwaltlichen Honorarforderung, deren Nichteinhaltung sich insbesondere im fehlenden Eintritt von Fälligkeit und in dessen Folge Schuldnerverzug auswirkt (vgl. Burhoff, in: Meyer/Schmidt, RVG, 22. Auflage, § 10 Rn. 29 ff.). Die für das Zahlungsverlangen erforderlichen formellen Angaben entfalten hingegen keine Bindungswirkung im Hinblick auf die materiell-rechtliche Höhe der dem Rechtsanwalt zustehenden Gebühren, deren Ermittlung im Falle der Klageerhebung bzw. Kostenfestsetzung vielmehr in vollem Umfang der überprüfenden Gesetzesanwendung durch den Richter bzw. Kostenbeamten obliegt. Daraus folgt, dass auch eine unrichtige Berechnung fälligkeitsbegründend ist (BGH NJW 2007, 2332; OLG Düsseldorf AGS 2008, 432) und es dem Rechtsanwalt insbesondere unbenommen bleibt, nach der Übersendung der Rechnung nachzuberechnen, Mehrforderungen anzumelden und zum Beispiel auch eine übersehene Gebühr zu verlangen (Burhoff, a.a.O., Rn. 32; Mayer, in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Auflage, § 10 Rn. 38; vgl. OLG Düsseldorf MDR 2011, 760).

    Wenn wie im vorliegenden Verfahren erörtert anderes hinsichtlich der Bindung des Rechtsanwalts an die einmal festgesetzte Höhe der Rahmengebühr nach § 14 RVG angenommen wird, dann handelt es sich um eine Ausnahme von diesem Grundsatz, die der Qualifizierung der Festsetzung der Rahmengebühr als Gestaltungsakt im Sinne der Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechts nach § 315 BGB geschuldet ist (Burhoff, a.a.O., Rn. 33; Mayer, in: Mayer/Kroiß, a.a.O., Rn. 39).

    Soweit das OLG Brandenburg demgegenüber eine Bindung des Rechtsanwalts auch an einen einmal in die Berechnung eingestellten Gegenstandswert angenommen hat (OLG Brandenburg, AGS 2009, 315, Rz. 53), liegt dem ein falsches Verständnis einer Passage im Kommentar von Hartmann zugrunde, wonach der Rechtsanwalt bei Festsetzung der Rahmengebühr nach § 14 RVG auch an einen gleichzeitig zu ermittelnden Gegenstandswert gebunden sei (Hartmann, Kostengesetze, 41. Auflage, § 14 RVG Rn. 12). Gemeint ist hier aber der Fall, dass es sich nicht um den Regelfall eines aufgrund Gesetzesanwendung feststehenden und durch das Gericht zu ermittelnden Gegenstandswerts, sondern die Sonderkonstellation des vom Rechtsanwalt nach billigem Ermessen zu bestimmenden Werts handelt (vgl. den in der zitierten Kommentarpassage genannten § 23 Abs. 2 S. 2 RVG i. V. m. § 23 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 2 RVG).

    Eine weitergehende, über die Verbindlichkeit der dem Rechtsanwalt obliegenden und vom Mandanten erwarteten Leistungsbestimmung durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung hinsichtlich der Höhe der Rahmengebühr hinausreichende Bindung auch an die sonstigen Parameter der Honorarberechnung setzt den Abschluss eines Erlassvertrages nach § 397 BGB zwischen Rechtsanwalt und Mandant voraus (BGH NJW 2013, 3102). Eine entsprechende Auslegung der im Zusammenhang mit einer anwaltlichen Gebührenabrechnung getätigten Parteierklärungen ist jedoch mit Blick auf eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegungspraxis strengen Anforderungen unterworfen. Zum einen ist anerkannt, dass wie auch in Bezug auf andere Berufsstände mit Ausnahme des einer gesonderten Vertrauensschutzrechtsprechung unterliegenden Architektenberufs (Staudinger/Löwisch, BGB, Neubearbeitung 2017, § 397 Rn. 129 f.) weder eine als endgültig deklarierten Schlussrechnung eines Rechtsanwalts (vgl. obiter dictum in einem Architektenfall BGH NJW 1993, 659; BeckOKBGB/Dennhardt, 52. Auflage, § 397 Rn. 15) noch die gerichtlichen Einklagung eines geringeren Honorars (BGH NJW 1997, 3019) als Angebot auf den Abschluss eines Erlassvertrags ausgelegt werden kann.

    Selbst wenn den Erklärungen des Rechtsanwalts Anhaltspunkte für die Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Erlassvertrags zu entnehmen sind, ist ein unzweideutiges Verhalten zu verlangen (BGH NJW 2013, 3102), das keinen Zweifel an dem Verzichtswillen aufkommen lässt (MüKoBGB/Schlüter, 8. Auflagen, § 397 Rn. 2 f.). Verbleiben Zweifel, ist gegen die Annahme des auf eine einseitige Rechtsaufgabe gerichteten Willens zu entscheiden (MüKoBGB/Schlüter, ebd., Rn. 3). Zurückhaltung ist vor allem geboten, wenn es um den Erlass eines Rechts geht, das dem Gläubiger zum Zeitpunkt des vermeintlichen Erlasses unbekannt ist, da in aller Regel davon ausgegangen werden kann, dass auf unbekannte Rechte nicht verzichtet werden soll. Gerade insoweit gelten vielmehr „strengste Deutlichkeitsanforderungen“ (BeckOKBGB/Paffenholz, Stand 01.01.2020, § 397 Rn. 58).

