OLG Frankfurt vom 10.11.1999 (1 WF 110/99)

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Normenkette:
Orientierungssatz: Nach ständiger Spruchpraxis des Senats ist von der Notwendigkeit der Beauftragung eines Verkehrsanwalts in der Regel dann auszugehen, wenn die sonst erforderliche unmittelbare Information eines Prozeßbevollmächtigten am Sitz des Prozeßgerichts mehr als einen halben Arbeitstag in Anspruch nehmen würde, wovon in der Regel auszugehen ist, wenn sich der Ort des Prozeßgerichts in einer Entfernung von mehr als 50 km befindet (Dillenburg-Ffm).

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Erinnerung des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts -Familiengericht- Dillenburg vom 23.04.1999 am 10.11.1999 beschlossen

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert. Aufgrund des rechtswirksamen Vergleichs des Amtsgerichts Dillenburg vom 07.01.1999 hat der Kläger (nur) 3.593,80 DM nebst 4 % Zinsen seit 18.01.1999 an die Beklagte zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Beschwerdewert: 111,96 DM.

G r ü n d e :

Zwischen den Parteien war ein Unterhaltsrechtsstreit anhängig, der durch Vergleich vor dem Amtsgericht am 07.01.1999 mit einer Kostenverteilung von 3/4 zu 1/4 zu Lasten des Klägers beendet worden ist. Der Streitwert ist auf 27.764,65 DM, der Vergleich wird auf 135.000,00 DM festgesetzt worden.

Der Kläger hat seine Kosten mit insgesamt 8.876,90 DM zur Festsetzung angemeldet, darin enthalten Verkehrsanwaltkosten in Höhe einer 5/10 Gebühr (552,50 DM) nebst Auslagenpauschale und anteiliger Mehrwertsteuer aus dem festgesetzten Streitwert. Anstelle dieser Gebühr hat das Amtsgericht -Rechtspflegerin- lediglich 239,44 DM als fiktive Kosten einer Informationsreise von dem Wohnsitz des Klägers in Frankfurt nach dem Sitz des Prozeßgerichts in Dillenburg festgesetzt und aufgrund der im übrigen nicht beanstandeten angemeldeten Kosten beider Parteien den vom Kläger zu erstattenden Betrag errechnet.

Gegen den ihm am 27.04.1999 zugestellten Beschluß richtet sich die am 18.05.1999 beim Amtsgericht eingegangene "Erinnerung" des Klägers, mit der er an der Festsetzung der Kosten des Korrespondenzanwalts festhält. Die Einschaltung eines Verkehrsanwalts sei notwendig gewesen, da zwischen dem Kläger und seinem Bevollmächtigten in Frankfurt aufgrund einer seit längerer Zeit bestehenden Beratung ein besonderes Vertrauensverhältnis bestanden habe. Hilfsweise macht er anstelle einer Korrespondenzanwaltsgebühr die Kosten für drei Informationsreisen anläßlich der insgesamt drei in Dillenburg stattgefundenen Gerichtstermine in einer die Kosten eines Verkehrsanwalts nahezu erreichenden Höhe geltend.

Die Beklagte tritt der Beschwerde entgegen. Sie hält unter Bezugnahme an ihren erstinstanzlichen Vortrag hierzu an ihre Rechtsauffassung fest, daß zu sachgerechten Information eines in Dillenburg beauftragten Bevollmächtigten lediglich eine Informationsreise notwendig gewesen wäre.

Das Amtsgericht hat -ohne Nichtabhilfeentscheidung- die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Das Rechtsmittel ist gemäß § 11 Abs. 1 in der ab 01.10.1998 geltenden Fassung (§ 39 RPflG) als sofortige Beschwerde statthaft (§ 104 Abs. 3 ZPO) und auch sonst zulässig. Der Beschwerdewert von 100,00 DM (§ 567 Abs. 2 S. 3 ZPO) ist erreicht. Er errechnet sich aus der Differenz zwischen den zugestandenen Kosten für eine fiktive Informationsreise zu den begehrten Kosten der Beauftragung eines Verkehrsanwalts, hiervon 1/4 als von der Beklagten zu tragenden und damit erstattungsfähigen Quote. Die Streitfrage, ob nach der Neufassung des § 11 RPflG in den Fällen der sofortigen Beschwerde der Rechtspfleger noch zu einer Abhilfe befugt ist, hat der Senat inzwischen dahin entschieden, daß dies nicht der Fall ist (Beschluß vom 26.10.1999, 1 WF 89/99 m.N.).

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt zu einer entsprechenden Herabsetzung der vom Kläger zu erstattenden Kosten.

Nach ständiger Spruchpraxis des Senats ist von der Notwendigkeit der Beauftragung eines Verkehrsanwalts in der Regel dann auszugehen, wenn die sonst erforderliche unmittelbare Information eines Prozeßbevollmächtigten am Sitz des Prozeßgerichts mehr als einen halben Arbeitstag in Anspruch nehmen würde, wovon in der Regel auszugehen ist, wenn sich der Ort des Prozeßgerichts in einer Entfernung von mehr als 50 km befindet. Das ist hier der Fall; Dillenburg liegt mehr als 100 Tarifkilometer von Frankfurt entfernt. Inwieweit bei sehr hohen Streitwerten mit entsprechend hohen Kosten für die Einschaltung eines Verkehrsanwalts ein anderes gelten könnte, kann dahin gestellt bleiben. Jedenfalls bei mittleren Streitwerten wie hier, bei der weitere Informationsreisen den Kostenvorteil gegenüber der Beauftragung eines Verkehrsanwalts aufzehren würden, trifft dieser Gesichtspunkt nicht zu. Dabei ist zu beachten, daß der konkrete Informationsbedarf und daraus resultierend eine etwaige Notwendigkeit mehrere Informationsreisen sich zu Beginn des Prozesses in der Regel nicht zuverlässig abschätzen läßt, zu diesem Zeitpunkt aber die Partei die Entscheidung, ob ein Verkehrsanwalt eingeschaltet werden soll, treffen muß (vgl. Senatsbeschluß vom 17.06.1996, 1 WF 110/96 = OLG Report 1997, 156).

Setzt man in die Kostenausgleichung in dem angefochtenen Beschluß anstelle der dort enthaltenen außergerichtlichen Kosten des Klägers von 8.429,04 DM, zusammengesetzt aus den Kosten des Hauptbevollmächtigten in Höhe von 8.189,60 DM zuzüglich fiktiver Informationskosten von 239,44 DM, die beanstandungsfrei geltend gemachten Kosten unter Einschluß der Kosten eines Verkehrsanwalts in Höhe von insgesamt 8.876,90 DM ein, errechnet sich unter Berücksichtigung auch der Gerichtskostenausgleichung der im Beschlußtenor ausgewiesene zu erstattende Betrag.

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 91 ZPO.

Dr. Eschweiler Michalik Juncker