OLG Frankfurt vom 02.09.1999 (1 WF 107/99)

Stichworte: Gerichtskosten PKH Partei, arme BverfG
Normenkette: GKG 58, ZPO 123 BverfG, (Beschluß vom 23. 6. 1999, veröffentlicht in JMBl. 1999, 507 ff.)
Orientierungssatz: Nach bewilligter Prozeßkostenhilfe kann der von Gerichtskosten befreite Beklagte (hier die Antragsgegnerin) auch nicht auf dem Umweg über § 123 ZPO zur Tragung von Gerichtskosten herangezogen werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

weiter beteiligt:

Staatskasse des Landes Hessen, endvertreten durch den Bezirksrevior bei dem Landgericht Wiesbaden (560 Ec Ic 4/99) ,

Beschwerdegegner,

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 7. 4. 1999 am 02. September 1999 beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Dem Antragsteller sind aus der Staatskasse weitere 188,75 DM verauslagte Gerichtskosten zu erstatten. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstatten.

Gründe:

Der Antragsteller hat zusammen mit der im Juli 1997 eingereichten Scheidungsantragsschrift einen Gerichtskostenvorschuss in Höhe von insgesamt 705,-- DM (3,0 Gebühren aus dem von ihm errechneten Gegenstandswert von 9.059,17 DM) entrichtet. In der Folgezeit ist der Antragsgegnerin ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung bewilligt worden.

Nachdem das Amtsgericht dem Scheidungsantrag unter Kostenaufhebung stattgegeben hat, hat der Kostenbeamte mit Kostenrechnung vom 5. 8. 1998 die entstandenen Gerichtskosten mit insgesamt 377,50 DM festgestellt, hierauf den gezahlten Vorschuss verrechnet und den Differenzbetrag in Höhe von 327,50 DM zur Rückzahlung angewiesen.

Hiergegen hat sich der Antragsteller mit Schriftsatz vom 12. 11. 1998 gewandt, mit der er die Rückzahlung weiterer 188,75 DM Gerichtskosten, nämlich den auf die Antragsgegnerin entfallenden Anteil, gefordert hat. Das Amtsgericht hat diese Eingabe als Erinnerung ausgelegt und, nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisiors, diese mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Der Antragsteller hat daraufhin anfragegemäß mitgeteilt, daß die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt werden möge.

Die Bitte des Antragstellers um Vorlage an das Oberlandesgericht ist der Sache nach als Beschwerde gemäß § 5 Abs. 2 GKG auszulegen und als solche zulässig. Der erforderliche Beschwerdewert von 100,-- DM ist überschritten. Mit der Kostenerinnerung und der Beschwerde kann nicht nur die Anforderung von Gerichtskosten bekämpft, sondern, wie hier, auch die Rückzahlung überzahlter Gerichtskosten verlangt worden.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt antragsgemäß zur Anordnung der Rückzahlung der Hälfte der entstandenen Gerichtskosten für das Verfahren.

Allerdings stand die Rechtsauffassung des Vertreters der Staatskasse, die sich das Amtsgericht der Sache nach zu eigen gemacht hat, in Einklang mit der ganz herrschenden Meinung hierzu (z. B. BGH Rechtspfleger 1998, 376) . Danach umfasst die Regelung des § 58 Abs. 2 S. 2 GKG, wonach der Gegner einer kostenarmen Partei nicht auf den Kostenanteil, für den die kostenarme Partei gemäß § 54 Nr. 1 GKG als Entscheidungsschuldner haftet, in Anspruch genommen werden soll, nicht diejenigen Kosten, für die der Gegner aufgrund einer bestehenden Kostenschuld bereits Kostenvorschüsse geleistet hat. Die genannte Bestimmung in diesem Verständnis betrifft damit lediglich noch zu zahlende, nicht bereits entrichtete Gerichtskosten. Für diese war er auf einen Kostenerstattungsanspruch gegen die kostenarme Partei zuverweisen, da nach § 123 ZPO die bewilligte Prozeßkostenhilfeauf die Verpflichtung, Kosten zu erstatten, keinen Einfluß habe.

Diese Rechtsauffassung ist jedoch inzwischen durch das Bundesverfassungsgericht (Beschluß vom 23. 6. 1999, veröffentlicht in JMBl. 1999, 507 ff.) als mit Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes für nicht vereinbar erklärt worden. Danach kann der nach bewilligter Prozeßkostenhilfe von Gerichtskosten befreite Beklagte (hier die Antragsgegnerin) auch nicht auf dem Umweg über § 123 ZPO zur Tragung von Gerichtskosten herangezogen werden.

Vielmehr ist die Staatskasse gehalten, der obsiegenden Partei den von ihm nach der Kostenentscheidung nicht geschuldeten Teil der Gerichtskosten aus dem gezahlten Vorschuss zurückzuerstatten.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 5 Abs. 6 GKG) .

Dr. Eschweiler Carl Juncker