    Nach diesen Grundsätzen kann in der „Kostenaufstellung“ vom 26.03.2013 kein Angebot zum Abschluss eines Erlassvertrages gesehen werden. Gleiches für die von der Klägerin am 18.11.2013 und am 05.12.2013 aufgesetzten Emails, so dass offen bleiben kann, ob der Beklagte ein solches Angebot überhaupt angenommen hätte, wozu nichts vorgetragen ist. Weder der Bezeichnung der errechneten Geschäftsgebühr als „Rechnungsbetrag“ am 18.11.2013 noch der Ankündigung, dass die übrigen Gebühren, nicht aber die Geschäftsgebühr für das Unterhaltsmandat gerichtlich eingeklagt werden würden, kann zweifelsfrei der Wille der Klägerin entnommen werden, dass einseitig auf jede weitergehenden Rechte verzichtet werden sollte, zumal den Ausführungen auch kein Motiv für ein diesbezügliches Entgegenkommen zu entnehmen ist. Dagegen, dass auf eine Nachberechnung hinsichtlich der Ermittlung des Gegenstandeswerts verzichtet werden sollte, spricht insbesondere der Umstand, dass diese Thematik bis zu diesem Zeitpunkt von den Parteien gar nicht erörtert worden war und auch nicht ersichtlich ist, dass der Klägerin die einschlägige Problematik damals überhaupt bewusst war. Die besonders strengen Voraussetzungen, unter denen der Wille zum Verzicht auf eine der Klägerin unbekannte Rechtsposition angenommen werden könnte, liegen indessen nicht vor.

    Als Gegenstandswert für die Geschäftsgebühr ist ein Betrag in Höhe von 78.220,00 Euro in die Berechnung einzustellen.

    Rechtsgrundlage für die Bemessung des Gegenstandswerts ist § 23 Abs. 1 S. 3 RVG i. V. m. § 51 FamGKG. Nach der erstgenannten Norm bestimmt sich der Wert einer Gebühr für eine außergerichtliche Tätigkeit nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften, wenn der Gegenstand der Tätigkeit des Rechtsanwalts auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. Nach dieser Maßgabe ist vorliegend auf § 51 FamGKG zurückzugreifen, denn nach dieser Vorschrift wäre der Verfahrenswert für ein zwischen dem Beklagten und seiner getrennt lebenden Ehefrau geführtes familiengerichtliches Unterhaltsverfahren zu bestimmen gewesen, wenn die anwaltliche Tätigkeit sich nicht bereits außergerichtlich erledigt hätte.

    Nach § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG ist in Familienstreitsachen betreffend Unterhaltsverpflichtungen auf wiederkehrende Leistungen der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung des Klageantrags geforderte Betrag maßgeblich, höchstens jedoch der Gesamtbetrag der geforderten Leistung.

    § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG sieht in Bezug auf rückständigen Unterhalt des Weiteren vor, dass die bei Einreichung des Klageantrags fälligen Beträge zu dem Wert der wiederkehrenden Leistung hinzuzurechnen sind.

    Die zitierte Gesetzesnorm, die zum 01.09.2009 in Kraft getreten ist, geht auf § 42 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 S. 1 GKG in der seit dem 01.07.2004 geltenden Fassung zurück. Die Vorgängernorm regelte vor der gesonderten Regelung der Familienstreitsachen in FamFG und FamGKG als Sammeltatbestand die Wertbemessung für eine Reihe von zivil-, arbeits- und öffentlich-rechtlichen Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen, unter anderem betreffend die gesetzliche Unterhaltspflicht, wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis und deliktische Renten wegen Tötung, Körperverletzung oder ähnlicher deliktischer Handlungen.

    Die entsprechende Anwendung von § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG führt vorliegend zum Ansatz zunächst des zwölffachen Betrages des von der Ehefrau des Beklagten verlangten monatlichen Ehegatten- und Kindesunterhalts, mithin einer Summe von 12 * 6.140,00 = 73.680,00 Euro.

    Der Ansicht des Beklagten, wonach die Beauftragung der Klägerin lediglich der Abwehr des über die von ihm freiwillig erbrachten Zahlungen hinaus verlangten Spitzenbetrags gegolten habe, so dass lediglich von monatlich 6.140,00 – 1.600,00 = 4.540,00 Euro auszugehen sei, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr war Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit das den insgesamt geltend gemachten Unterhalt betreffende Titulierungsinteresse der Ehefrau des Beklagten (N. Schneider, in: Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Auflage, § 51 Rn. 166 m. w. N.).

    Die Addition eines weiteren Betrages für den bei Mandatierung am 30.01.2013 fälligen rückständigen Unterhalt für Januar 2013 von 6.140,00 – 1.600 = 4.540,00 Euro ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung von § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG.

    Während die Zugrundelegung von § 51 FamGKG für die Bemessung des Gegenstandswerts der außergerichtlichen Tätigkeit eines mit einem Unterhaltsmandat betrauten Rechtsanwalts außer Streit steht, gehen die Ansichten darüber auseinander, auf welchen konkreten Zeitpunkt sich im Rahmen der entsprechenden Anwendung die Berücksichtigung der fälligen Unterhaltsbeträge nach § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG zu beziehen hat.

