OLG Frankfurt vom 31.10.2000 (1 WF 197/00)

Stichworte: Nutzungswert, Kraftfahrzeug Arbeitsplatzwechsel, eheprägender Schuldabzug
Normenkette: BGB 1361
Orientierungssatz: Es entspricht auch nicht der Rechtsprechung des Senats, den Nutzungswert des auch privat genutzen Fahrzeugs des Beklagten nach dessen Größe und Anschaffungswert zu bemessen. Maßgeblich für den ersparten Aufwand ist der Betrag, den er dadurch spart, dass er einen sonst seinen Einkommensverhältnissen entsprechenden deutlich kleineren PKW nicht vorzuhalten braucht; Zum Wechsel des Arbeitsverhältnisses durch den Unterhaltsschuldner; Berücksichtigung von Verbindlichkeiten.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Seligenstadt vom 15.06.2000 in der Fassung des Abhilfebeschlusses vom 21.08.2000 am 31.10.2000 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht der Klägerin die beantragte Prozeßkostenhilfe für ihre Klage, gerichtet auf 2.500,-- DM monatlichen Trennungsunterhalt ab 01.02.2000, nur teilweise bewilligt und auf deren Beschwerde gegen die Verweigerung im übrigen mit teilweisen Abhilfebeschluß vom 21.08.2000 die Bewilligung erweitert, nämlich (unter Berücksichtigung erbrachter Zahlungen für den zurückliegenden Zeitraum) ab 01.06.2000 für eine Klage auf monatlich 1.851,26 DM (unter Einschluß der vom Beklagten gezahlten Miete in Höhe von 1.500,-- DM für die von der Klägerin weiterhin genutzte frühere Ehewohnung).

Die weiter verfolgte Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.

Die Klägerin stützt ihren verlangten höheren Anspruch auf Trennungsunterhalt hauptsächlich auf früher erzielte Nettoeinkünfte des Beklagten, die dieser sich nach ihrer Rechtsauffassung weiterhin fiktiv zurechnen lassen müsse. Damit kann sie keinen Erfolg haben. Schon ihr Vortrag über die Höhe der früher vom Beklagten erzielten Einkünfte ist widersprüchlich und damit wenig überzeugend. In einem zur Akte gereichten vorgerichtlichen Schriftsatz (vom 07.06.2000, Bl. 20 d.A.) sind die Einkünfte des Beklagten aus diesem genannten Beschäftigungsverhältnis noch mit monatlich 12.000,-- DM brutto und 8.000,-- DM netto aufgeführt. In der Klageschrift sind daraus bereits 10.000,-- bis 12.000,-- DM netto monatlich geworden, welcher Betrag in der Beschwerdebegründung nochmals auf 12.000,-- bis 14.000,-- DM netto monatlich gesteigert worden ist. Für diese vom Beklagten bestrittenen früheren Einkünfte gibt es keine Belege; zum Nachweis ist lediglich das Zeugnis des früheren Geschäftsinhabers angetreten. Es spricht viel dafür, dass es sich angesichts dieser pauschalen und anhaltslos in den Raum gestellten Angaben um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis handelt.

Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. [Entscheidend ist, dass das bezeichnete Beschäftigungsverhältnis vom Beklagten bereits Anfang 1999 aufgegeben und sein jetziges Beschäftigungsverhältnis begründet worden ist, während die Trennung der Parteien erst im November 1999 erfolgt ist. Damit ist der Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses ein Teil des Eheschicksals der Parteien und als eheprägend von beiden Parteien mitzutragen. Nur tatsächlich während der Zeit des Zusammenlebens erzielte Erwerbseinkünfte prägen die ehelichen Lebensverhältnisse, nicht solche, die möglicherweise unter voller Ausnutzung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten erzielt werden könnten, tatsächlich aber - etwa aus Bequemlichkeit - nicht erzielt werden (vgl. Lohmann, Neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Familienrecht - Unterhalt und Versorgungsausgleich, 8. Aufl. 1997 Rndr. 110 mit Nachweisen)]. Nur solche Einkommensverschlechterungen, die zwischen Trennung und Scheidung liegen und auf eine Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen zurückzuführen sind, braucht der Unterhaltsberechtigte sich nicht entgegenzuhalten lassen (Lohmann a.a.0.). Aus dieser Erwägung heraus könnten zwar auch Einkommensverkürzungen, die der Unterhaltspflichtige während Bestehens der Ehe, aber bereits mit Blick auf die von ihm vorbereitete oder erwartete Trennung vorgenommen hat, ebenfalls der Trennungszeit zugerechnet werden. Für die in diese Richtung zielenden Andeutungen in dem Vorbringen der Klägerin gibt es jedoch keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte.
BR Maßgeblich sind damit auch nach Auffassung des Senats die tatsächlich derzeit vom Beklagten erzielten Erwerbseinkünfte. Soweit die Beschwerdeführerin an deren Feststellung beanstandet, dass das Amtsgericht den Beklagten nicht die ihm mögliche und von ihr angebotene Vorteile des steuerlichen Realsplittings berücksichtigt habe, erscheint dieser Einwand zwar beachtenswert. Denn auch angesichts des Streits über die genaue Höhe des Unterhaltsanspruchs wäre es dem Beklagten ohne weiteres möglich und zumutbar, jedenfalls die von ihm gezahlte Miete, die zwar auch auf eigener Verpflichtung gegenüber dem Vermieter beruht, aber zugleich bedarfsdeckend gegenüber dem Unterhaltsbedarf der Klägerin wirkt, als Unterhaltsleistungen im Wege eines Freibetrags auf seine Steuerkarte steuermindernd eintragen zu lassen. Dies ergäbe bei überschlägiger Betrachtung einen Einkommenserhöhungsbetrag in der Größenordnung um 650,--DM monatlich.

