OLG Frankfurt vom 26.04.2001 (1 WF 215/00)

Stichworte: PKH, Beiordnung, Mandatierung, Vergütung
Normenkette: ZPO 121 BRAGO 121, 128
Orientierungssatz: Die Beiordnung begründet allein keinen Vergütungsanspruch; erforderlich ist zusätzlich die Mandatierung durch die Partei. Diese kann stillschweigend erfolgen, was aber nicht anzunehmen ist, wenn sie auf dahingehende Anfrage ausdrücklich abgelehnt wurde.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Groß-Gerau vom 18.7.00 am 26.04.01 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei;

außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

GRÜNDE:

In einem inzwischen rechtskräftig beendeten Verfahren hat die am 12.9.1996 geborene A. die Feststellung begehrt, dass der zur Zeit ihrer Geburt mit ihrer Mutter verheiratete Beklagte nicht ihr wirklicher Vater sei. Das Verfahren ist mit Klageschrift vom 3.12.1996 durch die Kindesmutter, damals vertreten durch Rechtsanwalt X., Groß-Gerau, als gesetzliche Vertreterin des Kindes eingeleitet worden. Die zugleich hierfür erbetene Prozesskostenhilfe hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 10.3.1997 verweigert, da die hierfür erforderliche vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht vorliege und deshalb die Klage keine Erfolgsaussicht habe.

Unter Vorlage eines dahingehenden Beschlusses des Amtsgerichts Gelnhausen vom 2.6.1997, wonach das Jugendamt Gelnhausen zum Pfleger mit dem Wirkungskreis 'Vertretung der Minderjährigen im Ehelichkeitsanfechtungsverfahren' bestellt worden sei, hat sich mit Schriftsatz vom 30.6.1997 das Jugendamt als Vertreter des Kindes gemeldet.

Nach längerem Ruhen des Verfahrens hat sich mit Schriftsatz vom 25.9.1997 die jetzige Antragstellerin als Vertreterin der Klägerin gemeldet und die inzwischen erteilte Genehmigung des Vormundschaftsgerichts für die Erhebung der Ehelichkeitsanfechtungsklage (vom 8.9.1997) vorgelegt. Zugleich hat sie eine neue Klageschrift eingereicht, in deren Rubrum die minderjährige Klägerin als gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter und durch das Jugendamt des Main-Kinzig-Kreises als Ergänzungspfleger bezeichnet ist. Zugleich hat sie, wie erst im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens aktenkundig gemacht, mit Schreiben ebenfalls vom 26.9.1997 an das Jugendamt (Bl. 111 d.A.) mitgeteilt, dass sie die Kindesmutter vertrete und angeregt, angesichts der hier gegebenen rechtlichen Schwierigkeiten, insbesondere mit Blick auf die mögliche Anwendung türkischen Rechts, ihr in dieser Sache das Mandat zu übertragen. Dies hat der Sachbearbeiter gegenüber der Antragstellerin telefonisch abgelehnt und dies auf dem Anschreiben vermerkt.

Nachdem die Antragstellerin den Gerichtskostenvorschuss von 435,-- DM angewiesen hat, hat das Gericht erstmals Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 19.11.1997 bestimmt und zu diesem sowohl die Antragstellerin als auch das Kreisjugendamt geladen. In dem Termin ist 'für die Klägerseite' ein Rechtsanwalt aus der Sozietät der Antragstellerin erschienen, ferner ein Vertreter des Kreisjugendamtes Groß-Gerau (dem zuvor das Jugendamt Gelnhausen Vollmacht erteilt hatte, mit Schriftsatz vom 30.6.1997, Bl. 8 d.A.). In dem Termin ist ein Beweisbeschluss ergangen, nach dessen Erledigung durch den ersuchten Richter und nach Anhörung des Beklagten durch das Prozessgericht das Amtsgericht erneut Termin zur mündlichen Verhandlung am 6.5.1998 durchgeführt hat, zu dem wiederum für die Klägerseite ein Rechtsanwalt aus der Sozietät der Antragstellerin und ein Vertreter des Kreisjugendamts Groß-Gerau erschienen ist. Nach streitiger Verhandlung ist sodann antragsgemäß Urteil ergangen, das inzwischen rechtskräftig ist.

Mit Beschluss vom 25.8.1998 ist der Klägerin Prozesskostenhilfe ab 26.11.1997 bewilligt und ihr die Antragstellerin beigeordnet worden.

