OLG Frankfurt vom 02.02.2023 (1 UF 78/22)

Stichworte: Versorgungsausgleich; Grundrente; Betriebsrente, Bewertungszeitpunkt
Normenkette: VersAusglG 2; SGB VI 76g; SGB VI 97a; VersAusglG 11
Orientierungssatz: Bei dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung (Grundrente) handelt es sich nicht um ein nach § 2 VersAusglG auszugleichendes Anrecht.


AG Weilburg

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

pp.

hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 1. Senat für Familiensachen, durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht … die Richterin am Oberlandesgericht … und die Richterin am Oberlandesgericht … auf die Beschwerden der weiteren Beteiligten zu 1. sowie der weiteren Beteiligten zu 2. gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich in dem Scheidungsverbundbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Weilburg vom 9.3.2022 (Geschäftsnummer …) am 2. Februar 2023 beschlossen:

I. 1. Der Beschluss wird hinsichtlich seines Tenors zu Ziffer 4. abgeändert und wie folgt neu gefasst:

„4. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVAG (VSNR: …, Versorgungszusage Tarif: F) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe eines Ausgleichswerts von 8.921,- € nach Maßgabe der Versorgungsregelung AVB-F (lfd. Nr. 4), bezogen auf den 28.2.2023, übertragen.“

2. Der Tenor um die folgende Ziffer 4. a) ergänzt:

„4. a) Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVAG (VSNR: …, Versorgungszusage Tarif: E4) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe eines Ausgleichswerts von 6.571,- € nach Maßgabe der Versorgungsregelung AVB-E (lfd. Nr. 2), bezogen auf den 28.2.2023, übertragen.“

3. Die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2. wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des angefochtenen Beschlusses um die folgende Ziffer 2. a) ergänzt wird:

„2. a) Ein Ausgleich des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen (VSNR: … findet nicht statt.“

4. Im Übrigen bleibt es –auch hinsichtlich des Kostenanspruchs- bei der amtsgerichtlichen Entscheidung

II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.960,- € festgesetzt.

IV.Die Rechtsbeschwerde zum Ausspruch oben zu Ziff. I. 3. wird zugelassen.

Gründe:

I.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht die am 31.5.1985 geschlossene Ehe der Beteiligten auf Grund des Antrags der Antragstellerin, welcher dem Antragsgegner am 31.03.2021 zugestellt worden ist, geschieden. Der am .. . … 1951 geborene Antragsgegner bezieht bereits eine Altersrente. Beide Eheleute haben Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Die Antragstellerin hat auch einen Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung mit einem Ehezeitanteil von 2,1252 Entgeltpunkten erworben. Der Ausgleichswert beträgt 1,0626 Entgeltpunkte.

Der Antragsgegner hatte in seiner Auskunft vom 6.4.2021 erstinstanzlich angegeben, einen privaten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen zu haben, und zwar bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 (weitere Beteiligte zu 1). Diese beauskunftete unter dem 25.6.2021 erstinstanzlich jedenfalls eine Versorgungszusage der betrieblichen Altersversorgung, Tarif F, mit einem voraussichtlich zum Ehezeitende plus 12 Monate, d.h. seinerzeit zum 28.2.2022, betragenden Ausgleichswert von 9.221,- € auf der Grundlage der maßgeblichen Versorgungsregelung AVB-F (lfd. Nr. 4). Laut Schreiben vom 13.1.2023 hatte sie unter dem 25.6.2021 erstinstanzlich zudem eine Versorgungszusage der betrieblichen Altersversorgung, Tarif E4, mit einem voraussichtlich zum Ehezeitende plus 12 Monate, d.h. seinerzeit zum 28.2.2022, betragenden Ausgleichswert von 6794,- € auf der Grundlage der maßgeblichen Versorgungsregelung AVB-E (lfd. Nr. 2) beauskunftet. Diese ist jedoch nicht zur Akte gelangt.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht die Scheidung ausgesprochen und den Versorgungsausgleich zwischen den Beteiligten in der Weise geregelt, dass die Anwartschaften beider Eheleute in der gesetzlichen Rentenversicherung intern geteilt wurden. Keine Regelung wurde getroffen hinsichtlich des Zuschlags für langjährige Versicherung auf Seiten der Antragstellerin. Das Anrecht des Antragsgegners bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 (Versorgungsregelung AVB-F) wurde intern geteilt. Der Ausgleichswert wurde mit den angegebenen 9.221,- € festgesetzt, allerdings hat das Familiengericht tenoriert, dass die Übertragung bezogen auf den 28.2.2021 (Ehezeitende), erfolge und nicht, wie der Versorgungsträger in der Auskunft vom 25.6.2021 angegeben hatte, bezogen auf den 28.2.2022.

