OLG Frankfurt vom 25.02.2009 (1 WF 44/09)

Stichworte: Prozeßkostenvorschusspflicht, Zugewinnausgleich;
Normenkette: BGB 1360a Abs. 4 S. 1
Orientierungssatz:
  • Der Zugewinnausgleichsanspruch stellt eine persönliche Angelegenheit der Antragstellerin im Sinne von § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB dar.
  • Für die Beurteilung als persönliche Angelegenheit ist es unerheblich, ob es sich um einen Ausgleichsanspruch aus noch bestehender oder um einen Ausgleichsanspruch aus beendeter Ehe handelt
  • . Dass der frühere Ehegatte nicht mehr auf Prozesskostenvorschuss in Anspruch genommen werden kann, hat seine Ursache nicht darin, dass die Forderung ihren Charakter als persönliche Angelegenheit verloren hätte, sondern allein darin, dass § 1360a Abs. 4 BGB an den Bestand der Ehe anknüpft und das nacheheliche Unterhaltsrecht auf § 1360a Abs. 4 BGB nicht verweist
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der

    hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 16. 2. 2009 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dillenburg vom 12. 2. 2009 - Nichtabhilfebeschluss vom 18. 2. 2009 am 25. Februar 2009 beschlossen :

    Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

    Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    (Die Rechtsbeschwerde ist eingelegt; Az: des BGH: XII ZB 46/09)

    Gründe:

    Die Antragstellerin, die in neuer Ehe verheiratet ist, will ihren früheren Ehemann auf Zugewinnausgleich in Anspruch nehmen. Ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage, mit der ein Betrag von 50.000 EUR eingeklagt werden soll, hat das Amtsgericht mit der Begründung zurückgewiesen, sie sei nicht prozesskostenhilfebedürftig, da sie gegen ihren jetzigen Ehemann, der als Oberarzt tätig ist und zudem erhebliche Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erzielt, einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss habe.

    Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässigen Beschwerde. Sie ist der Ansicht, dass ihr Ehemann für die beabsichtigte Klage nicht prozesskostenvorschusspflichtig sei, weil es sich bei dem verfolgten Anspruch gegen den früheren Ehemann nicht um eine persönliche Angelegenheit aus der neuen Ehe handele.

    Die Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Der Senat ist mit dem Amtsgericht der Auffassung, dass die Antragstellerin nicht prozesskostenhilfebedürftig ist, weil sie gegen ihren Ehemann einen Prozesskostenvorschussanspruch aus § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB hat.

    Der hier geltend gemachte Zugewinnausgleichsanspruch stellt eine persönliche Angelegenheit der Antragstellerin im Sinne von § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB dar. Für die Beurteilung als persönliche Angelegenheit ist es unerheblich, ob es sich um einen Ausgleichsanspruch aus noch bestehender oder um einen Ausgleichsanspruch aus beendeter Ehe handelt. Dass der frühere Ehegatte nicht mehr auf Prozesskostenvorschuss in Anspruch genommen werden kann, hat seine Ursache nicht darin, dass die Forderung ihren Charakter als persönliche Angelegenheit verloren hätte, sondern allein darin, dass § 1360a Abs. 4 BGB an den Bestand der Ehe anknüpft und das nacheheliche Unterhaltsrecht auf § 1360a Abs. 4 BGB nicht verweist. (vgl. BGH FamRZ 1984, 148).

    Dass der Zugewinnausgleichsanspruch grundsätzlich der Vorschusspflicht aus § 1360a Abs. 4 BGB unterfällt - mithin eine persönliche Angelegenheit im Sinne dieser Vorschrift ist -, bringt schon der Gesetzgeber mit der Regelung des § 621f Abs. 1 i.V.m. § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO zum Ausdruck (Vogel in Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. 2008, Rdn. 2633). Durch diese Vorschrift ist klargestellt, dass in einer Familiensache, die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht zum Gegenstand hat, durch einstweilige Anordnung die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenvorschusses geregelt werden kann. Für eine solche Regelung wäre kein Raum, wenn güterrechtliche Ansprüche wegen ihres vermögensrechtlichen Bezugs keine persönliche Angelegenheit im Sinne des § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB wären. Im Übrigen ist es völlig unbestritten, dass sich die Prozesskostenvorschusspflicht auf den güterrechtlichen Anspruch erstreckt, wenn dieser im Scheidungsverbund geltend gemacht wird (Scholz in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl. 2008, § 6 Rdn. 28a).

