OLG Frankfurt vom 31.10.2000 (1 UF 82/00)

Stichworte: Fahrtkosten, PKW, Km-Pauschale, Fahrleistung, hohe Mischeinkünfte
Normenkette: BGB 1361
Orientierungssatz: Die vom Senat in ständiger Übung zugebilligten Fahrtkostenpauschale von 0,52 DM/km geht von einer einfachen bis mittleren Fahrtleistung aus, wobei der Grenzwert etwa bei 15.000 km im Jahr (entsprechend 650,00 DM monatlich) gezogen werden kann.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main am 31.10.2000 beschlossen:

Der Klägerin wird für ihre Berufung gegen das am 18.2.2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Weilburg Prozeßkostenhilfe insoweit bewilligt, als sie Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 566,-- DM auch für die Zeit von Juli bis September 1999 und ab 1.1.2000 von monatlich 1.000,-- DM, letzteres unter Einschluß der erstinstanzlich zuerkannten Beträge, geltend macht.

Im übrigen wird der Antrag auf Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen.

Im Umfang der Bewilligung wird ihr Rechtsanwalt C., Frankfurt am Main, beigeordnet.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil ist der Beklagte zur Zahlung von Trennungsunterhalt an die Klägerin in Höhe von - jeweils monatlich - 566,43 DM für die Zeit von Oktober bis Dezember 1999, 344,56 DM für Januar und Februar 2000 und 172,28 DM ab März 2000 verurteilt worden. Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung strebt die Klägerin - unter Erweiterung ihrer erstinstanzlich gestellten Klageanträge - unter Einschluß der erstinstanzlich zuerkannten Beträge Trennungsunterhalt in Höhe von insgesamt monatlich 1.600,-- DM ab Juni 2000 an.

Die von ihr hierfür beantragte Prozeßkostenhilfe kann ihr nur in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang bewilligt werden, da nur insoweit ihre Rechtsverfolgung hinreichend erfolgversprechend ist.

Die Klägerin ist dem Grunde nach unterhaltsbedürftig (§ 1361 BGB). Sie war jedenfalls bei der (erneuten) Trennung der Parteien nicht erwerbstätig und brauchte angesichts der Sorge für das damals 14-jährige Kind keine vollschichtige Erwerbstätigkeit annehmen. Daß das Kind kein gemeinsames Kind der Parteien ist, ist für den Trennungsunterhalt nicht maßgeblich. Mit der Aufnahme einer offenbar nicht vollschichtigen Erwerbstätigkeit mit einem Bruttoeinkommen von 900,-- DM alsbald nach der erneuten Trennung hat sie, jedenfalls bemessen an dem Maßstab der Beurteilung im summarischen Verfahren, ihre Erwerbsobliegenheit erfüllt.

Das Amtsgericht hat diese Tätigkeit als in Fortführung einer bereits während der Ehe ausgeübten Erwerbstätigkeit angesehen und deshalb im Rahmen einer Differenzberechnung berücksichtigt. Demgegenüber hat die Klägerin in der Berufungsbegründung klargestellt, daß sie anläßlich der Eheschließung ihre damals ausgeübte Berufstätigkeit aufgegeben habe und die später aufgenommene Erwerbstätigkeit bei der Firma A. anläßlich der (ersten) Trennung der Parteien erfolgt sei, mithin trennungsbedingt sei. Derartige, in Erfüllung der Obliegenheit zur Eigenverantwortung nach der Trennung aufgenommene Erwerbstätigkeit prägt die ehelichen Lebensverhältnisse nicht.

Das Amtsgericht hat das Nettoeinkommen des Beklagten anhand ihm vorgelegter Einkommensnachweise mit monatlich 6.850,-- DM festgestellt. Dies wird von keiner Seite angegriffen und ist damit unstreitig. Ebenso unstreitig sind die Aufwendungen des Beklagten für Krankenversicherung in Höhe von 878,30 DM und Gewerkschaftsbeiträge von 102,-- DM, zusammen 980,30 DM, die sich, wie vom Beklagten nachgewiesen, im Jahre 2000 geringfügig erhöht haben.