    Einer vom OLG Nürnberg (AGS 2002, 232) für die Wahrnehmung eines außergerichtlichen Mandats betreffend eine deliktische Unfallrente im Sinne von § 17 Abs. 2 S. 1 , Abs. 4 GKG in der Fassung des Kostenrechtsänderungsgesetzes vom 24.06.1994 (entspricht § 42 Abs. 2, 5 GKG in der Fassung vom 01.07.2004, außer Kraft getreten zum 31.07.2013, mit der Folge der insoweit erfolgenden Anwendung von § 9 ZPO auch auf den Gebührenstreitwert) vertretenen Auffassung entsprechend, die im Schrifttum zum Teil auch in Bezug auf die Bewertung von gesetzlichen Unterhaltsansprüchen vertreten wird (N. Schneider, AGS 2004, 58; ders. in: Schulz/Hauß, Familienrecht, 3. Auflage, 2018, Schwerpunktbeitrag 9, Rn. 78; ders. NJW-Spezial 2009, 123; Gerold/Schmidt/von Eicken-Madert, BRAGO, 14. Auflage, § 8 Rn. 15), soll für die Berechnung der fälligen Unterhaltsbeträge der Zeitpunkt der Beendigung des anwaltlichen Auftrags maßgebend sein. Diese Rechtsauffassung, auf welche sich vorliegend die Klägerin beruft, hätte zur Folge, dass zum Zwölfmonatsbetrag nach § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG die zwischen Januar 2013 und der Mandatskündigung am 19.11.2013 fällig gewordenen Unterhaltsraten in Höhe von monatlich 6.140,00 Euro hinzu zu addieren wären, allerdings, was die klägerische Aufstellung unbeachtet lässt, abzüglich der vom Beklagten bis dahin erbrachten Zahlungen von 1.600,00 Euro monatlich.

    Eine Gegenauffassung wendet sich gegen die Berücksichtigung auch der bis zur Mandatsbeendigung fällig gewordenen Unterhaltsrückstände. Abgestellt wird stattdessen auf den davor liegenden Zeitpunkt der Auftragserteilung (v. Hentschell/Heinegg-Keske, Handbuch des Fachanwalts, 10. Auflage, 17. Kapital, Rn. 64) bzw. auf die erstmalige Geltendmachung der Unterhaltsansprüche im Verhältnis zur Gegenpartei (LG Stuttgart AnwBl 1978, 234; OLG Bamberg FamRZ 1996, 504; E. Schneider, Streitwertkommentar, 11. Auflage, Rn. 3899). Soweit die Orientierung an der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche im Außenverhältnis mit der entsprechenden Anwendung der für das gerichtliche Verfahren geltenden Wertvorschrift dahingehend begründet worden ist, dass es sich bei der Einforderung des Unterhalts im Außenverhältnis um diejenige vorgerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts handele, die am ehesten mit der im Verfahren die Außenwirkung zur Gegenseite begründenden Rechtshängigkeit der Klage verglichen werden könne, ist diese Variante der erwähnten Rechtsmeinung de lege lata obsolet: Während seit der erstmaligen Kodifizierung der Einbeziehung von rückständigen Beträgen bei der Bewertung wiederkehrender Leistung durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26.07.1957 in § 10a GKG a.F. , später § 13 GKG a.F., auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage abgestellt wurde, entschied sich der Gesetzgeber des Kostenrechtsänderungsgesetzes vom 24.06.1994 in § 17 Abs. 4 GKG a.F. für den bis heute maßgeblichen Zeitpunkt der „Klageeinreichung“ als Bezugszeitpunkt, worunter nach allgemeiner Auffassung die Anhängigkeit der Klage bzw. des Antrags zu verstehen ist.

    Zu folgen ist der Ansicht, wonach die entsprechende Anwendung von § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG zur Hinzurechnung nur der bei Auftragserteilung fällig gewordenen rückständigen Unterhaltsbeträge führt. Diese Auffassung verhilft dem § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG zugrunde liegenden Gesetzeszweck zur Geltung, wahrt den Rahmen einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift im Sinne von § 23 Abs. 1 S. 3 RVG und vermeidet Wertungswidersprüche im Gefüge des anwaltlichen Gebührenrechts.

    Die kostenrechtlichen Bestimmungen für die Bewertung von Unterhaltsansprüchen verfolgen den Zweck, die Beteiligten in Rechtsstreitigkeiten, deren Gegenstand in der Regel die Lebensgrundlage zumindest eines der Beteiligten betrifft und die nicht selten in belasteten Lebenssituationen geführt werden, kostenrechtlich zu privilegieren. Diese Zielsetzung lag bereits der vom Gesetzgeber des Kaiserreichs vorgenommenen Novellierung des Gerichtskostengesetzes vom 20.05.1898 zugrunde, die den Gebührenstreitwert für Unterhaltssachen, Mietstreitigkeiten und eine Reihe weiterer Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen erstmals außerhalb des ab sofort lediglich den Zuständigkeitsstreitwert regelnden § 9 ZPO regelte, und zwar nunmehr in § 9a GKG a.F. Die erhebliche Reduzierung des Wertansatzes vom zwölfeinhalbfachen bzw. fünfundzwanzigfachen Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistung in § 9 ZPO, die für den Zuständigkeitsstreitwert zur Wahrung der Revisionszuständigkeit des Reichsgerichts beibehalten wurde, auf den neuen Gebührenstreitwert des nur noch einjährigen Betrags für Unterhaltsansprüche unter Ehegatten (§ 9a Abs. 3 GKG a.F.), diente der Vermeidung „unverhältnismäßig hoher Gebührensätze“ (Schmidt, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozesse, 2. Auflage, 1906, Kommentierung zu § 9 ZPO). Einen dezidiert „sozialpolitischen Zweck“ (Wieczorek, Zivilprozeßordnung und Nebengesetze, Band I, Teil 1, Berlin 1957, § 63 Nr. 4; Lappe, Kosten in Familiensachen, 3. Auflage, 1979) bzw. „soziale Erwägungen“ (Mielke, GKG, 1965, S. 97) attestierten spätere Autoren sämtlichen, im Wesentlichen inhaltsgleichen Nachfolgevorschriften von § 9a GKG a.F., namentlich § 10 GKG in der Fassung vom 05.07.1927 und insbesondere ebenso dem erstmals auch die Einbeziehung von Rückständen vor Klageerhebung kodifizierenden § 10a GKG des novellierten bundesrepublikanischen GKG in der Fassung vom 26.07.1957. Die Annahme einer vom Gesetzgeber des GKG aus „sozialen Gründe:n“ (BGH NJW 1974, 1710; OLG Hamm AnwBl 1965, 182) geschaffenen gebührenrechtlichen Privilegierung unter anderem von Unterhaltssachen, Streitigkeiten über Schadensrenten (in geringerem Umfang, vgl. den dort zugrunde gelegten fünfjährigen statt einjährigen Betrag) und Mietprozessen, wonach entsprechende Verfahren für die Parteien „billig zu halten“ seien (OLG München NJW 1955, 308), entsprach zudem der allgemeinen Auffassung in der publizierten Judikatur zu allen Fassungen der genannten Norm.