Gegen diese Entscheidung wenden sich sowohl die weitere Beteiligte zu 1., d.h. die Hamburger Pensionskasse, mit dem Begehren, das Datum der Bezogenheit der internen Teilung auf den 28.2.2022 festzustellen, als auch die Deutsche Rentenversicherung Hessen (weitere Beteiligte zu 2.) für die Antragstellerin, die der Auffassung ist, auch der Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung sei im Wege des Versorgungsausgleichs intern zu teilen.

Die Beteiligten selbst haben gegenüber den Beschwerden zunächst keine Einwände erhoben.

Der Senat durch die Berichterstatterin ließ die Hamburger Pensionskasse und weitere Beteiligte zu 1. im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens aktuelle Auskünfte zur Höhe des Anrechts des Antragsgegners vorlegen. Unter dem 30.8.2022 erteilte die weitere Beteiligte zu 1. sodann erneute Auskünfte, wobei sie neben der Versorgungszusage der betrieblichen Altersversorgung zu Tarif F auch diejenige zum Tarif E4 beauskunftete. Der Ausgleichswert bezüglich des Tarifs F wurde zum 30.9.2022 mit 9.055,- € angegeben und jener zum Tarif E4 mit einem Betrag von 6.665,- €. Beide Auskünfte wurden im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens auf Aufforderung des Senats mehrfach aktualisiert, zuletzt mit Schreiben vom 13.1.2023. Danach beträgt der Ausgleichswert hinsichtlich der Versorgungszusage nach dem Tarif F zum 28.2.2023 8.921,- € und derjenige hinsichtlich der Versorgungszusage nach dem Tarif E4 zum 28.2.2023 6.571,- €. Die Teilungskosten in Höhe von insgesamt 268,- Euro bzw. 364,- Euro sind bereits berücksichtigt.

Der Senat forderte den Antragsgegner auf, einen aktuellen Rentenbescheid vorzulegen; danach beträgt die Bruttorente des Antragsgegners ab dem 1.7.2022 1.808,81 €.

Unter dem 21.11.2022 wurden die Beteiligten durch die Berichterstatterin des Senats darauf hingewiesen, dass - unbeschadet der Frage, ob Entgeltpunkte als Zuschlag für langjährige Versicherung bereits dem Grunde nach überhaupt im Versorgungsausgleich auszugleichen sind - vorliegend ein Ausgleich des Grundrentenzuschlags der Antragstellerin nicht stattzufinden habe, weil der Ausgleich im vorliegenden konkreten Fall unwirtschaftlich sei.

Die beteiligten Eheleute sind mittlerweile übereinstimmend der Auffassung, dass ein Ausgleich des Zuschlags für langjährige Versicherung unwirtschaftlich sei, wenn sich nach Durchführung des Versorgungsausgleichs und Anrechnung keine auszuzahlende Rente für den Antragsgegner ergebe.

Unter dem 5.1.2023 wurden die Beteiligten unter Fristsetzung zur Stellungnahme bis zum 31.01.2023 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, neben dem Anrecht bei der Beschwerdeführerin zu 1) Tarif F auch das Anrecht Tarif E4 zugunsten der Antragstellerin auszugleichen.

II.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1. und Beschwerdeführerin zu 1) ist begründet, die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2. und Beschwerdeführerin zu 2) ist zulässig, jedoch nicht begründet. Diesbezüglich war vielmehr in den Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung aufzunehmen, dass ein Ausgleich des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen nicht stattfindet.

