OLG Frankfurt vom 30.06.2000 (1 WF 194/99)

Stichworte: Auskunftsverpflichtung, Versorgungsträger, privatrechtlicher Stellungnahme, gutachterliche
Normenkette: FGG 53 b Abs. 2, VAHRG 11 Abs. 2.
Orientierungssatz: Der Senat schließt sich zu der Streitfrage, inwieweit die Lufthansa verpflichtet ist, im Rahmen ihrer Verpflichtung nach §§ 53 b Abs. 2 FGG, 11 Abs. 2 VAHRG die Höhe der Anwartschaft ihres Mitglieds selbst zu berechnen oder ob es sich dabei um eine nicht geschuldete und nur, wie angeboten, gegen angemessene Vergütung zu erbringende gutachterliche Leistung handelt, der vom 6. Familiensenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vertretenen Rechtsauffassung (Beschluß vom 18.10.1999, FamRZ 2000, 540) an.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main Abt. Höchst vom 02.07.1999 am 30. Juni 2000 beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.000,-- DM.

G r ü n d e :

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht der weiteren Beteiligten (im folgenden: Lufthansa) aufgegeben, dem Gericht Auskunft über die in der Ehezeit vom 01.08.1988 bis 31.01.1999 bei ihr erworbenen Anwartschaften auf eine Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst zu erteilen und ihr für den Fall, daß sie der Verpflichtung nicht nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- DM angedroht. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Lufthansa, die der Auffassung ist, mit dem von ihr dem Amtsgericht bereits mitgeteilten Datensatz (Aufstellungen der Versicherungszeiten, Tarifvertrag mit Ergänzungen und VBL-Satzung) habe sie ihrer gesetzlichen Pflicht zur Auskunftserteilung genügt.

Die Beschwerde ist gemäß § 19 FGG zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.

Der Senat schließt sich zu der Streitfrage, inwieweit die Lufthansa verpflichtet ist, im Rahmen ihrer Verpflichtung nach §§ 53 b Abs. 2 FGG, 11 Abs. 2 VAHRG die Höhe der Anwartschaft ihres Mitglieds selbst zu berechnen oder ob es sich dabei um eine nicht geschuldete und nur, wie angeboten, gegen angemessene Vergütung zu erbringende gutachterliche Leistung handelt, der vom 6. Familiensenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vertretenen Rechtsauffassung (Beschluß vom 18.10.1999, FamRZ 2000, 540) an. Die von der Lufthansa im Beschwerdeverfahren mitgeteilten gegenteiligen Rechtsauffassungen anderer Oberlandesgerichte überzeugen den Senat nicht. Der Umfang der Auskunftsverpflichtung nach den genannten Bestimmungen orientiert sich an dem, was der Versorgungsträger dem bei ihm Beschäftigten oder Versicherten im Versicherungsfalle selbst mitteilen müßte. Hierzu gehört selbstverständlich eine betragsmäßige Errechnung der Versorgungsanwartschaft, dann Versorgung, und nicht etwa ein Datensatz zum selber rechnen. Der Umfang der hier geschuldeten Auskunftsverpflichtung kann sich auch nicht an der etwa zu §§ 1379, 260 BGB entwickelten Rechtsprechung orientieren, wonach der Auskunftsschuldner in der Regel nur die wertbildenden Faktoren, nicht aber die Bewertung selbst schuldet. Insoweit befindet sich der Versorgungsträger gegenüber seinem bei ihm versicherten Mitglied in einer ganz anderen Lage, als die Parteien im Rahmen einer güterrechtlichen Auseinandersetzung. In letzterem Fall hat der Auskunftsschuldner hinsichtlich der Beurteilung der ihm bekannten und mitzuteilenden wertbildenden Faktoren keine weitergehenden Erkenntnisse und Möglichkeiten als der Auskunftsgläubiger selbst; beide sind auf Schätzungen und gegebenenfalls gutachterliche Stellungnahmen angewiesen. Im Rahmen der Versorgung ist der Versorgungsträger jedoch durchaus in der Lage, die Höhe der bei ihm erworbenen Versorgungsanwartschaften und Versorgung genau zu berechnen und muß dies im Versorgungsfall auch tun. Insoweit erscheint die Aufteilung der Auskunftspflicht in eine geschuldete Mitteilung der Bewertungsgrundlagen und eine gutachterliche Auswertung als willkürlich.

Die von der Lufthansa angeregte Zulassung der weiteren Beschwerde zur Herbeiführung einer einheitlichen Rechtspraxis ist aus Rechtsgründen nicht möglich. Gegen Entscheidungen der Oberlandesgerichte im Beschwerdeverfahren nach § 19 FGG ist eine weitere Beschwerde grundsätzlich nicht statthaft; sie kann auch nicht durch ihre Zulassung ermöglicht werden (BGH NJW 1983, 2775, 2778).

Dr. Eschweiler Michalik Juncker