OLG Frankfurt vom 18.02.2002 (1 UF 64/01)

Stichworte: Verwirkung, Strafanzeige, Doppelpfändung
Normenkette: BGB 1569, 1578, 1579 Nr. 4
Orientierungssatz: (keine) Verwirkung wegen Strafanzeige wegen Urkundenfälschung und existenzgefährdender Doppelpfändung aus im Verfahren ergangener einstweiligen Anordnung. Im Fall verneint aus subjektiven Gründen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

U R T E I L

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschweiler, die Richterin am Oberlandesgericht Michalik und den Richter am Oberlandesgericht Juncker im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung aufgrund der bis 28.1.2002 gewechselten Schriftsätze für Recht erkannt:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 2.2.2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Weilburg wird für den Zeitraum ab 1.2.2002 mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der ausgeurteilte Zahlbetrag an Ehegattenunterhalt für die Klägerin zu 1) 881 Euro und an Kindesunterhalt an den Kläger zu 2) 426,50 Euro beträgt, jeweils abzüglich etwa ab 1.2.2002 gezahlter oder aufgrund der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts vom 29.12.2000 (EA I) beigetriebener Beträge.

Die vorgenannte einstweilige Anordnung wird aufgehoben (§620b Abs.1 ZPO).

Für die zurückliegende Zeit bis einschließlich Januar 2002 ist die Hauptsache erledigt.

Wegen der Kosten des Verfahrens erster Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Beklagte 4/5, die Kläger 1/5 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Trennungs- und Kindesunterhalt. Der erstinstanzlich von der jetzigen Klägerin zu 1) (im folgenden: Klägerin) in gesetzlicher Prozeßstandschaft (§ 1629 Abs. 3 BGB) vertretene Kläger zu 2) (im folgenden: Kläger) ist nach der im Verlauf des Berufungsverfahrens eingetretenen Volljährigkeit selbst als Partei in den Rechtsstreit eingetreten.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht der Klage - unter Abweisung im übrigen - für die Zeit ab April 2000 in zeitlich gestaffelter Höhe, zuletzt ab September 2001 in Höhe von jeweils monatlich 834.-- DM Kindesunterhalt (im Tenor ist ein Betrag von 832.-- DM genannt; ausweislich der Gründe ist jedoch ersichtlich, daß es sich um ein Schreibversehen handelt) und 1.722,60 DM Ehegattenunterhalt stattgegeben.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten mit dem Ziel, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die insgesamt zulässige Berufung hat in der Sache nur zum Teil Erfolg.

Der Beklagte ist, was er dem Grunde nach nicht in Zweifel zieht, dem gemeinsamen (adoptierten) Kind, dem jetzigen Kläger zu 2), zu Kindesunterhalt verpflichtet

(§§ 1601 ff. BGB). Da die Klägerin kein über dem angemessenen Selbstbehalt liegendes Einkommen erzielt, bleibt der Beklagte auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes diesem gegenüber allein barunterhaltspflichtig.

Weiterhin schuldet der Beklagte der Klägerin, die lediglich aus der Betreuung des Pflegekindes ein geringes Eigeneinkommen erzielt, Trennungsunterhalt gemäß § 1361 BGB. Dieser ist, da die Ehe der Parteien noch nicht geschieden ist und die Betreuungssituation des genannten Pflegekindes auch die Zeit des Zusammenlebens prägte, im Wege der Differenzmethode zu berechnen. Hierbei ist auf Seiten des Beklagten im Wege des Vorwegabzugs neben dem streitigen Unterhalt für das gemeinschaftliche Kind noch der vom Beklagten zu zahlende Unterhalt für das nicht aus der Ehe stammende Kind abzuziehen. Dieser Unterhalt ist mit 722.-- DM monatlich tituliert. Für die Berechnung des Ehegattenunterhalts ist dem jedoch noch der dem Beklagten zustehende Halbanteil des für dieses Kind gezahlten Kindergeldes in Höhe von 135.-- DM monatlich (bis Dezember 2001) hinzuzurechnen, so daß der Abzugsbetrag für dieses Kind brutto 857.-- DM monatlich beträgt.

Für die Berechnung des Unterhalts ist nach Zeitabschnitten zu differenzieren.

1.

Die Zeit zwischen Einreichung der Klage im November 1999 (die Trennung ist im August 1999 erfolgt) bis einschließlich März 2000 ist erledigt, nachdem der Beklagte bis einschließlich März 2000 Unterhalt in Höhe einer dahingehenden Zwischenvereinbarung gezahlt hat.

2.

