OLG Frankfurt vom 01.11.2002 (1 WF 206/02)

Stichworte: Vollstreckungsklausel, Vertrag zu Gunsten Dritter
Normenkette: ZPO 724 BGB 335
Orientierungssatz: Einem Vergleich, durch den geschiedene Eheleute in einem Rechtsstreit über nachehelichen Unterhalt auch den Unterhalt für ein gemeinsames Kind regeln, kann das Kind beitreten. Geschieht dies nicht, bleibt der Elternteil auch hinsichtlich des Kindesunterhalts Vollstreckungsgläubiger. Dies gilt im Zweifel auch dann, wenn der Vergleich hinsichtlich ded Kindesunterhalts als Vertrag zu Gunsten Dritter ausgestaltet ist.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 27. August 1999 am 1. November 2002 beschlossen:

Die Beschwerde des Klägers wird auf dessen Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass klargestellt wird, dass durch den angefochtenen Beschluss nur die erhobenen Einwendungen gegen die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs vom 16.7.1996 an die Beklagte zurückgewiesen sind.

Beschwerdewert: 12.000,-- DM (6.135,50 Euro)

Gründe:

Die Parteien haben einen Rechtsstreit, in dem es um die Abänderung eines Vergleichs über nachehelichen Unterhalt ging, durch Prozessvergleich vom 16. Juli 1996 beendet. In diesem Vergleich haben sie darüber hinaus eine Regelung über den Unterhalt für die am 24.1.1980 geborene gemeinsame Tochter X. getroffen: Der Kläger verpflichtete sich ab 1.1.1995 für X. monatlich 1.000,-- DM Unterhalt zu zahlen, und zwar bis zu ihrer Volljährigkeit auf ein Konto der Beklagten, für die Zeit ab Volljährigkeit an die Tochter direkt.

Am 22.11.1996 hat das Amtsgericht der Beklagten eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs erteilt. Diese wurde dem Kläger zu Händen von dessen Prozessbevollmächtigten am 9.3.1999 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 24.3.1999 hat der Kläger die Erteilung der Vollstreckungsklausel beanstandet. Mit Beschluss vom 27. August 1999 hat das Prozessgericht die Einwände des Klägers gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers, welcher das Amtsgericht mit Beschluss vom 18.09.2002 nicht abgeholfen hat.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das Amtsgericht hat der Beklagten zu Recht eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs vom 16. Juli 1996 erteilt. Denn Titelgläubigerin ist hinsichtlich des vereinbarten Kindesunterhalts die Beklagte. Allerdings geht das Amtsgericht zu Unrecht davon aus, dass die Beklagte den Kindesunterhaltstitel gemäß § 1629 III BGB in Prozessstandschaft erwirkt habe. Bei Einleitung des Rechtsstreits durch die Klage des Klägers auf Herabsetzung des Ehegattenunterhalts vom 10.1.1996 waren die Parteien bereits rechtskräftig geschieden, so dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür, dass die Beklagte Kindesunterhalt im eigenen Namen hätte geltend machen können, nicht vorlagen (§ 1629 Abs. 3 BGB). Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen, wirkt ein von einem Elternteil erwirkter Titel unmittelbar für das Kind. Andererseits hat die Beklagte in dem Vergleich auch nicht als gesetzliche Vertreterin für das Kind gehandelt. Dieses war nicht Partei des Rechtsstreits. Es hätte allerdings, gesetzlich vertreten durch die Beklagte, dem Vergleich beitreten können mit der Folge, dass es mit Partei des Vergleichsabschlusses geworden und daher auch hinsichtlich des Kindesunterhalts Vollstreckungsgläubiger geworden wäre. Ein solcher Beitritt ist jedoch nicht erfolgt. Weder die Sitzungsniederschrift noch der sonstige Akteninhalt geben Anhaltspunkte dafür her. Folglich handelt es sich um einen Vergleich, durch den eine Unterhaltszahlung des Klägers an die Tochter zwischen den Eltern verbindlich geregelt wurde. Ein solcher Vergleich regelt im Zweifel nur das Innenverhältnis zwischen den Eltern, mit der Folge, dass Vollstreckungsgläubiger auch nur ein Elternteil sein kann. Allerdings kann eine solche Vereinbarung einen Vertrag zugunsten Dritter darstellen mit der Folge, dass aus einem Prozessvergleich das Kind unmittelbar als Gläubiger berechtigt wird. Ein solcher Parteiwille muss aber in dem Vergleich deutlich zum Ausdruck kommen (BGH FamRZ 1986 S. 254, 255; Göppinger/Berger Vereinbarungen anlässlich der Ehescheidung 7. Aufl. § 4 Rdnr. 25). Es kann dahinstehen, ob sich hier aus der Vereinbarung, dass ab Volljährigkeit der Unterhalt unmittelbar an die Tochter gezahlt werden soll, ein derartiger Parteiwille mit hinreichender Deutlichkeit herleiten lässt. Selbst wenn man insoweit einen Vertrag zugunsten Dritter annimmt, ist nach der Auslegungsregel des § 335 BGB mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Beklagte selbst berechtigt sein sollte, Zahlungen des Kindesunterhalts an die Tochter zu verlangen. Dies hat zur Folge, dass die Beklagte auch hinsichtlich des Kindesunterhalts Vollstreckungsgläubigerin ist, so dass ihr die vollstreckbare Ausfertigung zu Recht erteilt worden ist (OLG Hamm NJW RR 1996 S. 1157).

Zur Klarstellung hat der Senat ausgesprochen, dass sich die Zurückweisung des Antrags nur auf die Einwendungen gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel bezieht. Ausweislich der Begründung des angefochtenen Beschlusses vom 27. August 1999 war nur dies gewollt. Die Formulierung des Amtsgerichts, dass 'die Anträge des Klägers vom 24. März 1999' zurückgewiesen werden ist missverständlich, da der Kläger unter dem gleichen Datum, zu gleichem Aktenzeichen mit gesondertem Schriftsatz noch eine Vollstreckungsgegenklage hinsichtlich Ziffer 3 des Vergleichs eingereicht hat, welche aber mangels Einreichung einer ordnungsgemäßen Klageschrift und Zahlung eines Kostenvorschusses nicht zugestellt worden ist, worauf das Amtsgericht mit Verfügung vom 15.4.1999 hingewiesen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 3 ZPO. Die Wertfestsetzung entspricht dem Wert der Hauptsache gemäß § 17 GKG (Zöller-Herget ZPO 23. Aufl. § 3 Rdnr. 16, Stichwort Vollstreckungsklausel; LG Aachen Juristisches Büro 1985 S. 254).

Dr. Eschweiler Michalik Noll