    Der in § 51 FamGKG zum Ausdruck kommende Gesetzeszweck, „den Kostenstreitwert von Unterhaltsklagen ungeachtet der etwaigen Dauer der Zahlungspflicht aus sozialen Erwägungen in einem festen, überschaubaren Rahmen zu halten“ (OLG Frankfurt DAVorm 1984, 717), kann bei entsprechender Anwendung dieser Vorschrift auf die Ermittlung des Gegenstandswerts für die außergerichtliche Geschäftsgebühr über § 23 Abs. 1 S. 3 RVG nicht außer Acht gelassen werden. Ein Regelungsmechanismus, wonach der Gegenstandswert eines Unterhaltsmandats im Laufe der anwaltlichen Tätigkeit von Monat zu Monat automatisch ansteigen würde, so dass allein die Dauer der Auseinandersetzung zu einem nicht mehr beherrschbaren Kostenrisiko und unabhängig vom Arbeitsaufwand und der Schwierigkeit der zu erörternden Rechtsfragen zum bestimmenden Faktor für die Höhe der letztlich verdienten Gebühren werden könnte, würde der intendierten Privilegierung der Rechtssuchenden in Unterhaltssachen zuwider laufen und gerade für den sozial schwächeren Beteiligten, der nicht in allen Fällen über einen durchsetzbaren Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses verfügen muss, einen verhängnisvollen Anreiz schaffen, schneller nachzugeben und die Dinge auf sich beruhen zu lassen, bevor die verursachten Kosten weiter ansteigen.

    Soweit die Gegenansicht den Zeitablauf nach Mandatserteilung zum bestimmenden, weil einen monatlichen Vervielfältigungsfaktor für die Rückstandsberechnung einführenden Gesichtspunkt für die Ermittlung des Gegenstandswerts erheben will, ist dies in zweierlei Hinsicht problematisch. Zum einen ist für die Berechnung des Verfahrenswerts im gerichtlichen Verfahren anerkannt, dass während der zu vergütenden Tätigkeit – dem gerichtlichen Unterhaltsverfahren – fällig werdende Beträge sich gerade nicht werterhöhend auswirken, was sich ohne Weiteres daraus ergibt, dass das bloße Fälligwerden weiterer Monatsraten bei dogmatisch-streitwerttheoretischer Betrachtung mit keiner Veränderung des kostenrechtlich zu erfassenden Gegenstands einhergeht (BGH NJW 1960, 1459; KG, Beschluss v. 18.04.1955, Az. 1 W 1118/55, zit. n. juris; Wieczorek, Zivilprozeßordnung und Nebengesetze, Band I, Teil 1, Berlin 1957, S. 249). Zum anderen würde eine Wertberechnung, die maßgeblich durch die Dauer der anwaltlichen Tätigkeit geprägt würde, auch in der Systematik des Gebührenrechts des RVG zu Wertungswidersprüchen führen, da dies die Grenze zwischen den Wertgebühren, die nach § 2 Abs. 1 RVG den Regelfall darstellen, und den nur im Rahmen einer Honorarvereinbarung nach § 3a RVG zulässigen und einer Angemessenheitskontrolle unterworfenen Zeitgebühren (vgl. Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 22. Auflage, Rn. 28 f.) ein Stück weit aufweichen würde.

    Eine entsprechende Anwendung von § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG auf die außergerichtliche Tätigkeit eines Rechtsanwalts hat vielmehr mit dem LG Stuttgart (AnwBl 1978, 234) die Frage zu beantworten, in welchem außergerichtlichen Vorgang der für die Bemessung des Verfahrenswerts maßgebliche Zeitpunkt, nach heutiger Rechtslage das Anhängigwerden des Unterhaltsantrags, seine Entsprechung findet, und weiter dafür Sorge zu tragen, dass wie auch im Gerichtskostenrecht die bloße Dauer der zu bewertenden und abzugeltenden Tätigkeit keinen Einfluss auf die Höhe der zu zahlenden Gebühr hat. Diesen Vorgaben ist durch ein Abstellen auf die bei Beginn der zu vergütenden Tätigkeit mit Mandatserteilung fälligen Beträge Rechnung zu tragen.

    Die von der Gegenauffassung vorgebrachte Kritik an der Orientierung am Zeitpunkt der Mandatserteilung vermag nicht zu überzeugen.

    Bei der Annahme, es stelle einen Widerspruch dar, wenn für den Fall der mit Beendigung der außergerichtlichen Tätigkeit erfolgenden gerichtlichen Antragstellung der Gegenstandswert für die Geschäftsgebühr und der dem gerichtlichen Verfahrenswert entsprechende Wert für die Verfahrensgebühr auseinanderfielen, handelt es sich um eine unzulässig petitio principii. Dass die Gegenstandswerte von Geschäftsgebühr und Verfahrensgebühr übereinzustimmen hätten, wird außerhalb des Argumentationszusammenhangs der klägerischen Rechtsauffassung nicht vertreten. Eine Angleichung mag aus berufsständischer Perspektive unter Vereinfachungsgesichtspunkten erstrebenswert erscheinen, darf aber nicht zu Lasten des Kosteninteresses der ihre Streitigkeiten gerade außergerichtlich beilegenden und daher nicht sanktions-, sondern eher privilegierungswürdigen Beteiligten gehen. Dafür, diese genauso zu stellen, als habe die Angelegenheit in die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes gemündet (so das OLG Nürnberg, a.a.O.) gibt es keinen sachlichen Grund. Dass Geschäftsgebühr und Verfahrensgebühr jeweils unterschiedliche Gegenstandswerte zugrunde liegen können, ist in Rechtsprechung und Literatur davon abgesehen unumstritten (so etwa Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts in Zivilsachen, 9. Auflage, S. 50; KG JW 1933, 1078; OLG Frankfurt Büro 1975, 1197; Müller-Rave, in: Gerhardt, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 2. Auflage, 1999, Kap. 17, Rn. 180; Gerold/Schmidt-Madert, BRAGO, 14. Auflage 1999, § 8 Rn. 19).