Abzuziehen als als Werbungskosten sind, dem Grunde nach unstreitig, die Fahrtkosten des Beklagten, die das Amtsgericht mit monatlich 991,46 DM angenommen hat. Dies beanstandet die Klägerin als überhöht und gesteht insoweit nur einen Aufwand von 667,-- DM monatlich zu, der sich unter Berücksichtigung von Steuervorteilen noch auf 250,-- DM monatlich vermindere. Demgegenüber will der Beklagte unter Einbeziehung nicht vollständig (nur mit 0,26 DM je gefahrener Kilometer) erstatteter geschäftlich veranlaßter Fahrten einen Fahrtkostenaufwand von monatlich 1.577,-- DM abziehen.

Sowohl das Amtsgericht als auch der Beklagte haben die beruflich veranlaßten Fahrtkosten mit einem Pauschbetrag von 0,52 DM/km berechnet. Dies ist bei einer Fahrleistung in dieser Größenordnung nicht möglich. Die vom Senat in ständiger Übung zugebilligten Fahrtkostenpauschale von 0,52 DM/km geht von einer einfachen bis mittleren Fahrtleistung aus, wobei der Grenzwert etwa bei 15.000 km im Jahr (entsprechend 650,-- DM monatlich) gezogen werden kann. In der Pauschale enthalten sind nämlich zu einem erheblichen Teil Positionen, die mit steigender Fahrleistung entweder überhaupt nicht (Steuer, Versicherung) oder nur in geringem Umfang (erhöhte Abnutzung, Reparaturkosten) ansteigen, so daß sich der Aufwand im Schnitt pro gefahrener Kilometer ständig verringert. Bei sehr hoher Fahrleistung kommt noch ein anderer Gesichtspunkt zum Tragen: Werden die gesamten oder nahezu die gesamten Kosten für Anschaffung und Betrieb des Fahrzeugs über die Werbungskosten abgeschrieben, verbleibt dem Nutzer der Vorteil der privaten Nutzung zusätzlich und ohne meßbaren Aufwand. Er steht damit grundsätzlich nicht anders als der Arbeitnehmer, dem die private Nutzung eines dienstlich gestellten Fahrzeugs gestattet wird, und der dadurch Anschaffung und Unterhaltung (mit Ausnahme der reinen Betriebskosten) spart. Dies wird üblicherweise durch einen Zuschlag zum Einkommen berücksichtigt. Wie im Fall überdurchschnittlich hoher Fahrtaufwendungen der Aufwand zu bemessen ist, ist fallbezogen und vom Senat noch nicht abschließend beurteilt. In Betracht kommt entweder eine Herabsetzung der Pauschale oder eine konkrete Berechnung, beides gegebenfalls unter Berücksichtigung eines privaten Nutzungsanteils. Im Rahmen der hier gebotenen summarischen Wertung geht der Senat vorläufig von dem von der Klägerin zugestandenen Fahrtkostenaufwand von 667,-- DM aus.

Hiervon können allerdings dann nicht geschätzte Steuerersparnisse abgezogen werden. Ausweislich der von ihr selbst vorgelegten Verdienstabrechnungen hat der Beklagte keinen Freibetrag in seine Steuerkarte eintragen lassen. Dies ist auch nicht ohne weiteres möglich, da Werbungskosten nur insoweit eintragungsfähig sind, als sie über die bei der Lohnsteuer berücksichtigte Werbungskostenpauschale hinausgehen. Es kommt hinzu, daß das Finanzamt auch nur einen Satz von 0,35 DM/km (0,70 DM je Entfernungskilometer) zubilligt. Steuererstattungen können deshalb nur in der Höhe berücksichtigt werden, als sie tatsächlich in Form von Steuererstattungen zufließen. Deren Höhe vorzutragen ist indessen Sache des Unterhaltsberechtigte, dem hierfür ein Auskunftsanspruch zusteht.

Die weiterhin von der Klägerin mit der Berufungsbegründung angezweifelten Positionen (Annuitäten, Kredittilgung) sind vom Beklagten belegt worden. Von den geltend gemachten Aufwendungen für das von ihm genutzte Haus in B., der früheren Ehewohnung, sind allerdings nur die Kosten für Brandversicherung in Höhe 232,50 DM abzugsfähig, da die übrigen Positionen (Müll, Schornsteinfeger und Abwasser) verbrauchsbezogen sind.

Hinsichtlich des Unterhalts für den volljährigen Sohn D. hat der Beklagte im einzelnen vorgetragen, daß dieser in E. ein Germanistikstudium absolviert und daher noch unterhaltsbedürftig ist. Er hat weiter im einzelnen vorgetragen und belegt, daß er ihm eine der beiden Eigentumswohnungen in E. überläßt, wofür er das Wohngeld von 418,-- DM trägt und ihm weiter 500,-- DM monatlich überweist. Der Gesamtaufwand von 918,-- DM übersteigt den Aufwand für ein aushäusiges Kind nicht und ist daher in vollem Umfang abzugsfähig. Demgegenüber ist das Bestreiten der Klägerin unsubstantiiert.