    Wenn damit der Zugewinnausgleichsanspruch eine persönliche Angelegenheit im Sinne von § 1360a Abs. 4 BGB ist, bleibt er dies unabhängig davon, ob die Ehe geschieden und die Antragstellerin in neuer Ehe verheiratet ist. Auf einen persönlichen Bezug zu dem neuen Ehegatten kommt es nach dem Wortlaut des § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB nicht an (vgl. OLG Hamm FamRZ 1989, 277; OLG Koblenz FamRZ 1986, 466). Vielmehr reicht es für die Beurteilung als persönliche Angelegenheit aus, dass der Anspruch auf der - wenn auch inzwischen beendeten - Ehe der Antragstellerin beruht (vgl. auch OLG Frankfurt FamRZ 1983, 588). Der in der Literatur weitgehend vertretenen Ansicht, ein nach Scheidung der Ehe geführter Rechtsstreit gegen den früheren Ehegatten - selbst wenn es um familienrechtliche Ansprüche aus der früheren Ehe geht - wäre als vermögensrechtliche Angelegenheit und nicht (mehr) als persönliche Angelegenheiten im Sinne von § 1360a Abs. 4 BGB zu beurteilen, weil ihnen die Beziehung zur gemeinsamen Lebensführung in der jetzigen Ehe fehle (so Scholz a.a.O., § 6 Rdn. 28; Schwab-Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl. 2004, Teil IV Rdn. 72), vermag der Senat nicht zu folgen. Dass eine persönliche Beziehung zur gemeinsamen Ehe (vgl. BGH NJW 2003, 2910, 2912) zu fordern ist, mag für die Fälle zutreffen, in denen erst durch diesen Bezug zur neuen Ehe eine Angelegenheit den Charakter einer persönlichen Angelegenheit gewinnt (vgl. BGH NJW 2003, 2910, 2912). Eine aus einer Ehe resultierende familienrechtliche Angelegenheit des Ehegatten verliert den Status als persönliche Angelegenheit nicht dadurch, dass eine neue Ehe eingegangen wird und damit die Person des Unterhaltspflichtigen wechselt. Für den klagenden Ehegatten hat sich durch die Wiederheirat an den Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs und seinen Wurzeln in den vormaligen ehelichen Beziehungen nichts geändert. In Bezug auf die Prozesspartei ist die Angelegenheit daher weiterhin eine persönliche im Sinne von § 1360a Abs. 4 Satz 2 BGB, auch wenn der Bezug zur neuen Ehe fehlt.

    Die Leistungsfähigkeit des Ehemannes der Antragstellerin zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses steht nicht in Zweifel und wird von der Antragstellerin auch nicht in Frage gestellt. Es sind auch keine Umstände dargetan oder ersichtlich, welche die Inanspruchnahme des Ehemannes der Antragstellerin als unbillig oder mutwillig erscheinen lassen könnten.

    Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus §§ 1, 3 GKG i.V.m. Nr. 1812 des Kostenverzeichnisses; im Übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 127 Abs. 4 ZPO.

    Der Einzelrichter hat die Sache gemäß § 568 Satz 2 ZPO dem Senat zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen vollen Besetzung übertragen. Die Frage, ob ein Prozesskostenvorschussanspruch gegen den Ehegatten wegen Ansprüchen eines Ehegatten aus früherer Ehe besteht oder ob dies wegen des fehlenden Bezugs zur neuen Ehe völlig ausgeschlossen ist, hat grundsätzliche Bedeutung, weshalb der Senat die Rechtsbeschwerde zulässt.

    Michalik Dr. Heilmann Grün