1. Der Senat ist in Übereinstimmung mit der weiteren Beteiligten zu 1. der Auffassung, dass die interne Teilung des Versorgungsanrechts, welches bei der weiteren Beteiligten zu 1. begründet worden ist, aufgrund der Tatsache, dass der ausgleichsverpflichtete Antragsgegner aus dem Anrecht bereits eine Rente bezieht, nicht auf den Bezugszeitpunkt Ehezeitende, sondern auf einen Zeitpunkt zu beziehen ist, zu dem ein Ausgleichswert möglichst nahe zum Entscheidungs- bzw. potentiellen Rechtskrafttermin mitgeteilt wurde. Dies war hier schlussendlich der 28.2.2023.

Bei kapitalgedeckten Versorgungen, aus denen bereits eine Rente bezogen wird, muss der Bewertungszeitpunkt über den Zeitpunkt Ehezeitende hinausgeschoben werden, denn es gilt der Grundsatz, dass ein Versorgungsausgleich insoweit entfällt, als ein bei Ehezeitende noch bestehendes Anrecht später entfallen ist („Was weg ist, ist weg.“). Liegt somit der zur Zeit der Entscheidung aktuelle Barwert unter dem Barwert zum Ehezeitende, so kann grundsätzlich nur noch die Hälfte des in seinem Barwert geminderten Ehezeitanteils übertragen werden (BGH v. 17.2.2016 – XII ZB 447/13 = FamRZ 2016, 774, juris Rn. 55ff.). Nur in Ausnahmefällen sind erhebliche Beeinträchtigungen des Halbteilungsgrundsatzes auf anderer Ebene zu korrigieren (BGH, a.a.O., Rn. 57).

Hier bezieht der Antragsgegner aus dem Anrecht der betrieblichen Altersversorgung bereits seit geraumer Zeit eine Rente. Der Kapitalwert der ehezeitlichen Anwartschaft als Barwert hat sich seit dem Ehezeitende leicht vermindert. Zum 28.2.2021 hatte der Ausgleichswert 9.542 € betragen und beträgt nunmehr, nach der jüngsten Auskunft der weiteren Beteiligten zu 1., 8.921 € zum 28.2.2023. Entsprechend war der Ausgleichswert für die vorliegende Entscheidung mit 8.921 €, bezogen auf den 28.2.2023 anzunehmen und zu tenorieren. Die Differenz von nur 621 € als Kapitalwert begründet mangels anderer Anhaltspunkte jedenfalls keine derart erhebliche Beeinträchtigung des Halbteilungsgrundsatzes, dass eine Korrektur auf einer anderen Ebene erforderlich wäre. Es war zu tenorieren, dass die Versorgung nach der maßgeblichen Versorgungsregelung AVB-F (lfd. Nr. 4) auszugleichen ist. Anhaltspunkte dafür, dass bei Anwendung dieser Versorgungsregelung die Anforderungen an die interne Teilung gem. § 11 VersAusglG nicht gewahrt wären, ergeben sich nicht.

Zusätzlich war auch die Versorgungszusage bei der weiteren Beteiligten zu 1. zu Tarif E4 auszugleichen. Auch hier war als Termin, der der voraussichtlichen Rechtskraft dieser Entscheidung am nächsten liegt, prognostisch der Wert zum 28.2.2023 anzunehmen, mithin ein mitgeteilter Ausgleichswert i.H.v. 6.571 €, da auch die Höhe der in Ansatz gebrachten Teilungskosten nicht zu beanstanden ist (hierzu BGH, FamRZ 2021, 931). Zum Ehezeitende am 28.2.2021 hatte der Ausgleichswert noch 7.016 € betragen. Auch hier begründet die Differenz von nur 445 € mangels anderer Anhaltspunkte jedenfalls keine derart erhebliche Beeinträchtigung des Halbteilungsgrundsatzes, dass eine Korrektur auf einer anderen Ebene erforderlich wäre. Entsprechend war zu tenorieren, dass die Versorgung nach der maßgeblichen Versorgungsregelung AVB-E (lfd. Nr. 2) auszugleichen ist. Anhaltspunkte dafür, dass bei Anwendung dieser Versorgungsregelung die Anforderungen an die interne Teilung gem. § 11 VersAusglG nicht gewahrt wären, ergeben sich nicht.