Zeitraum April bis Oktober 2000:

Das Amtsgericht hat das durchschnittliche Monatseinkommen in diesem Jahr mit 12.643.-- DM (versteuert nach Grundtabelle) zuzüglich 166.-- DM Zinseinkünfte, zusammen 12.809.-- DM, veranschlagt und hiervon die von ihm getragenen Hauslasten für zwei Häuser sowie die von ihm getragene Krankenversicherung der Familie im Gesamtbetrag von 8.802.-- DM abgezogen (Bl. 263 d.A.). Danach verblieb ein Nettoeinkommen von 4.007.-- DM. Dabei handelt es sich zum einen um Lasten für das im gemeinsamen Eigentum der Parteien stehende Haus in, in dem sich früher die Ehewohnung befand und in dem die Klägerin mit dem Kind bis zu ihrem Auszug, der erst nach Erlaß des angefochtenen Urteils erfolgt ist, gewohnt hat, zum anderen um Finanzierungslasten zum Ausbau eines der Klägerin allein gehörenden Hauses in in . Die Verwendung der dafür aufgenommenen Finanzierungsmittel ist zwischen den Parteien im einzelnen streitig. Für die unterhaltsrechtliche Beurteilung ist dies jedoch nicht von Bedeutung, da sich die maßgeblichen Vorgänge während der Zeit des Zusammenlebens der Parteien abgespielt haben und deshalb gemeinsames Eheschicksal der Parteien sind.

Statt der Berechnung des Amtsgerichts nach einer fiktiven Versteuerung nach Grundtabelle folgt der Senat der Einkommensberechnung des Beklagten in der Berufungsbegründung, die von den tasächlich einbehaltenen Steuern (Steuerklasse 3 für die Pension und Steuerklasse 6 für das Erwerbseinkommen des Beklagten) ausgeht, woraus sich bis dahin ein Nettoeinkommen von 153.615,24 DM errechnet

(Bl. 281, 282 d.A.). Abzüglich Krankenversicherung in belegter Höhe und Arbeitnehmeranteil zur Arbeitslosenversicherung verbleibt in diesem Jahr ein Nettoeinkommen von 142.313,04 DM entsprechend monatlich 11.859,42 DM. Nach Hinzurechnung geringfügiger Einkommen aus Wertpapiergeschäften in Höhe von 166.-- DM verbleiben bis dahin monatlich 12.025,42 DM.

Entgegen der Berechnung des Amtsgerichts sind hiervon auch die Leasingkosten in umgerechneter Höhe von monatlich 1.016.-- DM abzugsfähig. Hierbei handelt es sich um ein Leasingfahrzeug, das während des Zusammenlebens angeschafft worden ist und wofür der Beklagte im Januar 2000 mit 12.192,63 DM (Bl. 360) nachbelastet worden ist. Dabei kommt es auf die Frage, ob die Kosten, wie vom Beklagten behauptet, im wesentlichen von der Klägerin verursacht worden sind oder vom Beklagten selbst, nicht an. Es handelt sich in jedem Fall um Ehelasten, die das gemeinsam verfügbare Nettoeinkommen verringern. Nach Abzug dieser Position verbleiben monatlich 11.009,37 DM.

Hiervon sind die von dem Beklagten bis dahin in unstreitiger Höhe getragenen Hauslasten für die beiden genannten Liegenschaften (Kredite nebst Risiko-Lebensversicherung) zur Absicherung sowie ein Betrag für Pensionsabfindung in Höhe von monatlich 400.-- DM, im Gesamtbetrag von 7.657.—DM, abzuziehen, so daß für den genannten Zeitraum ein Nettoeinkommen von monatlich 3.352,37 DM verbleibt. Nach weiterhin abzugsfähigen Kosten für Fahrten zum Arbeitsplatz in Höhe von unstreitig 110.-- DM monatlich verbleibt auf seiten des Beklagten ein bereinigtes Nettoeinkommen von rund 3.242.-- DM. Hieraus errechnet sich ein tabellarischer Bedarf für das gemeinsame Kind in Höhe von 618.-- DM, jedoch begrenzt auf den vom Amtsgericht ausgeurteilten und nur vom Beklagten angegriffenen Betrag von monatlich (589.-- DM minus 135.-- DM hälftiges Kindergeld =) 454.-- DM.

Für die Berechnung des Ehegattenunterhalts ist von dem Einkommen im Wege des Vorwegabzugs der Tabellensatz für in Höhe von 589.-- DM, ferner, wie ausgeführt, der fiktive Bruttobetrag für in Höhe von 835.—DM abzuziehen, so daß für Ehegattenunterhalt 1.818.-- DM verbleiben. Nach Abzug des Erwerbstätigenbonus von 1/5 (der an sich auf den Teilbetrag aus Wertpapiergeschäften nicht entfällt, jedoch wegen des geringen Volumens hier vernachlässigt werden kann) verbleiben als Ausgangswert für die Berechnung des Ehegattenunterhalts monatlich 1.454.-- DM.

