OLG Frankfurt vom 10.11.2009 (1 WF 236/09)

Stichworte: Prozesskostenhilfe, Stufenklage; Stufenklage, Prozesskostenhilfe;
Normenkette: ZPO 114, 254; ZPO 114, 254;
Orientierungssatz:
  • Bei der Bewilligung von PKH ist eine Beschränkung auf die Auskunftsstufe nicht zulässig
  • Die Prozesskostenhilfe ist daher für die Stufenklage insgesamt zu bewilligen
  • Die Bewilligung erfasst aber nur einen Zahlungsantrag, der von der Auskunft gedeckt ist
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 25. 6. 2009 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Langen vom 19. 5. 2009 - Nichtabhilfebeschluss vom 15.10.2009 - am 10. November 2009 beschlossen:

    Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

    Die der Klägerin unter Beiordnung von Rechtsanwältin X. bewilligte Prozesskostenhilfe wird auf die gesamte Stufenklage bis zu einem vorläufigen Streitwert von 8.600 EUR erstreckt.

    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

    Gründe:

    Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihr beabsichtigte Stufenklage dahingehend beschieden, dass der Klägerin unter Beiordnung von Rechtsanwältin X. Prozesskostenhilfe ausdrücklich nur für die Auskunftsstufe bewilligt wurde. Gegen die Beschränkung der Prozesskostenhilfe auf die Auskunftsstufe wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde, der das Amtsgericht mit der Begründung nicht abgeholfen hat, es könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden, in welchem Umfang ein noch zu beziffernder Leistungsantrag Aussicht auf Erfolg haben werde.

    Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig und hat insoweit Erfolg, als die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht auf die Auskunftsstufe beschränkt werden darf. Das Verfahren unterliegt gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG- RG noch dem vor dem 1. 9. 2009 geltenden Recht.

    Die Rechtsprechung zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Stufenklage ist uneinheitlich zu der Frage, ob über die einzelnen Stufen gesondert zu entscheiden ist und ob bzw. unter welchen Voraussetzungen nach bewilligter Prozesskostenhilfe für die zunächst unbezifferte Leistungsstufe die Prozesskostenhilfe nach Bezifferung des Zahlungsantrags noch einer Erfolgsaussichtsprüfung zugänglich ist (vgl. Geißler in Handbuch des Fachanwalts für Familienrecht, 7. Aufl., 2009, Kap. 16 Rdn. 158; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., 2005 Rdn. 435 ff. ). Es entspricht inzwischen weit überwiegender Ansicht, dass eine Beschränkung der Bewilligung auf die Auskunftsstufe nicht statthaft ist. Dadurch würde der prozesskostenhilfebedürftigen Partei die Möglichkeit genommen, überhaupt eine Stufenklage zu betreiben. Denn der unbezifferte Leistungsantrag ist - soweit sein Wert höher ist als derjenige des Auskunftsantrags - für den Gebührenwert der Stufenklage maßgeblich, weshalb der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts in der Regel über das hinausgeht, was sich allein aus dem Wert des Auskunftsantrag errechnen würde. Es kommt hinzu, dass die Stufenklage mit ihrer Zustellung auch sogleich hinsichtlich des - noch unbezifferten - Leistungsantrags rechtshängig wird.

    Die Prozesskostenhilfe ist daher für die Stufenklage insgesamt zu bewilligen (vgl. Musielak/Fischer, § 114 Rdn. 11 m.w.N.; Zöller-Philippi § 114 Rdn. 37). Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass damit auch ein völlig losgelöst vom Ergebnis der später erteilten Auskunft bezifferter Leistungsantrag von ihr erfasst wäre. Die Bewilligung erfasst vielmehr nur einen solchen Zahlungsantrag, der von der Auskunft gedeckt ist (Musielak/Fischer § 114 Rdn. 11). Teilweise wird daher vertreten, dass die Erfolgsaussicht nach Bezifferung erneut geprüft werden könne (OLG Hamm, MDR 2006, 520). Dies steht jedoch im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass eine einmal bewilligte Prozesskostenhilfe nur unter den Voraussetzungen des § 124 ZPO wieder entzogen werden kann. Es empfiehlt sich daher, die Prozesskostenhilfe hinsichtlich des Zahlungsantrags auf einen vorläufig ermittelten Streitwert zu beschränken. Ergibt sich nach erteilter Auskunft ein Unterhaltsanspruch, der zu einem höheren Wert führen würde, kann die Prozesskostenhilfe bei entsprechender Erfolgsaussicht erweitert werden. Auf der Grundlage des Aufforderungsschreibens vom 29.10.2008 und der Klageschrift vom 23. 4. 2009, auf die der Beklagte nicht erwidert hat, erscheint hier die Beschränkung auf einen vorläufigen Streitwert von 8.600 EUR angemessen.

    Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus §§ 1, 3 GKG i.V.m. Nr. 1812 des Kostenverzeichnisses; im Übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 127 Abs. 4 ZPO.

    Grün