Die Antragstellerin hat daraufhin zunächst 1.560,06 DM (darin enthalten der gezahlte Gerichtskostenvorschuss) und dann weitere 258,75 DM Dolmetscherkosten zur Festsetzung angemeldet. Diesen Antrag hat das Amtsgericht - Rechtspflegerin - mit Beschluss vom 30.3.1999 zurückgewiesen, da die Antragstellerin nicht wirksam durch die Partei, der sie beigeordnet worden sei, mandatiert worden sei. Hiergegen hatte die Antragstellerin 'sofortige Beschwerde' eingelegt, der das Amtsgericht mit richterlicher Verfügung nicht abgeholfen und der Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt hat. Diese Vorlageverfügung ist von dem damals geschäftsplanmäßig zuständigen 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts mit Beschluss vom 24.1.2000 aufgehoben und die Sache zur erneuten Bescheidung in eigener Zuständigkeit an das Amtsgericht zurückverwiesen worden. Es handele sich nicht um eine Durchgriffserinnerung. In den Gründen der Entscheidung ist weiter vorsorglich darauf hingewiesen worden, dass zwar eine - notwendige - Mandatierung unmittelbar durch die Partei nicht erfolgt sei, dass aber in Betracht komme, daß in dem Geschehensablauf eine stillschweigende Vollmachterteilung liegen könnte. Eine solche stillschweigende Genehmigung der Tätigkeit könne darin begründet sein, dass in den Terminen der Vertreter des Jugendamtes die Tätigkeit des (von der Antragstellerin unterbevollmächtigten) Rechtsanwalts geduldet und diesem auch die Verhandlung einschließlich der Antragstellung überlassen habe.

In dem fortgesetzten Verfahren hat sodann das Jugendamt auf seine ständige Übung verwiesen, in keinem Falle einen Anwalt zu beauftragen und auch auf die ausdrückliche Verweigerung der angeregten Mandatierung hingewiesen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat sodann das Amtsgericht die (dahin ausgelegte) Erinnerung der Antragstellerin zurückgewiesen. Angesichts der ausdrücklichen Ablehnung der angefragten Mandatierung könne das Verhalten des Vertreters des Jugendamtes nicht als stillschweigende Bevollmächtigung ausgelegt werden.

Hiergegen wendet sich die Antragsstellerin mit ihrer Beschwerde, die sie damit begründet, dass nach dem Geschehensablauf das Verhalten des Jugendamtes dahin auszulegen sei, dass dieses von der ursprünglich erklärten Ablehnung abgerückt und in der Folgezeit durch Duldung ihres prozessualen Verhaltens stillschweigend Vollmacht erteilt habe.

Die Beschwerde ist gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Wie im Vorverfahren festgestellt und von der Antragstellerin inzwischen auch nicht mehr in Zweifel gezogen, begründet die Beiordnung der Antragstellerin als Prozessbevollmächtigte in dem inzwischen beendeten Verfahren allein noch keinen Vergütungsanspruch (von dem hier nicht gegebenen Fall einer Geschäftsführung ohne Auftrag abgesehen), sondern erfordert die Erteilung eines Auftrages an den beigeordneten Rechtsanwalt. Dies ist hier nicht geschehen, so dass die Beiordnung der Antragstellerin ins Leere geht.

Die in den Gründen des vorausgegangenen Beschlusses des 6. Familiensenats aufgezeigte Möglichkeit einer stillschweigenden Bevollmächtigung ist, wie in dem angefochtenen Beschluss mit Recht ausgeführt, nicht anzunehmen, nachdem anfragegemäß das Jugendamt als bestellter Ergänzungspfleger und damit alleiniger gesetzlicher Vertreter des Kindes (§ 1630 Abs. 1 BGB alter und neuer Fassung) eine derartige Beauftragung ausdrücklich abgelehnt hatte. In dem folgenden prozessualen Verhalten kann auch keine Abkehr von dieser Erklärung gesehen werden, zumal der Vertreter des Jugendamts im Termin das Auftreten der Antragstellerin und ihres Vertreters ohnehin nicht verhindern konnte. Diese ist ersichtlich von der Kindesmutter beauftragt worden und hat auch deren Interesse wahrgenommen, wie insbesondere daraus ersichtlich ist, dass sie dafür gesorgt hatte, dass die Anschrift der Kindesmutter nicht in das Verfahren eingeführt wurde, und zwar aus Sicherheitsgründen. Offenbar waren dem Gericht im Laufe des Verfahrens die Vertretungsverhältnisse nicht vollends klar, weshalb es das Auftreten beider Bevollmächtigter zugelassen hat. Gerade nachdem das Jugendamt ausdrücklich eine Mandatierung abgelehnt hatte, wäre es geboten gewesen, eine solche nunmehr ausdrücklich zu erteilen, wenn es seine Ansicht geändert hätte. Dafür gibt es indes keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Verfahrensrechtlich ist das ursprünglich auf Anfechtung der Ehelichkeit gerichtete Verfahren mit Inkrafttreten der Kindschaftsreform zum 1.7.1998 als Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft fortgeführt worden (Artikel 15 § 2 Kindschaftsreformgesetz). In beiden Fällen war die selbst nicht als Partei am Rechtsstreit beteiligte Mutter zum Termin beizuladen (§ 640 e ZPO alter und neuer Fassung) und hätte dem Rechtsstreit beitreten können. Insoweit lag die Anwesenheit eines von ihr mandatierten Verfahrensbevollmächtigten durchaus im Rahmen des konkreten Verfahrens. Ein solcher Beitritt ist nicht erfolgt. Ob das Amtsgericht das weitere Verhandeln durch den Vertreter der Mutter zulassen durfte, ist für die Frage einer möglichen stillschweigenden Bevollmächtigung durch das Kind nicht von Aussagekraft.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 5 BRAGO.

Dr. Eschweiler Michalik Juncker