Der Sohn F. ist, erstinstanzlich unstreitig gestellt, nicht mehr unterhaltsbedürftig. Seine Erwähnung in der Berufungserwiderung dürfte auf einem Versehen beruhen.

Der Nutzungswert für die vom Beklagten nach der Trennung nunmehr allein genutzte frühere Ehewohnung mit 800,-- DM ist unstreitig.

Für die zweite Wohnung in E. trägt der Beklagte, wie belegt, das Wohngeld von

517,-- DM. Hierfür hat ihm das Amtsgericht noch vor tatsächlich erfolgter Vermietung fiktiv 800,-- DM entgangener Miete zugerechnet, was der Senat zugunsten der Klägerin im summarischen Verfahren zugrundelegt. Ab 1.1.2000 erhöht sich dieser Wert auf die tatsächlich erzielte Miete von 1.500,-- DM monatlich.

Das Amtsgericht hat bei seiner offenbar einem Rechenprogramm entnommenen Berechnung von dem Erwerbseinkommen des Beklagten die gesamten Belastungen, einschließlich Aufwendungen für das selbstgenutzte Haus und eine der beiden Eigentumswohnungen in E. in Abzug gebracht, hiervon den Erwerbstätigenbonus abgesetzt und die Nutzung von Ehewohnung und Eigentumswohnung mit je

800,-- DM (also ohne Erwerbstätigenbonus) hinzugerechnet. Dieser Berechnungsweise folgt der Senat nicht. Vielmehr sind nach Maßgabe der Leitlinien des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (IV/4) die entsprechenden Aufwendungen mit den zugehörigen Nutzungswerten zu verrechnen. Die vom Beklagten bedienten Darlehen für den Hauskauf in Höhe von 1.880,-- DM sind deshalb um den Nutzungswert von 800,-- DM zu bereinigen, so daß im Ergebnis an dieser Stelle nur 1.080,48 DM in die Berechnung einzustellen sind. Entsprechendes gilt für das Wohngeld und die Grundsteuer für die Eigentumswohnung in E. in Höhe von 517,-- DM, die von dem Ertrag (für 1999 800,-- DM und ab 1.1.2000 1.500,-- DM) abzuziehen sind, so daß sich insoweit an dieser Stelle keine Abzugsposition ergibt.

Dies führt insgesamt zu folgender Unterhaltsberechnung:

für 1999:

Erwerbseinkommen des Beklagten 6.850,-- DM

./. Aufwendungen:

Krankenversicherung 878,30 DM

Gewerkschaftbeitrag 102,00 DM

Fahrtkosten 667,00 DM

Hauskosten (Unterdeckung) 1.080,48 DM

Lebensversicherung 123,49 DM

Kredit für Kücheneinrichtung 427,00 DM

Brandversicherung 32,50 DM

Miete Garage 57,50 DM

Unterhalt für D. 918,00 DM

4.286,27 DM 4.286,27 DM

Erwerbseinkommen bereinigt 2.563,73 DM

hiervon 80 % (nach Abzug des Verdienerbonus) 2.051,00 DM

zuzgl. Nettoertrag der Wohnung in E. 283,00 DM

2.334,00 DM

hiervon eheprägend die Hälfte: 1.167,00 DM.

Hierauf muß sich die Klägerin anrechnen lassen, was sie in dieser Zeit für ihre teilschichtige Erwerbstätigkeit (900,00 DM brutto entspr. 700,00 DM netto monatlich) verdient hat, sowie die Vorteile aus der Haushaltsführung für den neuen Partner und dessen in seinem Haushalt lebenden Sohn. Soweit die Klägerin dem entgegenhält, dieser sei mangels Einkommen nicht leistungsfähig, gilt dies jedenfalls nicht für das Jahr 1999, in welchem sie mit ihm in einem ihm gehörenden Hause gelebt hat. Er war damit jedenfalls in der Lage, ihre nicht bestrittene Haushaltsführung durch Gewährung mietfreien Wohnens zu vergüten, die mit 600,00 DM, wie vom Amtsgericht veranschlagt, nicht zu gering bewertet worden ist.