Auf Seiten der Klägerin ist für diese Zeit zum einen der Wohnwert des von ihr selbst genutzten Hauses anzusetzen, den das Amtsgericht mit 800.-- DM veranschlagt hat. Dieser Betrag wird von der Klägerin akzeptiert. Soweit der Beklagte mit Rücksicht auf den hohen Wohnwert des Hauses einen höheren Betrag ansetzen will, kann dem nicht gefolgt werden. Während der Trennungszeit ist nicht der objektive Wohnwert, sondern der geringere ersparte Wohnaufwand maßgebend. Dieser kann unter den gegebenen -durch Schuldentilgung beengten- Verhältnissen nicht höher angesetzt werden.

Außerdem ist auf Seiten der Klägerin, insoweit abweichend von der Auffassung des Amtsgerichts, noch das anteilige Pflegegeld hinzuzurechnen. Die Annahme des Amtsgerichts, daß die Klägerin nur 350.-- DM Pflegegeld erhält und dieser Betrag - als nicht bedarfsdeckend - unberücksichtigt bleiben könne, hat sich im Berufungsrechtszug als Mißverständnis herausgestellt. Tatsächlich erhält die Klägerin mehr, nämlich nach ihren unwidersprochen gebliebenen Angaben im Termin monatlich 1.409.-- DM. Unter diesen Umständen kann auch unter Berücksichtigung der Höhe des Bedarfs des Pflegekindes, wofür zudem noch das von ihr bezogene staatliche Kindergeld zur Verfügung steht, der vom Beklagten insoweit behauptete Betrag von 533.-- DM als Eigeneinkommen bewertet werden. Damit liegt ihr Einkommen nahe dem des Beklagten, so daß, unbeschadet der Frage nach der Wahrung des Selbstbehalts, ihr in diesem Zeitraum nur ein ganz geringfügiger Ehegattenunterhalt zusteht.

Gezahlt hat der Beklagte in der Zeit von April bis Oktober nach seiner insoweit unstreitigen Aufstellung insgesamt 4.450.-- DM (Bl. 279), wobei die weiter behauptete Barzahlung von 1.000.-- DM, die entgegen der Angabe in dem Schriftsatz nicht durch Vorlage einer Quittung belegt ist, nicht berücksichtigt worden ist.

Verrechnet man diese Zahlung entsprechend dem dahingehenden mutmaßlichen Willen des Beklagten als Unterhaltsschuldners zunächst auf den Kindesunterhalt in Höhe von (7 x 454.-- DM =) 3.178.-- DM, verbleiben weitere 1.272.-- DM für Ehegattenunterhalt. Höher ist ihr Anspruch in diesem Zeitraum keinesfalls, so daß insgesamt damit bis einschließlich Oktober 2000 kein rückständiger Unterhaltsanspruch der Kläger verbleibt.

Dabei sind die nicht mit einer ausdrücklichen Leistungsbestimmung versehenen und auch der Höhe nach unregelmäßigen Zahlungen des Beklagten nach dem mutmaßlichen Parteiwillen dahin auszulegen, daß sie nicht auf einen jeweiligen konkreten Zeitabschnitt erfolgt sein sollen, sondern auf den jeweils geschuldeten laufenden und rückständigen Unterhalt. Danach ist es geboten, die bis einschließlich Juli 2000 geleisteten Zahlungen auch für die folgenden drei Monate noch als bedarfsdeckend auszulegen (§§ 1614 Abs. 2, 760 Abs. 2 BGB, hinsichtlich des Trennungsunterhalts in Verbindung mit §§ 1361 Abs. 4 S. 3, 1360a Abs. 3 BGB).

3.

Zeitraum November bis Dezember 2000

Dieser Zeitraum ist dadurch gekennzeichnet, daß der Beklagte die Zahlung der laufenden Lasten (Annuitäten) für das Haus der Parteien in Dauborn eingestellt hat. Er hat dies damit begründet, daß er durch die von der Klägerin bewirkte Pfändung wegen eines ihr zugesprochenen und titulierten Prozeßkostenvorschusses von rund 5.000.- -DM die Zahlung nicht mehr habe aus dem laufenden Einkommen bedienen können. Dies ist nicht überzeugend, da ihm in diesem Jahr außerdem noch

7.000.-- DM Steuerrückzahlung zugeflossen sind, die das Amtsgericht wegen dieser Zweckbestimmung für diesen Prozeßkostenvorschuß nicht, wie sonst angezeigt, dem laufenden Einkommen zugerechnet hat. Im übrigen kommt es auf die Gründe, weshalb der Beklagte die laufenden Finanzierungslasten nicht mehr bedient hat, nicht an. Jedenfalls stand ihm von diesem Zeitpunkt an dieser zusätzliche Mittelzufluß zur Verfügung und ist unterhaltsrechtlich zur Bestimmung des Einkommens heranzuziehen.