Gleichwohl vermag diese Erwägung der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg zu führen. Dem steht nämlich gegenüber, dass das Amtsgericht zu Lasten des Beklagten Belastungspositionen nicht abgezogen hat, die nach der Senatsrechtsprechung abzugsfähig wären. [Die Lasten der während der Ehe erworbenen Eigentumswohnungen sind eheprägend und deshalb in voller Höhe, einschließlich Tilgungsanteil und zur Sicherung aufgenommener Lebensversicherungen abzugsfähig. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über die Nichtanrechnung von Tilgungsanteilen mit Blick auf Vermögensbildung betrifft den Unterhaltsberechtigten(BGH FamRZ 1998,87,88). Diese Grundsätze können zwar auch entsprechend für das Einkommen des Unterhaltspflichtigen herangezogen werden, dies jedoch nur, soweit es nicht um die Feststellung der ehelichen Lebensverhältnisse geht (etwa als Folge einer Vermögensumschichtung nach Scheidung). Aufwendungen, die während Bestehen der Ehe zum Zwecke der Vermögensbildung unternommen werden, sind nämlich grundsätzlich als eheprägend zu berücksichtigen und stehen deshalb für den allgemeinen Lebensunterhalt nicht zur Verfügung]. Allerdings kann angesichts der trennungsbedingt knapper werdenden Mittel eine Obliegenheit bestehen, im Rahmen des möglichen solche der Sparquote dienenden Aufwendungen zurückzuführen und die Mittel dem erhöhten Bedarf zuzuführen. Eine solche Möglichkeit besteht für den Beklagten hier aber nicht. Es ist nicht ersichtlich, wie die Tilgungslasten und die zur Sicherung der Finanzierung bedienten Lebensversicherungen verringert werden könnten, es sei denn im Wege der Veräußerung dieser Eigentumswohnungen. Insoweit hat der Beklagte eingewandt, dass dies ebenfalls nicht zu einer Verringerung der Lasten führen würde, da der Veräußerungserlös die noch offenstehenden Kredite nicht abdecken würde. Dies mag auf sich beruhen. Jedenfalls obliegt dem Beklagten in der Trennungszeit eine derart einschneidende Vermögensposition mit nicht umkehrbaren Folgen nicht. Für die hier nicht zu beurteilende Zeit nach Rechtskraft der Scheidung mag sich das anders darstellen.

Dasselbe gilt für die Nichtberücksichtigung der Direktversicherung, die in keinem denkbaren Fall dem privaten Konsum zur Verfügung stehen würde. Die Möglichkeit, diesen Zuschuß des Arbeitgebers zur Vermögensmehrung für Unterhaltszwecke zu aktivieren, besteht ersichtlich nicht.

Es entspricht auch nicht der Rechtsprechung des Senats, den Nutzungswert des auch privat genutzen Fahrzeugs des Beklagten nach dessen Größe und Anschaffungswert zu bemessen. Maßgeblich für den ersparten Aufwand ist der Betrag, den er dadurch spart, dass er einen sonst seinen Einkommensverhältnissen entsprechenden deutlich kleineren PKW nicht vorzuhalten braucht. Nach dem vom Senat insoweit angewandten Erfahrungswerten ist dies in der Regel ein Betrag in der Größenordnung um 500,-- DM. Dass er tatsächlich den im Firmeninteresse entsprechend repräsentativen und komfortablen PKW auch privat nutzen kann, ist lediglich ein Reflex dieses Umstandes und kein vermögenswerter Vorteil.

Nach alledem steht der Klägerin auf der - wie ausgeführt maßgeblichen - Basis der tatsächlichen derzeitigen Einkünfte des Beklagten ein höherer als vom Amtsgericht für erfolgversprechend erachteter Trennungsunterhalt nicht zu.

Der Abzug der vom Beklagten weiterhin (in Erfüllung auch einer eigenen Verpflichtung im Außenverhältnis) gezahlten Miete von dem errechneten Unterhaltsanspruch ist gerechtfertigt, soweit damit ein Wohnbedarf der Klägerin und der beiden erstehelichen Kinder auch in dem trennungsbedingt reduzierten Umfang gedeckt ist, sie also andernfalls zur Deckung des beschriebenen Wohnbedarfs für eine angemessene Wohnung einen Betrag in dieser Größenordnung aufwenden würde. Andernfalls käme man dann zwar zu einem geringeren anzurechnenden Betrag (in Höhe der fiktiven Miete), jedoch könnte dann der Beklagte bei Berechnung der Unterhaltsquote vorab die gezahlte Miete als Familienlast von seinem Einkommen abziehen.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 127 Abs.4 ZPO.

Dr. Eschweiler Noll Juncker