    Soweit darauf verwiesen wird, dass nur durch eine Berücksichtigung laufend fällig werdender Beträge der Umstand abgegolten werden könne, dass der Rechtsanwalt lange mit dem Mandat beschäftigt gewesen sei und trotzdem nur eine Geschäftsgebühr und ggf. eine vorgerichtliche Terminsgebühr verdiene (so die referierte Rechtsmeinung der Klägerseite in der Entscheidung LG Stuttgart AnwBl 1978, 234), ist bereits ausgeführt worden, dass ein Regelungsmechanismus, wonach der Rechtsanwalt durch den reinen Zeitablauf über die Erhöhung des Gegenstandswerts automatisch zusätzliches Honorar verdienen würde, systemfremd wäre. Stellt sich der durch den Rechtsanwalt übernommene Auftrag als besonders zeitaufwendig und damit überdurchschnittlich arbeitsintensiv dar, ist dem nicht durch eine Erhöhung des Gegenstandswerts Rechnung zu tragen (vgl. Gerold/Schmidt-Madert, BRAGO, 14. Auflage, 1999, § 12 Rn. 12). Kriterium für die Bemessung des Gegenstandswerts für eine Wertgebühr ist nämlich der dem Anwalt erteilte Auftrag und damit das dahinter stehende wirtschaftliche Interesse des Mandanten und nicht der mit dem Mandat verbundene Arbeitsaufwand. Dessen Abgeltung erfolgt stattdessen über die Festsetzung der Rahmengebühr nach § 14 RVG (Fraunholz, in: Riedel/Sußbauer, BRAGO, 8. Auflage, München 2000, § 7 Rn. 4). Dass der Aufwand der gerichtlichen bzw. anwaltlichen Tätigkeit Eingang in die Bemessung des Werts findet, wie es etwa bei der Anwendung von § 45 Abs. 3 FamGKG durch die Rechtspraxis der Fall ist, stellt im Kostenrecht die Ausnahme und nicht die Regel dar, wobei für eine solche Handhabung für die Berechnung rechtsanwaltlicher Rahmengebühren, bei denen es dann zu einer Doppelberücksichtigung des Arbeitsumfangs einerseits über den Gegenstandswert und andererseits über den Gebührensatz kommen könnte, kein Anlass besteht.

    Ein Grundsatz dergestalt, dass die Tätigkeit des Rechtsanwalts umso höher zu vergüten wäre, je länger ein Mandat andauert, kann speziell für das Unterhaltsrecht keine Zustimmung finden, weil es gerade hier häufig vorkommt, dass Mandate über längere Zeiträume ruhen, ohne dass eine anwaltliche Tätigkeit erbracht wird, zum Beispiel weil die Klärung anderweitiger Scheidungsfolgen abgewartet oder die Ehegatten einen Versöhnungsversuch unternehmen.

    Nicht überzeugen kann die Bezugnahme der Gegenansicht auf das Fehlen einer mit § 34 FamGKG vergleichbaren Vorschrift im RVG. Dass das anwaltliche Gebührenrecht keine Bestimmung kenne, die wie § 34 FamGKG für die Wertbemessung auf die Einleitung des Verfahrens bzw. den Beginn der ausgeübten Tätigkeit Bezug nehme (so N. Schneider, NJW-Spezial 2009, 123), ist nicht nur mit Blick auf die von § 23 Abs. 1 S. 3 RVG gerade vorgegebene entsprechende Anwendung der Bestimmungen des GKG bzw. FamGKG für die Ermittlung der gerichtlichen Verfahrenswerte unerheblich, sondern darüber hinaus auch missverständlich. Auch hinsichtlich der Ermittlung des Gegenstandswerts eines anwaltlichen Mandats ist nämlich nach allgemeiner Auffassung der Zeitpunkt der Mandatserteilung zugrunde zu legen (Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 23. Auflage, § 2 Rn. 19; Hillach/Rohs, a.a.O., S. 82; Hartmann, Kostengesetze, 41. Auflage, § 2 RVG, Rn. 4 f.). Zwar herrscht im Gebührenrecht des RVG anders als im Gerichtskostenrecht, welches mit der Prämisse arbeitet, dass Nachberechnungen nach Möglichkeit zu vermeiden seien (Meyer, GKG, 13. Auflage, § 40 Rn. 2; Binz/Dörndörfer, GKG, 4. Auflage, § 40 Rn. 1), eine im Vergleich größere Flexibilität gegenüber Wertänderungen nach diesem Zeitpunkt. Diese bezieht sich indessen darauf, dass sich entweder der Gegenstand der Tätigkeit ändert oder der bereits der Auftragserteilung zugrunde liegende Gegenstand seinen Wert verändert – angeführt wird hierzu in der Kommentarliteratur die Fallgestaltung, dass ein Wertpapier nach Mandatserteilung seinen Kurs ändert (Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 23. Auflage, § 2 Rn. 20). Hieraus rechtfertigt sich allerdings nicht die werterhöhende Berücksichtigung von nach der Mandatierung anfallenden weiteren Unterhaltsraten, denn es handelt sich insoweit weder um einen neuen Streitgegenstand noch um eine Neubewertung eines bereits bekannten Gegenstands. Vielmehr waren alle Parameter der Wertbemessung in diesem Fall schon bei Beauftragung bekannt und das Fälligwerden der weiteren Raten stellte eine zu Beginn vorauszusehende Entwicklung dar, die in die naturgemäß in die Zukunft gerichtete Bewertung eines Rechts auf wiederkehrende Leistung im Sinne von § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG bereits eingepreist werden konnte und wurde.

