OLG Frankfurt vom 02.03.1999 (1 UFH 5/99)

Stichworte: Zuständigkeit, Klageänderung, Familiensache, verlängerte Vollstreckungsabwehrklage
Normenkette: ZPO 36 Nr. 6
Orientierungssatz: Gegenstand des Verfahrens ist damit nunmehr - nach Erledigung des Hauptantrags - die in Ersetzung des früheren Hilfsantrages verfolgte Bereicherungsklage. Dabei handelt sich um eine sogenannte "verlängerte Vollstreckungsabwehrklage", die daraus resultiert, daß nach beendeter Zwangsvollstreckung die bislang verfolgte Vollstreckungsabwehrklage unzulässig wird (BGHZ 83, 278, 280). Es handelt sich dabei noch nicht einmal um eine Klageänderung, sondern lediglich um eine Anpassung des Klageantrages an die geänderte Rechtslage, die in jeder Lage des Verfahrens zulässig ist (OLG Schleswig, NJW-RR 1992, 192). Für die hier zu treffende Qualifikation der Sache als Familiensache oder nicht teilt sie die Klassifizierung der vorausgehenden Vollstreckungsabwehrklage.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In dem Zuständigkeitsbestimmungsverfahren

mit den beteiligten Parteien

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Vorlage der allgemeinen Zivilabteilung des Amtsgerichts Seligenstadt am 02. März 1999 beschlossen

Die Abteilung für Familiensachen des Amtsgerichts Seligenstadt ist zuständig.

G r ü n d e :

Die Vorlage ist gemäß § 36 Nr. 6 ZPO zulässig. Beide an dem Zuständigskeitsstreit beteiligten Abteilungen des Amtsgerichts Seligenstadt haben sich jeweils durch nach außen verlautbarten Beschluß und damit rechtskräftig für unzuständig erklärt. Da der Kompetenzkonflikt zwischen einer Abteilung für Familiensachen und einer Abteilung für allgemeine Zivilsachen desselben Gerichts besteht, kommt der Abgabeverfügung des Familiengerichts vom 26.1.1999 keine bindende Wirkung im Sinne des 281 ZPO zu.

Zuständig ist das Familiengericht, da das Verfahren eine Familiensache betrifft.

Die Klägerin hat sich mit ihrer Klageschrift (vom 7.10.1998) gegen die Vollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Seligenstadt vom 17.10.1990 über 1.938,16 DM nebst Zinsen gewandt und dabei in erster Linie Herausgabe des Titels verlangt und hilfsweise im Wege der Vollstreckungsabwehrklage erstrebt, die Vollstreckung aus dem Titel für unzulässig zu erklären.

Nachdem das Amtsgericht mit Beschluß vom 13.11.1998 es abgelehnt hat, die Vollstreckung aus dem Titel vorläufig einzustellen, hat die Klägerin zur Abwendung der weiteren Vollstreckung den titulierten Betrag nebst Zinsen gezahlt und verlangt im Hinblick darauf mit nunmehr geändertem Antrag (mit Schriftsatz vom 21.1.1999) von dem Beklagten Rückzahlung des Vollstreckungsbetrages (jetzt 2.684,50 DM nebst Zinsen). Die ursprünglich in erster Linie verlangte Herausgabe des Titels ist offensichtlich erledigt, nachdem ihr dieser nach beendeter Vollstreckung ausgehändigt worden sein dürfte, und wird nicht weiter verfolgt.

Gegenstand des Verfahrens ist damit nunmehr - nach Erledigung des Hauptantrags - die in Ersetzung des früheren Hilfsantrages verfolgte Bereicherungsklage. Dabei handelt sich um eine sogenannte "verlängerte Vollstreckungsabwehrklage", die daraus resultiert, daß nach beendeter Zwangsvollstreckung die bislang verfolgte Vollstreckungsabwehrklage unzulässig wird (BGHZ 83, 278, 280). Es handelt sich dabei noch nicht einmal um eine Klageänderung, sondern lediglich um eine Anpassung des Klageantrages an die geänderte Rechtslage, die in jeder Lage des Verfahrens zulässig ist (OLG Schleswig, NJW-RR 1992, 192). Für die hier zu treffende Qualifikation der Sache als Familiensache oder nicht teilt sie die Klassifizierung der vorausgehenden Vollstreckungsabwehrklage. Dies folgt aus der Erwägung, daß Bereicherungsansprüche ( § 812 ff, ebenso wie solche aus unerlaubter Handlung, § 823 ff.) bezüglich ihrer Einordnung als Familiensache oder allgemeine Zivilsache "neutral" sind und deshalb nach dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis zu beurteilen sind, dessen Rückabwicklung sie dienen. Demgemäß sind Ansprüche auf Rückzahlung überzahlten Unterhalts aus ungerechtfertigter Bereicherung ebenso Familiensachen wie der zugrundeliegende Unterhalt.

Die ursprünglich von der Klägerin erhobene Vollstreckungsabwehrklage war Familiensache, weil der Titel, nämlich der Kostenfestsetzungsbeschluß als Anhangsverfahren zu einem vorausgegangenen Unterhaltsverfahren vor dem Familiengericht, von einem Familiengericht erlassen worden ist, und die hiergegen erhobenen Einwendungen gemäß § 767 ZPO vor dem Prozeßgericht des ersten Rechtszuges, also eben dem Familiengericht, geltend zu machen waren ( § 767 Abs. 1 ZPO). Dies ist von dem zunächst angegangenen Familiengericht im bisherigen Lauf des Verfahrens mit Recht auch nicht angezweifelt worden. Dieselbe Qualifikation aber kommt der in Fortsetzung nunmehr notwendigerweise als Bereicherungsklage weitergeführten Klage auf Rückzahlung des nach Behauptung der Klägerin zu Unrecht vollstreckten titulierten Betrages zu.

Dr. Eschweiler Noll Juncker