OLG Frankfurt vom 26.06.2000 (1 WF 101/00)

Stichworte: Rechtsmittelverzicht, Erklärung Prozessgebühr, halbe
Normenkette: BRAGO 32 Abs. 2, 56, 7, 13 Abs. 2
Orientierungssatz: § 32 Abs. 2 BRAGO setzt nicht voraus, daß der Anwalt, der die Einigung zu Protokoll des Gerichts erklärt, auch im übrigen Prozeßvollmacht hat. Ist er lediglich mit der Erklärung eines Rechtsmittelverzichts beauftragt, so erhält er die halbe Prozeßgebühr nach § 32 Abs. 2 BRAGO neben der halben Gebühr für die Erklärung des Rechtsmittelverzichts gemäß § 56 BRAGO.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Rüsselsheim vom 20. April 2000 am 26. 06. 2000 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die vom Antragsgegner an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf 1.236,27 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 13. März 2000 festgesetzt werden.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Beschwerdewert: 124,70 DM.

G r ü n d e :

Das als sofortige Beschwerde anzusehende Rechtsmittel ist begründet.

Das Amtsgericht hat zu Unrecht die mit Antrag vom 14.4.2000 angemeldete halbe Gebühr nach § 32 Abs. 2 BRAGO nicht angesetzt. Da über den Vergleichsgegenstand ein Rechtsstreit nicht anhängig war lag der Fall des § 32 Abs. 2 BRAGO vor, wonach dem Rechtsanwalt eine halbe Prozeßgebühr zusteht, wenn er lediglich beantragt, eine Einigung der Parteien zu Protokoll zu nehmen. Hieran ändert die Tatsache nichts, daß Rechtsanwalt L. für das Scheidungsverfahren nicht zum Prozeßbevollmächtigten bestellt war, sondern nur den Auftrag hatte, nach Urteilsverkündung einen Rechtsmittelverzicht zu erklären. § 32 Abs. 2 BRAGO setzt nicht voraus, daß der Anwalt, der die Einigung zu Protokoll des Gerichts erklärt, auch im übrigen Prozeßvollmacht hat. Ist er lediglich mit der Erklärung eines Rechtsmittelverzichts beauftragt, so erhält er die halbe Prozeßgebühr nach § 32 Abs. 2 BRAGO neben der halben Gebühr für die Erklärung des Rechtsmittelverzichts gemäß § 56 BRAGO (KG, Juristisches Büro 1986 Spalte 1366). Gegen die Erstattungsfähigkeit dieser Gebühren können Bedenken nur dann erwachsen, wenn ein weiterer Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigter tätig war, da dann unnötige zusätzliche Kosten entstehen würden. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da der Antragsgegner im übrigen nicht anwaltlich vertreten war. Die halbe Gebühr nach § 32 Abs. 2 BRAGO ist in der Kostenanmeldung vom 14.4.2000 zutreffend berechnet, wobei lediglich ein unschädliches Formulierungsversehen vorlag, weil die Gebühr als Verhandlungsgebühr und nicht als Prozeßgebühr bezeichnet war. Zutreffend hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners die halbe Gebühr nach § 32 Abs. 2 BRAGO zusätzlich neben der halben Gebühr nach § 56 BRAGO, welche aus dem Scheidungsstreitwert erwachsen ist, angesetzt und diese Gebühren nicht nach dem zusammengesetzten Wert aus Scheidung nebst anhängigen Folgesachen einerseits und nichtanhängigen Folgesachen andererseits angesetzt. Eine Zusammenrechnung nach §§ 7 Abs. 3, 13 Abs. 2 BRAGO findet nicht statt, weil die beiden Gebühren verschiedenartig sind. Die Gebühr nach § 32 Abs. 2 BRAGO ist eine halbe Prozeßgebühr, die Gebühr nach § 56 BRAGO eine halbe Gebühr für eine Einzeltätigkeit (KG aaO Spalte 1368). Danach ergibt sich folgende Kostenausgleichung:

Kosten Antragstellerin 3.815,24 DM Kosten Antragsgegner 1.342,70 DM Gesamtkosten 5.157,94 DM davon die Hälfte 2.578,97 DM eigene Kosten Antragstellerin 3.815,24 DM zu erstatten 1.236,27 DM.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Sofern es im Beschwerdeverfahren nicht nur um eine unrichtige Durchführung der Kostenausgleichung, sondern um die Frage der Berechtigung einer von einer Partei im Festsetzungsverfahren angemeldeten Kostenposition ging, ist nach der Rechtsprechung des Senats auch dann über die Kosten nach § 91 ZPO zu entscheiden, wenn die Partei, zu deren Nachteil die Entscheidung ergeht, im Beschwerdeverfahren nicht widerspricht (Beschluß vom 3.8.1999 - 1 WF 143/99, Anwaltsblatt 1999 Seite 413).

Dr. Eschweiler Michalik Noll