Für das Jahr 1999 kann die Klägerin deshalb mit Erfolgsaussicht keinen höheren als ihr vom Amtsgericht zugesprochenen Unterhalt geltend machen. Hieran würde sich im Ergebnis auch nichts ändern, wenn man entgegen ihrem Vortrag und mit dem für sie günstigen Vorbringen des Beklagten ihre früher ausgeübte Erwerbstätigkeit als eheprägend bewerten und damit bei der Bedarfsbestimmung hinzurechnen würde.

Das Amtsgericht hat ihr Trennungsunterhalt erst ab Oktober, dem Zugang der Klageschrift, als verzugbegründend zugesprochen, da die dem früheren Unterhaltsprozeß der Parteien vorausgegangene Mahnung mit der (vorübergehenden) Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft entfallen ist. Dies ist zutreffend, da der frühere Anspruch auf Trennungsunterhalt mit der Beendigung der Trennung entfallen ist und mit der erneuten Trennung nicht wieder aufgelebt ist. Vielmehr ist mit der erneuten Trennung ein neuer Unterhaltsanspruch erwachsen, der zu seiner Geltendmachung einer erneuten Verzugsbegründung bedurfte. Nunmehr hat allerdings die Klägerin mit der Berufungsbegründung vorgetragen, es sei im Juli 1999, also nach der erneuten Trennung, anwaltlich Unterhalt angemahnt worden. Das Mahnschreiben ist allerdings nicht beigefügt worden. Da jedoch der Beklagte dies nicht bestritten hat, mag im summarischen Verfahren zu ihren Gunsten von einem Verzugseintritt ab Juli 1999 ausgegangen werden.

Ab 2000 ändert sich das Verhältnis insoweit, als die Klägerin vorgetragen hat, daß das von ihr und ihrem Lebensgefährten und den beiden Kindern bislang bewohnte Haus im Wege der Zwangsversteigerung aufgegeben worden sei und sie nunmehr in einer Mietwohnung wohnten. Zur Zahlung von irgendwelchen Haushaltsführungsentgelten sei der neue Lebensgefährte nicht leistungsfähig. Dies ist in einer für das summarische Verfahren ausreichenden Weise durch Vorlage eines Antrages auf Bewilligung von Sozialhilfe für die Lebensgemeinschaft glaubhaft gemacht. Weiterhin hat die Klägerin vorgetragen und belegt, daß sie das Beschäftigungsverhältnis bei dem neuen Lebensgefährten durch Kündigung von seiner Seite, ebenfalls aus Gründen wirtschaftlicher Schwierigkeiten, verloren habe. Nicht vorgetragen sind von ihrer Seite jedoch Bemühungen um eine neue Erwerbstätigkeit, die ihr angesichts der Sorge für das 14-jährige Kind wenigstens im Umfang einer Teilzeitbeschäftigung in dem zuletzt ausgeübten Umfang obliegen. Es sind auch keine Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, daß sie bei Entfaltung entsprechender Bemühungen nicht eine derartige Stellung gefunden hätte. Ihr sind deshalb weiterhin fiktiv auf ihren Unterhaltsanspruch die Erwerbseinkünfte in der zuletzt erzielten Höhe von monatlich 900,00 DM brutto entsprechend 700,00 DM netto anzurechnen.

Insgesamt ergibt sich damit ab 1.1.2000 folgende Unterhaltsberechnung:

Erwerbseinkommen 6.850,00 DM

abzüglich:

Krankenversicherung 961,45 DM

Gewerkschaftsbeitrag 105,00 DM

Fahrtkosten 667,00 DM

Hauslasten 1.080,48 DM

Lebensversicherung 123,49 DM

Kredit 427,00 DM

Brandversicherung 32,50 DM

Miete Garage 57,50 DM

Unterhalt D. 918,00 DM

zusammen 4.372,42 DM 4.372,42 DM

verbleibendes Erwerbseinkommen 2.477,58 DM

hiervon 4/5: 1.982,00 DM

zuzgl. Nettorendite der Wohnung in E. 983,00 DM

zusammen 2.965,00 DM

hiervon die Hälfte 1.482,50 DM

abzgl. Erwerbseinkommen Klägerin

(4/5 aus 700,00 DM =) 560,00 DM

verbleiben rund 1.000,00 DM.

Der Nachweis streitig gebliebener Positionen mag dem Hauptverfahren vorbehalten bleiben.

Dr. Eschweiler Michalik Juncker