    Hier zeigt sich, dass die Gegenmeinung den Wirkungszusammenhang zwischen § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG und § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG nicht ausreichend in die Überlegungen einbezieht. Die Berücksichtigung auch der bei Rechtshängigkeit bzw. heute bei Anhängigkeit fälligen Rückstände im Rahmen der Ermittlung des Gegenstandswerts fand mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz von 1957 Eingang in den damaligen § 10a GKG, entsprach aber bereits in der Zeit davor der ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Lehre (OLG Celle NJW 1952, 1221; Wieczorek, Zivilprozeßordnung und Nebengesetze, Band I, Teil 1, Berlin 1957, § 63 Nr. 4). So hatte das Reichsgericht noch vor Einführung des BGB im Jahr 1887 entschieden, dass § 9 ZPO a.F. nur die zukünftigen wiederkehrenden Leistungen ab Klageerhebung erfasse, während die bis dahin angesammelten Rückstände gesondert zu bewerten und zu dem nach § 9 ZPO ermittelten Betrag hinzu zu addieren sei. Diese Annahme beruhte auf der einfachen Überlegung, dass es sich hinsichtlich der Rückstände um einen in § 9 ZPO nicht erwähnten und daher nicht mitgeregelten weiteren Streitgegenstand handele, und zwar in Gestalt einer schlicht nach allgemeinen Grundsätzen zu bewertende bezifferten Geldforderung (RGZ 19, 416).

    Der hiermit umrissene Regelungszweck von § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG, als subsidiäre Vorschrift einen nicht bereits anderweitig mitumfassten Gegenstand einer Auffangbewertung zuzuführen, muss bei der entsprechenden Anwendung im Rahmen von § 23 Abs. 1 S. 3 RVG beachtet werden. Bezieht man die Bewertung des Rechts auf wiederkehrende zukünftige Leistung auf den Zeitpunkt der Auftragserteilung an den Rechtsanwalt – ein anderer Stichtag lässt sich für die entsprechende Anwendung von § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG nach den obigen Ausführungen zum grundsätzlichen Zeitpunkt der Wertermittlung im anwaltlichen Gebührenrecht schwerlich rechtfertigen – umfasst die Bewertung der wiederkehrenden Leistungen bereits sämtliche während der Mandatsausübung in der Folge fällig werdenden Monatsraten. Für ihre Berücksichtigung als Rückstandsbeträge über den subsidiären § 51 Abs. 2 S. 1 FamGKG ist dann kein Raum mehr. Die letztgenannte Norm bezieht sich ihrer Stellung entsprechend vielmehr auf das, was zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht bereits anderweitig bewertet werden kann, nämlich die zu Beginn des Mandats fälligen Rückstände, die keine wiederkehrende Leistung im Sinne von § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG darstellen.

    Der Auffassung, dass die Berücksichtigung der laufend fällig werdenden Beträge sich daraus rechtfertige, dass die Beteiligten es im familiengerichtlichen Verfahren nicht in der Hand hätten, „wie schnell oder langsam das Gericht“ arbeite, während sie die Dauer ihrer außergerichtlichen Verhandlungen demgegenüber gestalterisch beeinflussen könnten und es demgemäß dem Zweck der Wertbemessung entspreche, die Parteien zu einer zügigen und kostensparenden außergerichtlichen Erledigung anzuhalten (OLG Nürnberg, a.a.O.; N. Schneider, NJW-Spezial 2009, a.a.O.), stellt bei Lichte betrachtet den durchaus bemerkenswerten Vorschlag einer Umkehrung des mit § 51 FamGKG verbundenen Gesetzeszwecks in sein Gegenteil dar. Ein solches Verständnis der Norm wäre mit der Vorgabe einer entsprechenden Anwendung der für das gerichtliche Verfahren geltenden Wertvorschriften auf die Ermittlung der Gegenstandswerte nach dem RVG nicht mehr in Einklang zu bringen. Der mit dieser Argumentation erdachte Grundsatz eines „pädagogischen Einigungsdrucks durch Kostenexplosion“ will sich nicht recht unter die Paradigmen des Kostenrechts einfügen, würde das Ziel, die auf die Beteiligten in Unterhaltssachen zukommenden Kosten in einem „festen, überschaubaren Rahmen zu halten“ (OLG Frankfurt DAVorm 1984, 717), aufgeben und gerade dem Beteiligten einen Vorteil verschaffen, der den längeren Atem hat, während der sozial schwächere Beteiligte einen beständig wachsenden Einigungsdruck verspüren würde, zumal ein schnell erzieltes Ergebnis nicht zwangsläufig ein gerechteres darstellt. Überdies wären die Beteiligten etwa im Scheidungsverbundverfahren versucht, die Folgesachen entgegen dem Primat der außergerichtlichen Streitbeilegung möglichst schnell mit im Verbund anhängig zu machen, um zu vermeiden, dass auch im Fall einer späteren Einigung die Geschäftsgebühr eines mitunter jahrelang parallel zum Scheidungsverbund ruhenden Unterhaltsmandats zu nicht mehr im Verhältnis zum tatsächlichen Aufwand stehenden Kosten führen würde. Soweit vertreten wird, dass die Beteiligten es nicht in der Hand hätten, eine Verzögerung der Fallbearbeitung durch das Gericht zu vermeiden, während außergerichtliche Verzögerungen, die in der Sphäre der rechtsanwaltlichen Tätigkeit liegen, offenbar keine praktische Bedeutung erlangen sollen, liegt dem eine vereinfachende Sichtweise zugrunde, die zudem von der unausgesprochenen Prämisse ausgeht, dass beide außergerichtlich agierenden Beteiligten an einem Strang ziehen, auf eine möglichst baldige Beilegung der Auseinandersetzung abzielen und kein Beteiligter den anderen mit Absicht hinhält, um dessen Rechtsanwaltskosten in die Höhe zu treiben. Ein auf Obstruktion bedachter Beteiligter kann außergerichtliche Verhandlungen mindestens ebenso gut, wenn nicht besser hinauszögern als dies in einem gerichtlichen Verfahren möglich ist, wo immerhin die Möglichkeit eines streitbeendenden Eingriffs von neutraler Seite gegeben ist.

