OLG Frankfurt vom 17.04.2000 (1 WF 55/00)

Stichworte: Einstellung, einstweilige, Zwangsvollstreckung Rechtshängigkeit, Klage Gerichtskostenvorschuß Prozeßkostenhilfegesuch
Normenkette: ZPO 769 GKG 65 Abs. 7 Nr. 3
Orientierungssatz: Die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung (nach § 769 ZPO) setzt voraus, daß die Klage bereits rechtshängig ist oder doch zumindest zugleich mit der Zustellung des Einstellungsbeschlusses rechtshängig gemacht wird oder sonst die Voraussetzungen für eine alsbaldige Zustellung geschaffen sind (OLG Ffm., 3. Familiensenat, Beschlüsse vom 08.10.1986 - 3 WF 271/86 - und vom 23.10.1986 - 3 WF 289/86).

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familien- gericht - Dillenburg vom 08.03.2000 am 17.04.2000 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Einstellungs- antrag an das Amtsgericht - Familiengericht - Dillenburg, das auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens mit- zuentscheiden hat, zurückverwiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 1 GKG).

Beschwerdewert: 1.200,-- DM (§ 3 ZPO, §§ 1, 17 GKG).

G r ü n d e :

Beschlüsse im Verfahren nach § 769 ZPO sind nach der ständigen Rechtsprechung der Frankfurter Senate für Familiensachen mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (vgl.: Familienrechtszeitung 1982, 736, Nr. 438).

Die vorliegende Beschwerde ist danach statthaft und auch im übrigen zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 793, 577 ZPO).

In der Sache selbst sind Beschlüsse im Verfahren nach § 769 ZPO durch das Beschwerdegericht jedoch nur beschränkt nachprüfbar (ständige Senatsrechtsprechung a.a.O.): Sie können nur darauf überprüft werden, ob Gesetzesverstöße und grobe Ermessensfehler vorliegen.

Unter Anlegung dieser Maßstäbe erweist sich die vorliegende Beschwerde als begründet:

Die prozessualen Voraussetzungen für eine vorläufige Einstellung liegen nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 20.10.1995 - 1 WF 159/95 -) nicht vor. Die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung setzt voraus, daß die Klage bereits rechtshängig ist oder doch zumindest zugleich mit der Zustellung des Einstellungsbeschlusses rechtshängig gemacht wird oder sonst die Voraussetzungen für eine alsbaldige Zustellung geschaffen sind (OLG Ffm., 3. Familiensenat, Beschlüsse vom 08.10.1986 - 3 WF 271/86 - und vom 23.10.1986 - 3 WF 289/86). Letzteres ist der Fall, wenn entweder der Vorschuß eingezahlt, Prozeßkostenhilfe bewilligt oder ein Antrag nach § 65 Abs. 7 Nr. 3 GKG auf Zustellung der Klage ohne Vorschußzahlung positiv beschieden ist. Die Anhängigkeit der Klage und eines Verfahrens auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe reicht nicht aus. Darin liegt auch keine Benachteiligung der kostenarmen Partei, da sie mit der genannten Bestimmung des § 65 GKG instand gesetzt wird, auch ohne Vorschußzahlung die Rechtshängigkeit herbeizu-führen. Die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe soll der kostenarmen Partei die Rechtsver-folgung ermöglichen, sie soll jedoch nicht gegenüber der auf eigene Kosten prozessierenden Partei dahin bevorzugt werden, daß ihr das Risiko der Rechtshängigkeit mit der damit verbundenen Gefahr der Kostenerstattung im Mißerfolgsfalle erspart bliebe (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 1982, 724).

Vorliegend liegen die Voraussetzungen für die Rechtshängigkeit der Abänderungsklage noch nicht vor. Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung ist damit im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Soweit das Amtsgericht im fortgesetzten Verfahren keine Möglichkeit sieht, alsbald über das Prozeßkostenhilfegesuch zu entscheiden, bleibt dem Kläger unbenommen, die Rechtshängigkeit und damit die Voraussetzungen für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung aus den einstweiligen Anordnungen in anderer Weise herbeizuführen.

Die Entscheidung über die erfolgreiche Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 1 GKG mit Nr. 1911 ff. Kostenverzeichnis). Über die außergerichtlichen Kosten wird das Amtsgericht auf der Grundlage des endgültigen Erfolgs oder Mißerfolgs der Beschwerde zu befinden haben. Der Beschwerdewert bemißt sich nach dem vom Senat auf 1/5 geschätzten an- teiligen Wert der Hauptsache.

Juncker Noll Michalik