2. Nicht auszugleichen war hingegen der Zuschlag auf Seiten der Antragstellerin für langjährige Versicherung, d.h. der Zuschlag an Entgeltpunkten für Grundrentenzeiten.

a) Bei dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung handelt es sich nicht um ein dem Versorgungsausgleich unterliegendes Anrecht. Der Senat vertritt, in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 6. Senat für Familiensachen in seiner Entscheidung vom 21.7.2022 (Az.: 6 UF 108/22) aufgrund der dortigen „beachtlichen Argumente“ (Siede, FamRB 2022, 432) die Auffassung, dass das Anrecht aus den §§ 76 g, 97 a SGB VI (Grundrente) kein nach § 2 VersAusglG auszugleichendes Anrecht ist. In der Folge verbleibt die zwar auf Leistung basierende, hingegen nach dem Bedarf bemessene Grundrente beim Bedürftigen (Strube, NZFam 2022, 717, VIII.)

aa) Zwar stellt der Zuschlag nach § 76 g SGB VI ein Anrecht nach § 2 Abs. 1 VersAusglG dar, denn er ist Teil einer Versorgung der gesetzlichen Rentenversicherung. Er ist aber nicht gem. § 2 Abs. 2 VersAusglG auszugleichen, weil er zum einen nicht lediglich durch Arbeit geschaffen wurde (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG), sondern auch eine Sozialausgleichskomponente enthält, denn er entsteht nur im Fall einer unzureichenden Altersabsicherung, d.h. der Zuschlag wird nur dann gewährt, wenn die geleistete Arbeit ohne den Zuschlag nicht zu einer angemessenen Absicherung im Alter führt (vgl. Strube, NZFam 2022, 717, Ziff. IV.). Gleiches gilt erst recht für die tatsächliche Rente aus dem Zuschlag, die gem. § 97a SGB VI nur dann gezahlt wird, wenn nicht Einkünfte auf den Rentenanteil aus dem Zuschlag angerechnet werden können.

Zum anderen ist das Anrecht nicht zwingend auf eine regelmäßig wiederkehrende Rente gerichtet (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG; vgl. Strube, NZFam 2022, 717, Ziff. IV.), denn der Zuschlag führt, wie ausgeführt, nur dann zu einer Rentenzahlung, wenn nicht Einkünfte auf den Rentenanteil aus dem Zuschlag angerechnet werden können; zudem wird die Einkommensanrechnung auch kalenderjährlich vorgenommen, sodass das Ob und die Höhe der Rentenleistungen immer nur für höchstens ein Jahr feststehen. Der Umstand, dass der Zuschlag nur im Bedarfsfall zu einer Rentenzahlung führt, spricht somit gegen einen Ausgleich der Versorgung (OLG Frankfurt am Main v. 21.7.2022 – 6 UF 108/22, juris Rn. 18ff.).

Ferner steht einem Ausgleich des Zuschlags nach § 76g SGB VI entgegen, dass das Anrecht in einer hohen Zahl von Fällen gem. § 19 Abs. 1 VersAusglG nicht ausgleichsreif sein wird. Dabei kann die mangelnde Ausgleichsreife zum einen ihre Ursache darin haben, dass durch nacheheliche Einkommenszeiten die Höchstgrenze nach § 76g SGB VI überschritten wird, sodass der Zuschlag gänzlich wegfällt, das Anrecht wäre somit noch nicht verfestigt i.S.v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 VersAusglG; zum anderen kann der Ausgleich für den Ausgleichsberechtigten unwirtschaftlich sein i.S.v. § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG, wenn er sich wegen der Einkommensanrechnung nach § 97a SGB VI voraussichtlich oder gar sicher nicht zu dessen Gunsten auswirkt (OLG Frankfurt am Main, a.a.O., Rn. 21; Strube, NZFam 2022, 717, V.1. und 2.).