    Schließlich kann der Klägerin auch nicht darin gefolgt werden, dass es bei Außerachtlassung der nach Mandatsbeginn fällig werdenden Raten zu einer unterschiedlichen Behandlung von Unterhaltssachen im Vergleich zu auf Zahlung des Mietzinses gerichteten mietrechtlichen Angelegenheiten kommen würde, wo es der Übung entspreche, dass die Geschäftsgebühr sich aus den bei Beendigung des Mandats aufgehäuften Mietrückständen berechne.

    Die in Bezug genommenen gebührenrechtlichen Konstellationen sind indessen nur bedingt einem Vergleich zugänglich. Gegenstand eines mietrechtlichen Mandats nach Auflaufen eines Zahlungsrückstands ist in aller Regel nicht eine künftige wiederkehrende Leistung im Sinne von §§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG, 9 ZPO, sondern auf der einen Seite die Beendigung des Mietverhältnisses durch Kündigung (vgl. hierzu § 41 Abs. 1 S. 1 GKG) und auf der anderen Seite die Geltendmachung der Rückstände, bei denen es sich um keine wiederkehrende Leistung, sondern eine bezifferte Geldforderung handelt. Ist der Rechtsanwalt demgemäß mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Beendigung des Mietverhältnisses und der Beitreibung der Rückstände befasst, erhöht sich zwar der Gegenstandswert für die von ihm verdiente Geschäftsgebühr um die nach Auftragserteilung fällig gewordenen Rückstände. Grund hierfür ist jedoch, dass es sich anders als bei einem einheitlich bewerteten Recht auf wiederkehrende Leistung dann bei jeder fällig werdenden monatlichen Miete um einen neuen Streitgegenstand handelt, der bisher keinen Eingang in die Wertbemessung gefunden hatte. Aus diesem Grund erfolgt auch die Geltendmachung der während eines Kündigungsprozesses fällig gewordenen Mietzinsraten anders als im Unterhaltsverfahren durch eine fortlaufende Klageerweiterung um neu anhängig gemachte Streitgegenstände (vgl. BeckOK/von Eltmann RVG, Stadn 01.12.2018, § 2 Rn. 21).

    Die gebührenrechtliche Behandlung der wesentlich selteneren Fallgestaltung, in welcher bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 257 ff. ZPO zukünftiger Mietzins als wiederkehrende Leistung verlangt werden kann (vgl. Musielak/Voit-Foerste, ZPO, 16. Auflage, § 258, Rn. 2), ist vom BGH im Sinne einer Anwendung von § 12 Abs. 1 GKG a.F. i. V. m. § 9 ZPO auf die zukünftigen Beträge entschieden worden, während hinsichtlich der Rückstände vor „Klageerhebung“ gerade der damals auch für das Unterhaltsrecht geltende § 17 Abs. 4 GKG in der Fassung vom 24.06.1994 analoge Anwendung finden soll (BGH NZM 2004, 423). Der Hinweis der Klägerin, die Auffassung, welcher der Senat folgt, begebe sich in Widerspruch zu den mietrechtlichen Wertberechnungsgrundsätzen geht für diese Fallgestaltung angesichts der gerade umgekehrt erfolgten Orientierung der mietrechtlichen Wertberechnung an der für Unterhaltsansprüche geltenden Rechtslage auch diesbezüglich ins Leere.

    Die Bezugnahme auf die Mandatserteilung am 30.01.2013 hat zur Folge, dass zu dem Jahresbetrag des von der Ehefrau des Beklagten unstreitig im Januar 2013 erstmals im Wege eines Auskunftsbegehrens außergerichtlich geltend gemachten Trennungs- und Kindesunterhalts für die Zeit ab Februar 2013 die unter Anwendung von § 1613 Abs. 1 BGB im Januar 2013 fällig gewordenen Beträge hinzuzuaddieren sind.

    Dass die Höhe der beanspruchten Unterhaltsbeträge erst nach Ablauf des Monats Januar 2013 durch Bezifferung bekannt wurde, ist unerheblich, weil bei Bewertung einer rechtsanwaltlichen Tätigkeit auch die spätere Höhebewertung eines bereits feststehenden Streitgegenstands einzubeziehen ist (Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 23. Auflage, § 2 Rn. 20).

    Es ergibt sich ein weiterer Betrag von 6.140,00 – 1.600,00 = 4.540,00 Euro, so dass sich der Gegenstandswert insgesamt auf 12 * 6.140,00 + 4.540,00 = 78.220,00 Euro beläuft.

