OLG Frankfurt vom 07.10.1999 (1 UF 94/99)

Stichworte: Scheidung, außergewöhnliche Härte, Tod des Sohnes, Wegfall des Witwenrentenanspruchs
Normenkette: BGB 1568
Orientierungssatz: Zu den Voraussetzungen eines Härtegrundes nach § 1568 BGB; versorgungsrechtliche Gesichtspunkte rechtfertigen die Anwendungen der Härteklausel des § 1568 BGB nicht(BGH FamRZ 1985, Seite 912, 913; Senat, Beschluß vom 06.11.1998 - 1 UF 157/98).

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

U R T E I L

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter am Oberlandesgericht Juncker, Noll und Michalik aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 07. Oktober 1999 für Recht erkannt:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 10. Februar 1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht- Bad Schwalbach wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Gebührenstreitwert wird auf 11.000,00 DM festgesetzt.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Amtsgericht hat zu Recht die Ehe der Parteien geschieden, das das Scheitern der Ehe aufgrund der seit mehr als drei Jahre andauernden Trennung der Parteien unwiderlegbar vermutet wird (§§ 1565 Abs. 1, 1566 Abs. 2 BGB). Dies hat das Amtsgericht zutreffend festgestellt. Das Vorbringen der Antragsgegnerin in der Berufungsinstanz rechtfertigt keine andere Beurteilung, sondern bestätigt vielmehr, daß die Parteien zwar noch im gleichen Haus, aber in getrennten Wohnungen leben.

Soweit die Antragsgegnerin im Berufungsverfahren sich darauf beruft, daß der Ehescheidung die Härteklausel des § 1568 BGB entgegenstünde, kann dem nicht gefolgt werden. Nach dieser Vorschrift ist eine Ehe nicht zu scheiden, solange die Scheidung für einen Ehegatten aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, daß die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erschiene. Dies ist nicht der Fall. Der Tod des erwachsenen Sohnes der Antragsgegnerin liegt inzwischen zwei Jahre zurück. Der Senat verkennt nicht, daß diese Tatsache einen erheblichen Schicksalsschlag für die Antragsgegnerin darstellte. Zwei Jahre nach einem solchen Ereignis kann jedoch nicht mehr davon ausgegangen werden, daß eine Ehescheidung eine außergewöhnliche Härte aufgrund der persönlichen Situation der Antragsgegnerin darstellen würde. Soweit sich die Antragsgegnerin darauf beruft, daß sie auch unter Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs nur eine unzureichende Altersversorgung habe, ist dies zwar zutreffend. Mit dieser Begründung kann jedoch eine Scheidung nicht versagt werden. Auch bei einem Fortbestand des formellen Ehebandes würde die Versorgungssituation der Antragsgegnerin nicht besser. Soweit das Vorbringen der Antragsgegnerin darauf abzielen sollte, das sie die Erwartung hegt, nach dem Tod des Antragstellers in den Genuß einer Witwenrente zu kommen, würde sich dadurch zwar in der Tat ihre Altersversorgung gegenüber der bei Scheidung der Ehe und Durchführung des Versorgungsausgleichs verbessern. Dies rechtfertigt jedoch nicht Versagung der Scheidung einer gescheiterten Ehe. Der mit einer Scheidung verbundene Wegfall von Witwenrentenansprüchen stellt keine außergewöhnliche Situation dar. Es ist vielmehr zwangsläufig so, das Ansprüche auf Witwenrente infolge einer Scheidung zum Wegfall kommen. Dabei ist es eine gerade zu typische Fallgestaltung, daß der Versorgungsausgleich keinen vollen Ausgleich hierfür schafft, weil bei der Witwenrente auch die vorehelich vom Ehegatten erworbenen Rentenanwartschaften berücksichtigt werden, während dies beim Versorgungsausgleich nicht der Fall ist. Daß derartige versorgungsrechtliche Gesichtspunkte die Anwendungen der Härteklausel des § 1568 BGB nicht rechtfertigen, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt (BGH FamRZ 1985, Seite 912, 913) und entspricht auch der Rechtsprechung des Senats (Beschluß vom 06.11.1998 - 1 UF 157/98).

Auch die Tatsache, daß aus dem gemeinsamen Einkommen der Parteien aus der früher von ihnen betriebenen Gaststätte zeitweise der Unterhalt für zwei nichteheliche Kinder des Antragstellers bewirtschaftet wurde, rechtfertigt nicht die Ablehnung einer Scheidung. Daß derartige Unterhaltslasten eines Ehegatten aus dem gemeinsam erwirtschafteten Einkommen finanziert werden müssen, ist kein außergewöhnlicher Umstand.

Der Senat hat von einer persönlichen Anhörung der Antragsgegnerin abgesehen, da sie dargetan hat, daß sie eine Anhörung psychisch belasten würde und von einer persönlichen Anhörung eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht zu erwarten wäre.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil konnte nicht zugelassen werden, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Entscheidung nicht von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht (§ 546 Abs. 1 S. 2 ZPO).

Die Wertfestsetzung folgt aus § 12 GKG.

Juncker Michalik Noll