In der Folge bestünde gem. §§ 19 Abs. 4, 20 Abs. 1 VersAusglG ein Anspruch auf eine schuldrechtliche Ausgleichsrente, dessen Durchsetzung im Rentenfall jedoch zu einem Wertungswiderspruch mit § 97a SGB VI führen würde (vgl. OLG Frankfurt am Main, a.a.O., juris Rn. 21), weil dann möglicherweise auch der Ehegatte, der im Alter ausreichend abgesichert ist, Anspruch hätte auf die Hälfte der auf den ehezeitlichen Zuschlag entfallenden Rente, auf die wiederum der andere Ehegatte dringend angewiesen ist (vgl. OLG Frankfurt am Main, a.a.O., Rn. 21).

bb) Der überwiegenden, gegenläufigen Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (OLG Bamberg v. 2.11.2022 – 2 UF 136/22 = FamRZ 2023, 125, juris; OLG Hamm v. 12.10.2022 - 13 UF 78/22 = FamRZ 2023, 124, OLG Frankfurt am Main v. 20.9.2022 – 2 UF 83/22, juris; OLG Frankfurt am Main v. 15.9.2022 – 4 UF 121/22, juris; OLG Bamberg v. 10.8.2022 – 2 UF 88/22, juris; OLG Oldenburg v. 4.8.2022 – 11 UF 76/22, juris; OLG Nürnberg v. 3.8.2022 – 7 UF 534/22, juris = FamRZ 2023, 126; OLG Frankfurt am Main v. 25.7.2022 – 7 UF 74/22; OLG Brandenburg v. 20.7.2022 – 13 UF 72/22, juris; OLG Frankfurt am Main v. 6.7.2022 – 4 UF 111/22, juris; OLG Frankfurt am Main v. 13.6.2022 – 7 UF 183/21, juris; OLG Frankfurt am Main v. 25.5.2022 – 7 UF 4/22 = FamRZ 2022, 1351; Ruland NZS 2021, 241, 248; Bachmann/Borth FamRZ 2020, 1609; ) folgt der Senat hingegen nicht.

Für einen Ausgleich spricht bereits nicht, dass der Gesetzgeber selbst von einem Ausgleich des Zuschlags von Entgeltpunkten für langjährige Versicherung im Versorgungsausgleich ausgegangen ist, unabhängig davon, ob die ausgleichsberechtigte Person die Voraussetzungen für eine Grundrente selbst erfüllt (BT-Drucks. 19/18473, S. 39; sh. auch § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI, nach dem die Zuschläge für langjährige Versicherung und die übrigen Entgeltpunkte nicht gleichartig sind iSv § 10 Abs. 2 VersAusglG sowie OLG Frankfurt am Main v. 20.9.2022 – 2 UF 83/22, juris). Denn der Gesetzgeber hat sich weder mit der Problematik des § 2 Abs. 2 VersAusglG noch mit derjenigen des § 19 VersAusglG auseinandergesetzt, sondern vielmehr nur darauf verwiesen, dass der Zuschlag wie sonstige Anwartschaften innerhalb der Ehezeit zwischen den Ehegatten zu teilen sei.

Sofern die überwiegende Auffassung davon ausgeht, dass der Zuschlag für langjährige Versicherte durch Arbeit geschaffen wurde, ist einzuräumen, dass der Berechtigte als Voraussetzung 33 Jahre Grundrentenzeiten erreicht haben muss, soll ihm der Zuschlag gewährt werden, und auch die im Jahr 1992 eingeführten Mindestentgeltpunkte bei geringem Entgelt im Versorgungsausgleich ausgeglichen werden (vgl. hierzu OLG Frankfurt am Main v. 20.9.2022 – 2 UF 83/22, juris). Jedoch wiegt mit Blick auf die spätere Einkommensanrechnung die Sozialausgleichskomponente schwerer, zumal bei der Einkommensanrechnung auch das Einkommen des dann aktuellen Ehegatten des langjährig Versicherten, der den Zuschlag an Entgeltpunkten erhalten hat, berücksichtigt wird.