    Die von der Klägerin verdiente Geschäftsgebühr ist unter Rückgriff auf die sich aus § 13 Abs. 1 S. 2 RVG in der vor dem 01.08.2013 gültigen Fassung ergebenden Wertgebühren zu berechnen. Nach dem maßgeblichen Übergangsrecht in § 60 Abs. 1 S. 1 RVG ist darauf abzustellen, wann der Mandant den unbedingten Auftrag erteilt hat. Ist dies nach dem 01.08.2013 erfolgt, errechnen sich die Gebühren nach neuem Recht (vgl. mit diesem Ergebnis speziell hinsichtlich der Gebührentabelle aus § 13 RVG auch OLG München, AGS 2018, 265; OLG Hamburg MDR 2014, 1295). Ausschlaggebend für die Anwendung des alten Rechts ist vorliegend, dass der Beklagte die Klägerin bereits am 30.01.2013 mit der Wahrnehmung des Unterhaltsmandats beauftragt hat.

    Der Klägerin steht damit die folgende Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG zu:

    1,5 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG aus 78.220,00 Euro (Gebührentabelle vor dem 01.08.2013) = 1.800,00 Euro

    Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV RVG = 20,00 Euro

    Summe: 1.820,00 Euro

    + Umsatzsteuer = 2.165,80 Euro

    Abzüglich der unstreitigen Teilzahlung von 2.028,36 Euro ergibt sich ein offener Betrag in Höhe von 137,44 Euro.

    Der Anspruch auf Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen ergibt sich aus § 291 BGB. Zu verzinsen ist die Klageforderung in Abweichung von dem im Zinsausspruch nicht zur Überprüfung angefallenen landgerichtlichen Urteil und entgegen der insoweit zurückzuweisenden Berufung jedoch erst ab dem Tag nach Eintritt der Rechtshängigkeit, dem 22.05.2015 (vgl. zur Anwendung von § 187 Abs. 1 BGB im Rahmen der Verzinsung nach § 291 BGB BGH NJW-RR 1990, 518; Staudinger/Löwisch, BGB, Neubearbeitung 2019, § 291 Rn. 19).

    Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 516 Abs. 3 S. 1 ZPO, soweit das Rechtsmittel über einen Teilbetrag von 7.585,27 Euro zurückgenommen worden ist, und hinsichtlich des verbliebenen Zurückweisungsbetrages nach § 97 Abs. 1 ZPO. Soweit der Klägerin mit der Berufungsentscheidung ein weiterer Teilbetrag von 137,44 Euro zugesprochen wird, fällt dieses Teilobsiegen gegenüber dem Unterliegensbetrag von 9.215,58 Euro nur marginal ins Gewicht, so dass unter Anwendung von § 92 Abs. 2 ZPO die Verfahrenskosten vollumfänglich der Klägerin aufzuerlegen sind (vgl. zur Anwendung von § 92 Abs. 2 ZPO auf den Fall einer teilweisen Berufungsrücknahme BGH NJW 2019, 2308).

    Da durch die vorliegende Entscheidung auch das Ergebnis des landgerichtlichen Urteils wie ausgeführt betragsmäßig nur geringfügig abgeändert wird, hat es mit der entsprechenden Begründung bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung zu verbleiben.

    Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Berufungsurteils ergibt sich hinsichtlich der Vollstreckung der Klägerin aus § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO und hinsichtlich der des Beklagten aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Der Wert des Berufungsverfahrens richtet sich gemäß § 47 Abs. 1 S. 1 GKG nach dem Umfang des Rechtsmittelangriffs der Klägerin. Dieser ergibt sich aus der Auslegung des zuerst gestellten Berufungsantrags anhand des verfolgten Rechtsschutzziels und unter Einbeziehung der Berufungsbegründung (MüKoZPO/Rimmelspacher, 5. Auflage, § 520 Rn. 30; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Auflage, § 520 Rn. 28 ff.).

    Dem vom Beklagten vertretenen wörtlichen Verständnis des mit der Berufungsbegründungsschrift vom 14.08.2016 gestellten Antrags, wonach die Klägerin in der zweiten Instanz die Zahlung von weiteren 9.353,02 Euro begehrt habe, ist nicht zu folgen.

    (...)

    Der Wert des Berufungsverfahrens ist damit auf den mit dem Antrag vom 14.08.2016 gemäß der dargelegten Auslegung verfolgten Betrag von 9.353,02 – 1.403,21 = 7.949,81 Euro festzusetzen.

    Der auf Antrag der Klägerin nach § 33 Abs. 1 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die erst nach Teilrücknahme der Berufung entstandene anwaltliche Terminsgebühr hinsichtlich der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.01.2020 richtet sich nach der zu diesem Zeitpunkt noch verfolgten Restforderung in Höhe von 1.767,75 Euro.

    Die Revision war zuzulassen, soweit der Senat der klägerischen Auffassung nicht gefolgt ist, wonach der Gegenstandswert für die Geschäftsgebühr in einer Unterhaltssache unter Einbeziehung der bis zur Beendigung des Mandats fällig gewordenen Unterhaltsbeträge zu errechnen ist. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage ist höchstrichterlich nicht geklärt und wird vorliegend in Abweichung von einer im Schrifttum zur einschlägigen Norm in mehreren Standardwerken vertretenen Rechtsansicht entschieden. Sie hat im Hinblick auf die rechtsanwaltliche Abrechnungspraxis in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen Relevanz.

    Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vor, insofern der Senat eine Bindung der Klägerin an die Bestimmung einer Rahmengebühr von 1,5 angenommen hat. Das Berufungsurteil beruht diesbezüglich nicht auf der Entscheidung einer umstrittenen bzw. klärungsbedürftigen Rechtsfrage, sondern auf der einzelfallbezogenen Auslegung der wechselseitigen Erklärungen der Parteien im Hinblick auf eine Ausübung des der Klägerin zustehenden Leistungsbestimmungsrechts aus § 14 RVG i. V. m. § 315 BGB.

    Schuschke Dr. Ostermann Maruhn