OLG Frankfurt vom 24.11.1999 (1 WF 164/99)

Stichworte: Kostenentscheidung, Quoten Kostenfestsetzungsverfahren, Kostenentscheidung, bindende
Normenkette: ZPO 92, 104 ff
Orientierungssatz: Die Verteilung von Kosten nach verfahrensbeendenen Abschnitten (hier: teilweise Klagerücknahme) ist unzulässig (Zöller-Herget ZPO 21. Auflage § 92 RnN. 5). Unrichtige Fassungen von Kostenentscheidungen können jedoch nicht im Kostenfestsetzungsverfahren korrigiert werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Hanau vom 10.5.1999 am 24.11.1999 beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 600,-- DM

G r ü n d e :

Das Amtsgericht hat in dem dem Kostenfestsetzungsverfahren zugrunde liegenden Rechtsstreit folgende Kostenentscheidung getroffen: "Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der Kosten für die teilweise Klagerücknahme, die der Kläger zu tragen hat."

Der Kläger hat mit Kostenfestsetzungsantrag vom 23.4.1999 die Kosten seiner Anwältin zur Festsetzung gegen die Beklagte angemeldet. Das Amtsgericht hat die erstattungsfähigen Kosten mit 2.225,11 DM berechnet. Hiervon hat es 1.171,60 DM abgesetzt, die die Prozeßbevollmächtigte des Klägers als im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnete Anwältin bereits aus der Staatskasse erhalten hatte. Den Differenzbetrag von 1.053,51 DM hat es gegen die Beklagte festgesetzt.

Gegen den ihr am 02.6.1999 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluß hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 15.06.1999 Beschwerde eingelegt. Der Schriftsatz trägt den Eingangsstempel des Amtsgerichts Hanau vom 23.6.1999. Die Klägerin macht geltend, daß ihre Büroangestellte den Schriftsatz noch am 15.06.1999 in den Fristenbriefkasten des Amtsgerichts Hanau eingeworfen habe. Sie vermutet, daß der Schriftsatz zugleich mit einem in einer Zwangsvollstreckungssache zwischen den gleichen Parteien ebenfalls eingeworfenen Schriftsatz in die Zwangsvollstreckungsakte 80 M 6230/97 gelangt sei. In dieser Akte befindet sich die beglaubigte Abschrift eines Kostenfesetzungsantrags der Beklagten, welcher ebenfalls vom 15.06.1999 datiert. Die beglaubigte Abschrift enthält keinen Eingangsstempel. Wo das Original verblieben ist, ist nicht mehr aufklärbar.

In der Sache macht die Beklagte geltend, daß die vom Kläger geltend gemachten Kosten im Verhältnis des Werts des zurückgenommenen Teils der Klage zu den Gesamtkosten quotiert werden müßten.

