OLG Frankfurt vom 22.08.2000 (1 UFH 14/00)

Stichworte: Familiensache, Steuererklärung, Mitwirkung.
Normenkette: ZPO 36 Abs. 1 Nr. 6, 281, Abs. 2 GVG 23 b Abs. 1 S. 2 Nr. 5, 6
Orientierungssatz: Entgegen der Auffassung der Zivilabteilung des Amtsgerichts handelt es sich bei dem geltend gemachten Anspruch auf Mitwirkung bei der Steuererklärung nicht um einen familienrechtlichen Anspruch, der mit der Unterhaltspflicht zwischen den inzwischen geschiedenen Eheleuten in Zusammenhang steht.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In dem Zuständigkeitsbestimmungsverfahren

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Vorlage des Amtsgerichts -Zivilabteilung- Frankfurt am Main, Abteilung Höchst, vom 15.08.2000 am 22.08.2000 beschlossen:

Die Abteilung für allgemeine Zivilsachen des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Abteilung Höchst, ist funktionell zuständig.

G r ü n d e :

Die Vorlage ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO analog zulässig.

Da es sich vorliegend um eine Verweisung bzw. Abgabe innerhalb des selben Amtsgerichts handelt, greift die Einschränkung des Abs. 2 des § 281 ZPO nicht ein, d.h. der beschließende Senat kann die Zuständigkeitsfrage uneingeschränkt überprüfen.

Der Rechtsstreit betrifft keine Familiensache im Sinne des §§ 23 b GVG, 621 ZPO. Maßgebend für die Einordnung ist der geltend gemachte Anspruch, wie er sich aus dem den Rechtsstreit bzw. das Verfahren einleitenden Antrag in Verbindung mit der diesbezüglichen Begründung der Klage ergibt.

Entgegen der Auffassung der Zivilabteilung des Amtsgerichts handelt es sich bei dem geltend gemachten Anspruch auf Mitwirkung bei der Steuererklärung nicht um einen familienrechtlichen Anspruch, der mit der Unterhaltspflicht zwischen den inzwischen geschiedenen Eheleuten in Zusammenhang steht. Zwar hat der Bundesgerichtshof eine die Zuständigkeit der Familiengerichte begründende Verpflichtung des barunterhaltsberechtigten Ehegatten zur Zustimmung zum begrenzten Realsplitting aus dem zwischen den geschiedenen Eheleuten bestehenden gesetzlichen Unterhaltsrechtsverhältnis hergeleitet (vgl. BGH NJW 1983, Seite 1545,1546). Demgegenüber ist die Frage, ob der Ehegatte zur Zustimmung zur gemeinsamen Steuerveranlagung verpflichtet ist, unabhängig von einer bestehenden oder möglichen Unterhaltsverpflichtung oder -Berechtigung zu beantworten. Nach der ganz überwiegend vertretenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur, der sich der Senat anschließt, werden Streitigkeiten über die Zustimmung zur gemeinsamen Steuerveranlagung demgemäß nicht als Familiensache, sondern als zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit gehörender Gegenstand angesehen; in diesen Fällen liegt weder eine Ehesache im Sinne des § 23 b Abs. 1 S. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 606 Abs. 1 S. 1 ZPO noch eine die gesetzliche Unterhaltspflicht im Sinne des § 23 b Abs. 1 S. 2 Nr. 5, 6 GVG betreffende Streitigkeit vor.

Da der Kläger das Amtsgericht angerufen hat, hat der Senat nicht die Frage zu prüfen, ob im Hinblick auf den Streitwert des Verfahrens das Amtsgericht oder Landgericht zuständig ist.

Dr. Eschweiler Noll Carl