OLG Frankfurt vom 20.04.1999 (1 WF 46/99)

Stichworte: Kostenentscheidung, Staatskasse, Übergang, Kostenvorschuß, Ersatttung
Normenkette: GKG 5 Abs. 2, 49, BRAGO 126, 130, KV 9.007
Orientierungssatz: Zu den Voraussetzungen eines Übergangs von Ansprüchen auf die Staatskasse gemäß § 130 BRAGO.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Amtsgerichts -Familiengericht- Frankfurt am Main vom 26.11.1998 i.V.m. der Gerichtskostenrechnung des Kostenbeamten des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 14.10.1998 am 20.04.1999 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Dem Kläger sind von dem von ihm bezahlten Vorschuß weitere 609,-- DM (KV 9.007) zu erstatten.

GRÜNDE:

Der Kläger hat zusammen mit der im März 1998 eingereichten Klageschrift über 20.000,-- DM nebst Zinsen einen Gerichtskostenvorschuß in Höhe von 1.155,-- DM (drei Gebühren aus einem angenommenen Wert von 20.000,-- DM) eingezahlt. Der Beklagten ist in der Folgezeit ratenfreie Prozeßkostenhilfe zur Rechtsverteidigung bewilligt worden. Vor Terminsbestimmung hat der Kläger die Klage in Erfüllung eines dahingehenden Vergleichs (in einem Parallelverfahren vor dem 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27.7.1998, 3 UF 306/97, in dem zugleich Verzicht der Parteien auf Kostenanträge gemäß § 269 Abs. 3 ZPO vereinbart worden ist) zurückgenommen. Aus der Staatskasse sind an den der Beklagten beigeordneten Rechtsanwalt insgesamt 609,-- DM gezahlt worden.

Mit Gerichtskostenrechnung vom 14.10.1998 hat der Kostenbeamte die vom Kläger zu zahlende Gerichtsgebühr (KV 1202) mit 385,-- DM und als Auslagen (KV 9007) 609,-- DM, also die an den beigeordneten Rechtsanwalt des Prozeßgegners gezahlte Vergütung, insgesamt mithin 994,-- DM festgesetzt und den Überschußbetrag zu dem gezahlten Vorschuß von 1.155,-- DM zur Gutschrift angewiesen. Offenbar versehentlich ist mit einer Kostenrechnung vom 16.10.1998 der verlangte Betrag in Höhe des nicht verbrauchten Vorschusses nochmals vom Kläger angefordert worden.

Hiergegen hat dieser "Beschwerde" eingelegt, mit der er sich zum einen gegen die nochmalige Anforderung von Gerichtskosten ohne Berücksichtigung des gezahlten Vorschusses wendet, zum anderen in der Kostenrechnung die unter Ziff. KV 9007 angesetzte Vergütung für den gegnerischen Prozeßbevollmächtigten beanstandet. Die nochmalige Anforderung von Gerichtskosten vom Kläger ist in der Folgezeit im Verwaltungswege storniert worden. Im übrigen hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluß die als Erinnerung ausgelegte "Beschwerde" zurückgewiesen. Der Ansatz der Vergütung des gegnerischen Bevollmächtigten als Teil der Prozeßkosten sei zu Recht erfolgt.

Dagegen richtet sich die "sofortige weitere Beschwerde" des Klägers, mit der er seinen Rechtsstandpunkt weiter verfolgt.

Das Rechtsmittel ist als Beschwerde gegen den Kostenansatz gemäß § 5 Abs. 2 GKG zulässig, auch wenn es, wie hier,um die Rückforderung überzahlter Vorschüsse geht.

Die Beschwerde ist auch begründet und führt zur Änderung der beanstandeten Gerichtskostenrechnung hinsichtlich der darin enthaltenen Rechtsanwaltskosten der Gegenseite.

Der Kläger ist in dem nach Klagerücknahme ohne Kostenentscheidung beendeten Verfahren als Kostenschuldner der Instanz (§ 49 GKG) der Gerichtskasse zur Zahlung der entstandenen Gerichtskosten verpflichtet. Entstanden ist die Gebühr nach Kostenverzeichnis 1202 in Höhe einer Gerichtsgebühr, nachdem die Klage rechtzeitig im Sinne dieser Kostenvorschrift zurückgenommen worden ist. Es handelt sich dabei, wie in der angefochtenen Kostenrechnung richtig angegeben, um einen Betrag von 385,-- DM. Die weiterhin in Rechnung gestellte Position für Rechtsanwälte aus Nr. 9007 Kostenverzeichnis schuldet er dagegen nicht. Die genannte Bestimmung ist nach ihrem eindeutigen Wortlaut auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da von der danach als Gerichtskosten zu verlangenden Vergütung für Rechtsanwälte ausdrücklich die Vergütung nach dem 13. Abschnitt der BRAGO (Vergütung bei Prozeßkostenhilfe) ausgenommen ist.

Vielmehr kommt eine Inanspruchnahme des Gegners der Partei, der Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist, nur im Rahmen und im Umfang des Übergangs von Ansprüchen auf die Staatskasse gemäß § 130 BRAGO in Betracht. Es handelt sich nämlich bei der gezahlten Vergütung für Rechtsanwälte im Rahmen bewilligter Prozeßkostenhilfe nicht um Gerichtskosten, so daß die dahingehenden Vorschriften unanwendbar sind (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 27. Aufl., § 130 BRAGO Rdnr.5; Gerold/Schmidt-von Eicken, BRAGO, 12. Aufl., § 130 Rdnr.19).

Die Voraussetzungen für einen solchen Übergang liegen jedoch nicht vor. Von dem Gegner der armen Partei kann der beigeordnete Rechtsanwalt einen auf die Staatskasse übergehenden Kostenerstattungsanspruch nur im Rahmen des § 126 ZPO erlangen. Dies setzt u.a. voraus, daß der Prozeßgegner in die Prozeßkosten verurteilt worden ist, also als Entscheidungsschuldner haftet. Eine solche Kostenentscheidung im Sinne dieser Bestimmung kann zwar auch nach Rücknahme der Klage gemäß § 269 Abs. 3 ZPO ergehen. Es setzt jedoch einen dahingehenden Kostenantrag voraus, der nicht gestellt ist und nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich auch nicht gestellt werden kann. Damit entfällt die Möglichkeit eines Kostentitels, aufgrund dessen der beigeordnete Rechtsanwalt gegen den Prozeßgegner unmittelbar gemäß § 126 vorgehen könnte und der nach § 130 ZPO, sofern er seine Vergütung zur Staatskasse erhalten hat, auf diese übergeht. Anhaltspunkte für ein arglistig kollusives Zusammenwirken zu Lasten der Staatskasse, die möglicherweise eine abweichende Beurteilung zu Folgen haben könnte, sind nicht ersichtlich.

Für eine Inanspruchnahme des Klägers auf die an den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten gezahlten Gebühren im Rahmen möglicher Prozeßkostenhilfe fehlt es damit an einer Rechtsgrundlage.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt (§ 5 Abs. 6 GKG).

Juncker Michalik Carl