Die Erinnerung ist zulässig. Aufgrund des Akteninhalts einschließlich der Zwangsvollstreckungsakte 80 M 6230/97 und der eidesstattlichen Versicherung der Angestellten Spillok vom 07.09.1999 ist der Senat davon überzeugt, daß die Beschwerde noch am 15.06.1999, also innerhalb der zweiwöchigen Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde (§ 104 Abs. 3 ZPO, 11 RflG), beim Amtsgericht eingegangen ist. Hiergegen spricht zwar der Eingangsstempel vom 23.6.1999. Die Beklagte hat jedoch einen Sachverhalt aufgezeigt, der es möglich erscheinen läßt, daß dieser Schriftsatz zunächst zur Zwangsvollstreckungsakte gelangt ist und erst später, als bemerkt wurde, daß er nicht zu dieser Akte gehört, einen Eingangsstempel erhalten hat. Hierfür spricht, daß die Zwangsvollstreckungsakte nicht ordnungsgemäß geführt ist. Das Original des dort eingereichten Schriftsatzes vom 15.06.1999 befindet sich nicht bei der Akte. Stattdessen ist eine beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes abgeheftet. Daß diese Abschrift nicht ohne das Original eingereicht wurde, ergibt sich daraus, daß sich auf der beglaubigten Abschrift kein Eingangsstempel befindet. Das Fehlen des Eingangsstempels zwingt zu dem Schluß, daß ein Original mit eingereicht wurde und auf ihm der Eingangsstempel angebracht wurde. Nachdem das Original sich jedoch nicht in der Akte befindet und, wie eine telefonische Rückfrage auf der Geschäftsstelle ergeben hat, auch nicht mehr auffindbar ist, bestehen erhebliche Zweifel an der ordnungsgemäßen Behandlung der in beiden Sachen eingereichten Anträge vom 15.06.1999. Im Hinblick auf die Erklärung der Angestellten der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten geht der Senat daher davon aus, daß deren Angaben zutreffen und die Beschwerde in der Zivilprozeßsache am 15.06.1999 eingegangen ist.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Der Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, daß nach der Kostenentscheidung des Urteils vom 30.07.1998 der Kläger einen Teil der Kosten zu tragen hat. Allerdings läßt sich dieser Teil, so wie die Kostenentscheidung gefaßt ist, nicht nach einer Quote ermitteln. Zwar hätte dies in der Kostenentscheidung geschehen müssen. Die Verteilung von Kosten nach verfahrensbeendenen Abschnitten (hier: teilweise Klagerücknahme) ist unzulässig (Zöller-Herget ZPO 21. Auflage § 92 RnN. 5). Unrichtige Fassungen von Kostenentscheidungen können jedoch nicht im Kostenfestsetzungsverfahren korrigiert werden. So wie die Kostenentscheidung gefaßt ist, verbleibt nur die Möglichkeit einer Kostenverteilung dahin, daß der Kläger die Mehrkosten zu tragen hat, die aus dem Teil der Klage entstanden sind, die er teilweise zurückgenommen hat. Es sind daher die Kosten aus dem Gesamtstreitwert den Kosten gegenüber zu stellen, die entstanden wären, wenn der zurückgenommene Teil der Klage von Anfang an nicht von der Klage umfaßt worden wäre.

Eine Berechnung im einzelnen kann hier jedoch dahinstehen, da in jedem Fall die Kostenfestsetzung der Höhe nach zu recht erfolgt ist. Da ein Teil des Kostenerstattungsanspruch des Klägers nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BRAGO auf die Staatskasse übergegangen ist, dieser Übergang aber nicht zum Nachteil der beigeordneten Anwältin geltend gemacht werden kann (§ 130 Abs. 1 Satz 2 BRAGO), ist der der beigeordneten Anwältin aus der Staatskasse zu erstattende Betrag zunächst auf den von der Beklagten nicht zu erstattenden Teil der Vergütung anzurechnen (Gerold/ Schmidt-von Eicken, BRAGO 14. Auflage § 130 RnN. 12). Der vom Kläger insgesamt zu tragende Kostenanteil liegt deutlich unter 50 %, da der zurückgenommene Teil der Klage nur zu einem geringeren Teil auf den Gesamtwert entfällt. Selbst wenn man der für die Beklagte günstigen Berechnung nach Quoten folgen würde, wären es 26,7 % der Gesamtkosten, also von den der Festsetzung zugrundeliegenden 2.225,11 DM ein Anteil von 594,10 DM. Da der von der Staatskasse an die Anwältin des Klägers gezahlte Betrag mit 1.171,-- DM diesen Betrag übersteigt, wird der eigentlich vom Kläger zu zahlende Anteil voll durch Verrechnung mit der Forderung der Staatskasse aufgebraucht. Der vom Kläger zu übernehmende Anteil an seinen Anwaltskosten verringert daher allein den auf die Staatskasse übergegangenen Teil des Erstattungsanspruchs, nicht den verbleibenden Teil des Erstattungsanspruchs des Klägers. Die Staatskasse ist ihrerseits gehindert, den nach Verrechnung verbleibenden Teil des auf sie übergegangenen Anspruchs gegen die Beklagte geltend zu machen, da dieser ihrerseits ratenfrei Prozeßkostenhilfe bewilligt ist (122 Abs. 1 Nr. 1 b ZPO).

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten sind in diesem Festsetzungsverfahren ohne Bedeutung. Eine Kostenausgleich nach § 106 ZPO ist nicht möglich, da das Prozeßgericht die Kosten nicht nach Quoten verteilt hat (Zöller-Herget a.a.O, § 106 RnN. 1).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Dr. Eschweiler Michalik Noll