OLG Frankfurt vom 26.04.2000 (1 WF 232/00)

Stichworte: Korrespondenzanwalt, Notwendigkeit, Erstattung
Normenkette: ZPO 91
Orientierungssatz: Nach ständiger Rechtssprechung des Senats ist die Einschaltung eines Verkehrsanwalts im zweiten Rechtszug nur ausnahmsweise als notwendig und damit erstattungsfähig anzuerkennen, nämlich wenn sich der Prozeßstoff in 2. Instanz gegenüber dem erstinstanzlichen Vorbringen wesentlich erweitert oder verändert hat oder die Partei aus persönlichen Gründen an einer (ergänzenden) schriftlichen oder telefonischen Information ihres Hauptbevollmächtigten am Sitz des Prozeßgerichts gehindert ist, etwa wegen Sprachproblemen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Erinnerung des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 24.08.2000 am 26.04.01 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Bescheidung an das Amtsgericht (Rechtspflegerin) Wiesbaden zurückverwiesen.

Diesem bleibt auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorbehalten.

Gründe:

Zwischen den Parteien war ein Rechtsstreit wegen Trennungsunterhalt anhängig, der mit Urteil des 5. Senats für Familiensachen vom 01.11.1999 rechtskräftig beendet worden ist.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind der Beklagten auferlegt, der Berufungswert auf 10.233,-- DM festgesetzt worden.

Das Amtsgericht hat zunächst - unangefochten - die Kosten der Hauptbevollmächtigten der obsiegenden Berufungsbeklagten festgesetzt. Mit dem angefochtenen weiteren Kostenfestsetzungsbeschluß hat es sodann antragsgemäß die Kosten ihres erstinstanzlichen Bevollmächtigten als Verkehrsanwalt ( eine 13/10-Gebühr nebst Nebenkosten) festgesetzt.

Gegen diesen ihr am 25.08.2000 zugestellten Beschluß richtet sich die am 08.09.2000 eingegangene "Erinnerung" des Berufungsklägers, der, wie bereits im Verfahren 1. Instanz, die Notwendigkeit der Einschaltung eines Verkehrsanwalts beanstandet. Die Klägerin und Berufungsbeklagte verteidigt den angefochtenen Beschluß.

Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde auszulegen (§ 11 Abs. 1 RpflG. i.V.m. § 104, Abs. 3 ZPO) und auch sonst zulässig. In der Sache hat die Beschwerde vorläufig Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an die Vorinstanz.

Nach ständiger Rechtssprechung des Senats ist die Einschaltung eines Verkehrsanwalts im zweiten Rechtszug nur ausnahmsweise als notwendig und damit erstattungsfähig anzuerkennen, nämlich wenn sich der Prozeßstoff in

2. Instanz gegenüber dem erstinstanzlichen Vorbringen wesentlich erweitert oder verändert hat oder die Partei aus persönlichen Gründen an einer (ergänzenden) schriftlichen oder telefonischen Information ihres Hauptbevollmächtigten am Sitz des Prozeßgerichts gehindert ist, etwa wegen Sprachproblemen. Solche Gründe sind hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Berufung des Beklagten ist im wesentlichen auf Rechts- und Bewertungsfragen gestützt, als nach seiner Auffassung die Höhe des Unterhalts nicht nach dem - nicht schwer festzustellenden - Einkommen, sondern nach seinen bisherigen Zahlungen während der Trennungszeit zu bemessen sei; außerdem ging es um die Bewertung des mietfreien Wohnens durch die Klägerin. Beides war bereits im ersten Rechtszug Thema, so daß wie üblich der Prozeßbevollmächtigte zweiter Instanz sich durch die ihm übersandten Handakten des erstinstanzlichen Bevollmächtigten und ergänzender schriftlicher oder telefonischer Informationen hinreichend informieren konnte.

Eine Informationsreise war danach nicht notwendig und damit auch nicht die hilfsweise für diesen Fall angesetzten Fahrt- und Informationskosten.

Allerdings weist die Klägerin mit Recht darauf hin, daß sie zum Senatstermin persönlich erschienen ist, zu welchem auch ihr persönliches Erscheinen angeordnet war. Dadurch sind erstattungsfähige Fahrtkosten entstanden, die im Rahmen des gestellten Festsetzungsantrages anstelle der nichterstattungsfähigen Korrespondenzanwaltskosten erstattungsfähig sind. Die Feststellung der genauen Höhe dieser Kosten überläßt der Senat aus Zweckmäßigkeitsgründen der ersten Instanz. Dieser bleibt auch die Entscheidung über die Kosten vorbehalten, da das Verhältnis von Obsiegen zu Unterliegen erst nach Feststellung der erstattungsfähigen Kosten möglich ist.

Dr. Eschweiler Michalik Juncker