OLG Frankfurt vom 15.08.2000 (1 WF 36/00)

Stichworte: Scheidungsverfahren, Erledigung, Tod, Kostenentscheidung, Kostenaufhebung.
Normenkette: ZPO 93a, 619
Orientierungssatz: Kostenentscheidung für die Folgesache nach Erledigung des Scheidungsverfahrens durch Tod der Partei

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Weilburg vom 03.02.2000 am 15.08.2000 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert. Die Kosten des Verbundverfahrens 1. Instanz einschließlich derer der Folgesache Güterrecht sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: bis 8.000,-- DM.

G r ü n d e :

Zwischen den Parteien war im Rahmen des Scheidungsverbundes ein Verfahren betreffend Zugewinnausgleich anhängig, zunächst als unbezifferte Stufenklage, später beziffert auf 155.918,-- DM. Vor Entscheidung über die Scheidung und die Folgesachen ist die Antragstellerin verstorben.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht, das zuvor den Wert für die Scheidung auf 21.500,-- DM, den Wert der Folgesache Versorgungsausgleich auf 12.287,88 DM und den des Zugewinns nach dem bezifferten Klageantrag festgesetzt hatte, die Kosten des Verfahrens - ausgenommen die Folgesache Güterrecht - gegeneinander aufgehoben. Letztere hat es der Antragstellerin zu 1/10 und dem Antragsgegner zu 9/10 auferlegt, da er mit seiner Klage voraussichtlich nur in diesem Verhältnis obsiegt hätte.

Gegen den ihm am 07.02.2000 zugestellten Beschluß hat der Antragsgegner am 11.02.2000 sofortige Beschwerde eingelegt und damit begründet, eine von der Kostenaufhebung abweichende Kostenverteilung auch der Folgesache Güterrecht entspreche nicht der Billigkeit.

Die sofortige Beschwerde gegen die nach Erledigung der Hauptsache ergangene isolierte Kostenentscheidung ist gemäß § 91 a Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft und auch sonst zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Kostenaufhebung auch betreffend die Folgesache Güterrecht.

Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Amtsgerichts, wonach sich die Kostenentscheidung auch betreffend diese Folgesache nach Erledigung des Scheidungsverfahrens infolge des Todes eines Ehegatten (§ 619 ZPO) nach § 93 a ZPO richtet (BGH FamRZ 1986, 253 f.; FamRZ 1983, 683). Diese Rechtsprechung hat in der Lehre (vgl. Zöller-Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 619 Rn. 7) und Rechtsprechung (z.B. OLG Bamberg, FamRZ 1995, 1073 f.) für die Fälle Kritik erfahren, in denen bei Fortführung des Verfahrens ohne das erledigende Ereignis voraussichtlich eine andere Entscheidung als ein Scheidungsausspruch ergangen wäre, etwa die Abweisung des Scheidungsantrages mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO oder Zurückweisung eines gegen den Scheidungsausspruch 1. Instanz ergangenen Rechtsmittels mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO (vgl. OLG Bamberg a.a.0.). Eines Eingehens hierauf bedarf es jedoch nicht, da im vorliegenden Fall ohne den das Verfahren erledigenden Tod der Antragstellerin aller Voraussicht nach auf Scheidung erkannt worden wäre, nachdem die Parteien unbestritten bei Einleitung des Verfahrens bereits getrennt gelebt haben und allein das im September 1995 eingeleitete Verfahren länger als die 3-jährige Trennungsfrist angedauert hat.

Der Senat stimmt dem Amtsgericht auch darin zu, dass bei einer zivilprozessualen Folgesache wie hier die Kostenentscheidung nicht notwendigerweise auf Aufhebung lauten muß, sondern in den Fällen des § 93 a Abs. 1 Satz 2 ZPO eine hiervon abweichende Kostenverteilung erfolgen kann. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hält der Senat jedoch die Voraussetzung hierfür nicht für gegeben.

Für eine an Erfolg oder Misserfolg zu bemessende Kostenverteilung reicht es nicht aus, dass - hier voraussichtlich - eine Partei ganz oder teilweise unterliegt. Weitere Voraussetzung ist, dass eine Kostenaufhebung infolge zusätzlicher Begleitumstände des Verfahrens unbillig erscheint. Vorliegend hat der Antragsgegner die Zugewinnausgleichsklage zunächst als Stufenklage erhoben und die Bezifferung anhand der ihm vorliegenden Beurteilungsgrundlagen über das Endvermögen in der Höhe vorgenommen, als die Antragstellerin, die hierfür beweispflichtig war, über ihr Anfangsvermögen keine vollständigen Angaben gemacht hat. Ursächlich für ihre Einstellung war hierzu, wie aus ihrem Vorbringen ersichtlich, die rechtsirrige Vorstellung, das in ihrem Endvermögen vorhandene Hausgrundstück unterliege deshalb nicht den Zugewinn, weil es aus einer Erbschaft herrühre. Die von ihr im Verlaufe des Verfahrens vorgelegte notarielle Erbauseinandersetzung ergab keine hinreichenden Anhaltspunkte über die Höhe des Wertes dieses Grundstücks im Anfangsvermögen, als es dort mit lediglich 22.500,-- DM bewertet worden ist, wovon noch, das Anfangsvermögen vermindernd, 2 x 7.500,-- DM Herauszahlungsansprüche an die Miterben in Abzug zu bringen waren. Die wirkliche Höhe des Wertes des Grundstücks zum Zeitpunkt des Erwerbes und damit ihres Anfangsvermögens, was nach Indexierung zu einer deutlichen Verringerung des dem Antragsgegner zustehenden Ausgleichsanspruchs gegenüber seinen Vorstellungen geführt hatte, ergab sich erst aufgrund der vom Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme nach Einholung eines Wertgutachtens. Ein mutwilliges Verursachen von unnötigen Kosten durch erkennbar überhöhte Anträge, die aus Billigkeitsgründen eine daran orientierte abweichende Kostenverteilung rechtfertigen könnten, ist nach Auffassung des Senats hier nicht gegeben. Es hat damit, auch für die Kosten der erfolgreichen Beschwerde, bei dem Regelfall der Kostenaufhebung nach § 93 a ZPO zu verbleiben.

Dr. Eschweiler Carl Juncker