Eine Teilung des Zuschlags, unabhängig davon, ob der Ausgleichsberechtigte des Zuschlags bedarf, würde der vom Gesetzgeber für notwendig gehaltenen Leistung an den Berechtigten zuwiderlaufen. Sofern hinsichtlich der Frage, ob der Zuschlag i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG auf eine Rente gerichtet ist, angeführt wird, auch im Falle von ruhenden oder gekürzten Rentenzahlungen, z.B. wegen Nebenverdiensten, ändere dies nichts daran, dass die Entgeltpunkte als solche dem Versorgungsausgleich unterliegen, ist auf die anders gelagerte gesetzgeberische Konstruktion der §§ 76 g, 97a SGB VI zu verweisen und darauf, dass die Entgeltpunkte aus dem Zuschlag gerade nicht gleichartig sind wie die normalen Entgeltpunkte. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis ist somit ein anderes: Der Zuschlag für langjährige Versicherung lässt überhaupt nur eine Rentenzahlung entstehen, wenn der Rentenanteil, der sich aus dem Zuschlag errechnet, das gem. § 97a SGB VI anzurechnende Einkommen des Berechtigten - und auch seines dann aktuellen Ehegatten - übersteigt.

Unbeschadet dessen ist zu berücksichtigen, dass in den Fällen, in denen der Zuschlag mangels Ausgleichsreife bei der Scheidung nicht ausgeglichen werden kann (§ 19 VersAusglG), nur der Weg in den Versorgungsausgleich nach Scheidung (§§ 20ff. VersAusglG) bliebe, und ein schuldrechtlicher Anspruch ohne Bedarfsprüfung auf Seiten des Ausgleichsberechtigten dem Sozialausgleichscharakter der Grundrente widersprechen würde. Ist nämlich zu erwarten, dass aufgrund der Einkommensanrechnung keine Rentenzahlungen aus den übertragenen Grundrentenentgeltpunkten erfolgen werden, würde sich ein Ausgleich voraussichtlich nicht zugunsten des Ausgleichsberechtigen auswirken und somit für ihn unwirtschaftlich sein (§ 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG; vgl. auch OLG Frankfurt am Main v. 20.9.2022 – 2 UF 83/22). Wenn in diesem Fall der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten bliebe und dies auch im Tenor anzugeben wäre (§ 224 Abs. 4 FamFG), hätte der Ehegatte, der selbst möglicherweise nicht die Voraussetzungen für den Bezug einer Grundrente erfüllt, dennoch einen Anspruch auf Auszahlung des hälftigen Ehezeitanteils der an den Ausgleichsverpflichteten gezahlten Rente aus dem Grundrentenzuschlag. Dies widerspricht der mit der Einführung des § 76g SGB VI verbundenen Intention des Gesetzgebers, weil dann die Grundrente als Anerkennung der Lebensleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung letztlich doch nicht dem langjährig Erwerbstätigen in Gänze zur Verfügung steht (vgl. BT-Ds.19/18473, S.2).

b) Nur hilfsweise ist das Folgende zu bedenken: Vorliegend ist überdies eine solche Fallkonstellation gegeben, in der ein Ausgleich des Zuschlags der Antragstellerin zu Gunsten des Antragsgegners unwirtschaftlich wäre.

