OLG Frankfurt vom 30.11.1999 (1 WF 281/99)

Stichworte: Kindesunterhalt, nichteheliche Lebensgemeinschaft, Passivlegitimation für die Abänderungsklage
Normenkette: BGB 1353, 1615 ZPO 323
Orientierungssatz: 1) Die Rechtsprechungsgrundsätze für Hausmannfälle findet auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft keine Anwendung, da es hierfür an der dafür tragenden Bestimmung der wechselseitigen Verpflichtung im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 BGB) fehlt (vgl. OLG München FamRZ 1999, 1526). 2)Richtiger Gegner für das Abänderungsverfahren ist der materiell aus dem Vergleich Berechtigte, also im Falle geleisteter Zahlungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz für die Vergangenheit die Unterhaltsvorschußkasse, für die Zukunft das Kind.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Langen vom 31.08.1999 am 30.11.1999 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Langen zurückverwiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

G r ü n d e :

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht der Antragstellerin die beantragte Prozeßkostenhilfe für die von ihr beabsichtigte Abänderungsklage, mit der sie den Wegfall ihrer Unterhaltsverpflichtung aus dem vollstreckbaren Vergleich vor dem Amtsgericht Langen vom 19. 1. 1999 (6 F 97/98 EA II) erstrebt, mangels hinreichender Erfolgsaussicht verweigert.

Aus einem notariellen Vertrag zur Regelung der Trennungs- und Scheidungsfolgen der - inzwischen geschiedenen - Eheleute vom 25. 2. 1999 vor dem Notar Dr. B. (UR-Nr. 339/99) ergebe sich, daß die Klägerin von ihrem Lebensgefährten, dem Vater ihres gemeinsamen am 19. 10. 1998 geborenen Kindes, unterhalten werde. Sie könne deshalb das ihr gezahlte Erziehungsgeld in Höhe von 600,-- DM in vollem Umfang für Unterhaltszwecke verwenden. Auf die Frage der Passivlegitimation des Beklagten (seinerzeit handelnd in gesetzlicher Prozeßstandschaft für den am 8. 7. 1994 geborenen und von ihm betreuten Sohn Christopher der Parteien) komme es damit nicht an.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin, der das Amtsgericht mit Beschluß vom 1. 11. 1999 nicht abgeholfen hat, ist gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache vorläufig Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an die Vorinstanz.

Mit der gegebenen Begründung läßt sich die fehlende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage nicht halten. Die Antragstellerin ist wegen der Betreuung des kleinen Kindes aus ihrer jetzigen Verbindung nicht in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Inwieweit sie von ihrem Lebensgefährten, dem Vater dieses Kindes, unterhalten wird, ist in der genannten Urkunde nicht in einer die (richtigen) Parteien dieses Verfahrens bindenden Weise festgeschrieben. Die Urkunde regelt Rechte und Pflichten der Eheleute anläßlich ihrer Trennung und der beabsichtigten und inzwischen auch erfolgten Scheidung. Sie enthält in § 3 einen wechselseitigen Verzicht auf nachehelichen Unterhalt. Da auf Trennungsunterhalt, wie in § 2 der Urkunde geregelt, nicht verzichtet werden kann, ist stattdessen in dieser Bestimmung eine beiderseitige Absichtserklärung aufgenommen, solchen nicht geltend zu machen, und als Grundlage hierfür festgehalten worden, daß die Ehefrau durch den Vater ihres weiteren Kindes unterhalten wird. Eine weitergehende Bedeutung hat diese Klausel nicht.

Die von der Rechtsprechung für die sogenannten Hausmannfälle entwickelten Grundsätze, wonach im Rahmen der neuen Ehe der neue Ehegatte gehalten ist, dem haushaltsführenden und einem minderjährigen Kind aus früherer Bindung unterhaltspflichtigem Ehegatten die Möglichkeit einzuräumen, durch stundenweise Beschäftigung den notwendigen Unterhalt sicherzustellen, und insoweit für den entsprechenden Lebensbedarf aufzukommen, lassen sich auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht anwenden, da es hierfür an der dafür tragenden Bestimmung der wechselseitigen Verpflichtung im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 BGB) fehlt (vgl. OLG München FamRZ 1999, 1526). Allerdings schuldet der neue Partner sowohl unter dem Gesichtspunkt der Unterhaltslast für die Mutter seines Kindes, die wegen dessen Betreuung nicht erwerbstätig sein kann, Unterhalt (§ 1615 Abs.2 BGB), als auch aus dem Gesichtspunkt der Haushaltsführung ein leistungsbezogenes fiktives Entgelt. Letzteres läßt sich in einer Situation wie dieser, in der ein nicht erwerbstätiger Partner mit einem erwerbstätigen Partner zusammenlebt, nach der Lebenserfahrung vermuten. Voraussetzung für beides ist jedoch, daß der Partner der neuen Gemeinschaft für solche Leistungen leistungsfähig ist. Dies ist nach den von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vertieften und belegten Angaben nicht der Fall. Danach kann dieser, nach Tragung des von ihm geschuldeten Barunterhalts für das gemeinsame Kind, keinen Beitrag leisten, ohne seinen eigenen Selbstbehalt zu unterschreiten. Unter diesen Umständen steht das Erziehungsgeld nicht als Einkommen zur Verfügung, sondern wird für den eigenen Lebensutnerhalt benötigt.

Inwieweit diese Angaben, durch entsprechende Belege glaubhaft gemacht, einem substantiierten Bestreiten in einer etwaigen Beweisaufnahme standhalten, ist dem Verfahren der Hauptsache vorzubehalten. In dem summarischen Verfahren kann jedenfalls die Rechtsverfolgung nicht als von vornherein aussichtslos beurteilt werden.

Allerdings ist die Klage, was das Amtsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, in seiner Entscheidung offengelassen hat, möglicherweise gegen den falschen Gegner gerichtet. Richtiger Gegner für das Abänderungsverfahren ist der materiell aus dem Vergleich Berechtigte, also im Falle geleisteter Zahlungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz für die Vergangenheit die Unterhaltsvorschußkasse, für die Zukunft das Kind. Der Senat geht jedoch davon aus, daß die Antragstellerin auf dahingehenden Hinweis ihren Klageantrag entsprechend umstellt. Insoweit bleiben die weiteren Anordnungen und Maßnahmen des Amtsgericht (§ 575 ZPO) vorbehalten.

Die Entscheidung betreffend die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.

Dr. Eschweiler Noll Juncker