OLG Frankfurt vom 15.11.2000 (1 WF 113/00)

Stichworte: Erziehungsbericht, Lichtbilder, Zwangsgeld
Normenkette: FGG 33 Abs. 3 S. 1
Orientierungssatz: Ein Zwangsgeld ist nicht als Buße für vergangene Pflichtwidrigkeiten bestimmt, sondern als Mittel zur Erzwingung künftigen pflichtgemäßen Verhaltens. Weigert sich ein 16 Jahre altes Kind, sich fotografieren zu lassen, so kann die Vorlage von Lichtbildern des Kindes nicht erzwungen werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Dillenburg vom 10.05.2000 am 15.11.2000 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird mit der Kostenentscheidung aufgehoben.

Der Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes wird zurück- gewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außer- gerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Mit Beschluß vom 01.04.1992 (4 VII 224/89) des Amtsgerichts - Vormundschaftsgericht - Dillenburg ist unter Zurückweisung des weitergehenden Umgangsbegehrens des Vaters der Mutter aufgegeben worden, jährlich jeweils nach den hessischen Sommerferien einen Erziehungsbericht zu erstellen und ihm zukommen zu lassen. "Dieser Erziehungsbericht muß Auskunft über die schulische, gesundheitliche, persönliche und soziale Entwicklung des Kindes geben." Außerdem ist der Mutter aufgegeben worden, dem Vater zweimal jährlich ein Bild des Kindes zu übersenden.

Mit weiterem Beschluß vom 22.11.1995 (4 VII 142/94) ist der Mutter wegen gerügter Ver- stöße gegen diese Regelung ein Zwangsgeld in Höhe von je 300,-- DM angedroht worden.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht gegen die Antragsgegnerin wegen insgesamt 17 aufgelisteter Verstöße (13 Fotos und 4 Entwicklungsberichte, die jeweils nicht vorgelegt seien) ein Zwangsgeld in Höhe von 17 x 300,-- DM = 5.100,-- DM festgesetzt.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin ist gem. § 19 FGG zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des Zwangsgeld- beschlusses.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die im Jahre 1995 erfolgte Androhung noch eine ausreichende Grundlage für eine Zwangsgeldfestsetzung im Sinne des § 33 Abs. 3 S. 1 FGG darstellt. Dies zu Gunsten des Antragstellers unterstellt, erweist sich die angeordnete Zwangsgeldfestsetzung aus anderen Gründen als nicht gerechtfertigt.

Die Antragsgegnerin hat Entwicklungsberichte für die letzten drei Jahre gefertigt und übersandt, den letzten für 2000 im Laufe des anhängigen Verfahrens. Diese Berichte sind inhaltlich knapp, entsprechen jedoch dem Ausgangsbeschluß, nach dem jedenfalls kein weitergehender Inhalt erzwingbar ist. Fehlende Entwicklungsberichte für zurückliegende Jahre rechtfertigen nicht die Verhängung eines Zwangsgeldes. Dieses stellt keine Sühne für vergangene Pflichtverstöße dar, sondern ein Beugemittel für künftiges Wohlverhalten. Da die Antragsgegnerin durch die Vorlage der Berichte für die letzten Jahre gezeigt hat, daß sie insoweit ihrer Verpflichtung genüge tun werde, und der Antragsgegner an der nachträglichen Erstellung von Entwicklungsberichten für vergangene Zeiträume ersichtlich kein vernünftiges Interesse haben kann, erscheint die weitergehende Anordnung von Erzwingungsmaßnahmen für diesen Teil des Beschlusses nicht geboten.

Die der Antragsgegnerin weiter auferlegte Vorlage von Lichtbildern des Kindes ist, wie von ihr plausibel dargelegt, nicht mehr erzwingbar. Nach ihrer Angabe weigert sich V., sich für diesen Zweck oder überhaupt - unter Verdeckung dieses Zweckes - fotografieren zu lassen. Angesichts ihres Alters von 16 Jahren ist es auch nachvollziehbar, daß sie nicht gegen ihren Willen zu einem dahingehenden Verhalten gezwungen werden kann. Die Haltung des Kindes wird deutlich aus einem Protokoll in dem parallelen Umgangsverfahren 2 F 799/99 vor dem Amtsgerichts Dillenburg vom 07.03.2000, in dem sie nachdrücklich und bestimmt abgelehnt hat, irgendwelche Fotos von ihr machen zu lassen. Unter diesen Umständen kann der Zweck von Zwangsgeldern, nämlich den Pflichtigen zur Vornahme der geschuldeten Handlung anzuhalten, nicht mehr erreicht werden. Insoweit dies in zurück-liegenden Zeiträumen anders zu beurteilen gewesen wäre, mag dahinstehen. Auch insoweit gilt, daß das Zwangsgeld nicht als Buße für vergangene Pflichtwidrigkeiten bestimmt ist, sondern als Mittel zur Erzwingung künftigen pflichtgemäßen Verhaltens. Ist dies, wie ausgeführt für diesen Teilaspekt, nicht mehr möglich, ist die Verhängung von Zwangsmitteln ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13a Abs. 1 S. 1 FGG.

Dr. Eschweiler Noll Juncker