Nachdem mittlerweile ein aktueller Rentenbescheid des Antragsgegners vorliegt, aus dem allerdings die erwirtschafteten Entgeltpunkte nicht hervorgehen, sondern nur der Betrag der gezahlten Rente, errechnen sich Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung des Antragsgegners von 50,2168 (1.808,81 €/36,02 € aktueller Rentenwert). Hiervon werden nach der Entscheidung des Familiengerichts 16,8113 Entgeltpunkte auf das Konto der Antragstellerin übertragen, im Gegenzug erhält der Antragsgegner 10,1233 Entgeltpunkte auf sein Konto übertragen. Es bleiben ihm damit 43,5288 Entgeltpunkte und somit eine Rente bei einem aktuellen Rentenwert von 36,02 € in Höhe von 1.567,91 €. Anzurechnen auf eine Grundrente gem. § 97a Abs. 4 S. 2 SGB VI wären damit derzeit mind. 60 % x (1.567,91 € - 1.317 €) = 150,55 €. Hinzukäme die Rente, die der Antragsgegner von der Hamburger Pensionsverwaltung, der weiteren Beteiligten zu 1., erzielt und ggfs. weitere Einkünfte, z.B. Mieteinkünfte.

Dieser Betrag von mind. 150,55 € aus gesetzlicher Rente wäre also anzurechnen auf die sich aus dem zu übertragenden Zuschlag für langjährige Versicherung ergebende monatliche Rente. Das wäre hier nach der Auskunft vom 10.2.2022 der weiteren Beteiligten zu 2. ein Betrag von 1,0626 Entgeltpunkten x 36,02 € aktueller Rentenwert = 38,27 €. Rechnet man somit 150,55 € an auf 38,27 €, so ergibt sich keine auszuzahlende Rente.

Selbst wenn man somit nur von Einkünften des Antragsgegners aus gesetzlicher Rente ausginge (in der Antragsschrift war noch von Mieteinkünften die Rede und es kommt noch die Rente von der Hamburger Pensionsverwaltung hinzu), würde sich der Zuschlag für ihn auf die Höhe der ausgezahlten gesetzlichen Rente nicht auswirken.

Ein Versorgungsausgleich findet damit hinsichtlich des Grundrentenzuschlags in keinem Fall statt. Eine Verschiebung in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich scheidet ebenfalls aus, denn dies käme einer Umgehung der Einkommensanrechnungsvorschriften des § 97a SGB VI auf Seiten des Antragsgegners gleich.

Im Übrigen fände in Bezug auf die Entgeltpunkte aus dem Zuschlag auch § 27 VersAusglG Anwendung: Nach dieser Vorschrift findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre und die gesamten Umstände des Einzelfalles es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Diese Voraussetzungen liegen hier jedenfalls vor: Unbeschadet der Frage, ob der Grundrentenzuschlag ein dem Versorgungsausgleich unterliegendes Recht ist, steht einer Verweisung in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich wegen der aktuell fehlenden Ausgleichsreife gem. § 19 VersAusglG entgegen, dass ein schuldrechtlicher Anspruch auf die Hälfte der Rentenzahlung, die im Bedarfsfall für die Antragstellerin auf den ehezeitlichen Zuschlag für langjährige Versicherte entfiele, den Einkommensanrechnungsvorschriften des § 97a SGB VI zuwiderliefe und allein zu Lasten der Antragstellerin erfolgen würde, ohne dass der Antragsgegner aus den ihm übertragenen Entgeltunkten aus dem Zuschlag einen Vorteile erlangen würde.

III.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens auf den §§ 150 Abs. 5, 81 Abs. 1 FamFG. Anlass zur Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung bestand nicht.

Der Beschwerdewert richtet sich nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Der Senat hat mit Blick auf den Ausgleich zweier Anrechte bei der weiteren Beteiligten zu 1. sowie das Anrecht bei der weiteren Beteiligten zu 2. zehn Prozent des dreimonatigen Einkommens der Beteiligten für drei Anrechte angesetzt (OLG Braunschweig FamRZ 2022, 1354; Siede, FamRB 2022, 432; aA OLG Oldenburg v. 15.7.2022 – 4 WF 96/22).

IV.

Die Rechtsbeschwerde war hinsichtlich des Ausspruchs zu Ziff. I. 3. Mit Blick auf § 70 Abs. 2 FamFG zuzulassen, denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert mit Blick auf die in den Beschlussgründen zitierten gegenläufigen Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte zur Frage eines Ausgleichs des Grundrentenzuschlags im Versorgungsausgleich eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts

Rechtsbehelfsbelehrung: …

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