OLG Frankfurt vom 25.07.2006 (1 WF 145/06)

Stichworte: PKH, Mutwilligkeit, Abänderungsklage
Normenkette: ZPO 114, 653, 654
Orientierungssatz: Die Prozesskostenhilfe für eine Abänderungsklage nach § 654 ZPO kann nicht mit der Begründung versagt werden, die Klageerhebung sei deshalb mutwillig, weil der Abänderungskläger seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit bereits im Rahmen der als Annex zur Vaterschaftsfeststellungsklage (§ 653 ZPO) erhobenen Unterhaltsklage hätte vorbringen können.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 9. 6. 2006 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 19. 5. 2006 -Nichtabhilfebeschluss vom 19. 6. 2006 am 25. Juli 2006 beschlossen :

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht dem Kläger die für eine Abänderungsklage nach § 654 ZPO nachgesuchte Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt, die Abänderungsklage sei mutwillig. Der Kläger habe die von ihm geltend gemachte mangelnde Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Kindesunterhalt bereits in dem Verfahren 35 F 10101/04 geltend machen können, in dem er auf Feststellung der Vaterschaft und im Annexverfahren auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch genommen wurde. Ihm sei im damaligen Verfahren Gelegenheit gegeben worden, seine Leistungsunfähigkeit durch Vorlage geeigneter Nachweise gegenüber dem Jugendamt als Beistand zu belegen, um eine Reduzierung der Unterhaltsforderung zu erreichen. Da der Kläger die ihm eingeräumte Frist habe verstreichen lassen, ohne sich mit dem Jugendamt in Verbindung zu setzen, sei die nun beabsichtigte Abänderungsklage mutwillig.

Die fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache auch vorläufig Erfolg.

Dem Kläger kann die nachgesuchte Prozesskostenhilfe für die Abänderungsklage nicht wegen Mutwilligkeit versagt werden. Denn er hätte in dem Ausgangsverfahren eine Reduzierung des geltend gemachten Unterhalts nicht gegen den Willen des Beistands durchsetzen können.

In dem Annexverfahren zur Vaterschaftsfeststellung können gemäß § 653 Abs. 1 Satz 3 ZPO Einwendungen des Beklagten nicht zu einer Herabsetzung des Unterhalts unter die Regelbeträge führen. Deshalb ist der Beklagte, der in einem Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft zugleich auf Zahlung von Unterhalt in Höhe der Regelbeträge in Anspruch genommen wird, mit materiell-rechtlichen Einwendung, die zu einem Ausschluss oder einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs führen sollen, insbesondere mit der Einwendung der fehlenden oder eingeschränkten Leistungsunfähigkeit ausgeschlossen (OLG Dresden, FamRZ 2003, 161; OLG Brandenburg, FamRZ 2000, 1044; OLG Bremen, FamRZ 2000, 1164; OLG Hamm, FamRZ 2000, 902). Solche Einwendungen kann er nur in dem dafür vorgesehenen besonderen Abänderungsverfahren nach § 654 ZPO geltend machen.

Der Kläger hätte daher als Beklagter des Ausgangsverfahrens nur im Einvernehmen mit dem Beistand in Form eines Vergleichs oder einer (teilweisen) Klagerücknahme eine Reduzierung der Unterhaltsforderung erreichen können. Ob ihm dies gelungen wäre, wenn er seinen jetzigen Vortrag bereits damals vorgebracht hätte, bewegt sich im Bereich der Spekulation. Hierauf kann der Vorwurf der Mutwilligkeit nicht gestützt werden, zumal das jetzige Prozessverhalten des Jugendamtes, für das offenbar der Vortrag des Klägers keinen Anlass bietet, sich als Beistand des beklagten Kindes mit dem Kläger über eine Herabsetzung des Unterhalts zu verständigen, gegen die Annahme spricht, dass er bei entsprechendem damaligem Vorbringen ein Einvernehmen mit dem Beistand hätte herbeiführen können.

Über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann der Senat nicht selbst entscheiden. Die Frage der Prozesskostenhilfebedürftigkeit des Klägers und der Erfolgsaussicht seines Klagebegehrens war nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung. Ihre Beurteilung ist zunächst dem Amtsgericht vorzubehalten.

Grün