Von den im vorausgegangenen Zeitraum berücksichtigten Hauslasten fällt der auf das Haus in entfallende Anteil in Höhe von 3.637.-- DM weg. Um diesen Betrag ist das vorstehend errechnete Nettoeinkommen von 3.140.-- DM zu erhöhen, so daß für diesen Zeitabschnitt ein Betrag von monatlich 6.770.-- DM als bereinigtes Nettoeinkommen verbleibt. Dies entspricht auch der eigenen Berechnung des Beklagten in der Berufungsbegründung (Bl. 279, 280).

Soweit im übrigen der Beklagte die geschuldeten, aber nicht mehr erbrachten Finanzierungsaufwendungen als eheprägend von seinem Einkommen in Abzug bringen will, ist dem nicht zu folgen. Schuldentilgung wird im Rahmen der Berechnung des Einkommens zur Ermittlung des eheprägenden Einkommens nur in der Höhe berücksichtigt, wie sie tatsächlich bedient wird. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn angesichts großzügig vorhandener Mittel ein nicht mehr bedienter Kredit nicht zum Lebensunterhalt verwendet, sondern der Vermögensbildung zugeführt wird. Hiervon kann angesichts der hier gegebenen Verhältnisse nicht die Rede sein.

Bei diesem Einkommen ist der Beklagte in die Gruppe 11 der Düsseldorfer Tabelle mit einem tabellarischen Bedarf von 918.-- DM monatlich einzuordnen. Dies führt für das Kind zu einem Zahlbetrag von monatlich (918.-- DM minus 135.-- DM =) 783.-- DM und damit etwas weniger als vom Amtsgericht zugesprochen.

Für den Ehegattenunterhalt ist von dem genannten Einkommen der Tabellensatz für das gemeinsame Kind sowie 855.-- DM für abzuziehen, so daß bis dahin 5.004.-- DM monatlich verbleiben. Nach Abzug des Erwerbstätigenbonus von 1/5 errechnet sich ein Betrag von 4.003.-- DM monatlich, der in die Unterhaltsberechnung einzustellen ist.

Dem steht auf Seiten der Klägerin weiterhin ihr Einkommen aus Wohnwert und Pflegegeld von rund 1.130.-- DM gegenüber, wovon ihr die hälftige Differenz in Höhe von (4.003.-- DM minus 1.130.-- DM = 2.673.-- DM : 2 =) 1.336.-- DM monatlich zusteht. Soweit das Amtsgericht für diesen Zeitraum monatlich 1.987.-- DM ausgeurteilt hat, hat die Berufung des Beklagten insoweit teilweise Erfolg.

4.

Januar bis April 2001

Ab Januar 2001 fällt der für 2000 berücksichtigte Abschlag wegen der Leasingkosten weg; außerdem verändert sich die Steuerklasse für das Pensionseinkommen (1 statt wie bisher 3). Hieraus ergibt sich ein Monatseinkommen, wie von der Berufungsbegründung zutreffend errechnet (Bl. 293-294) von 11.481.-- DM. Nach Abzug der Belastungen und Werbungskosten (der Gewerkschaftsbeitrag ist weggefallen) verbleiben 7.351.-- DM. Für diesen Zeitraum ist der Beklagte, wie vom Amtsgericht zutreffend angenommen, in die Gruppe 12 der Düsseldorfer Tabelle einzuordnen, so daß sich ein tabellarischer Bedarfssatz von 969.—DM, entsprechend ein Zahlbetrag nach Abzug des hälftigen Kindergeldes von 834.-- DM ergibt.

Für den Ehegattenunterhalt verbleibt nach Abzug des Kindesunterhalts von 969.-- DM und 855.-- DM (zusammen 1.824.-- DM) ein Betrag von 5.527.-- DM, wovon wiederum der Erwerbstätigenbonus (1/5) abzuziehen ist, verbleiben 4.422.-- DM. Die Differenz zu den unverändert gebliebenen Einkünften der Klägerin beträgt 3.092.-- DM, wovon ihr die Hälfte in Höhe von 1.546.-- DM monatlich zusteht. Das Amtsgericht hat für diesen Zeitraum je 2.122,60 DM monatlich ausgeurteilt, womit sich die Berufung insoweit ebenfalls als teilweise erfolgreich erweist.

5.

Ab Mai 2001 verändert sich die Situation dadurch, daß nach Veräußerung des Hauses der Klägerin der auf ihrer Seite zu berücksichtigende Wohnwert entfällt. Bei im übrigen unveränderten Verhältnissen führt dies zu folgender Berechnung:

4.422.-- DM minus 533.-- DM = 3.898.-- DM : 2 = 1.945.-- DM. Auch dies liegt unter dem vom Amtsgericht für diesen Zeitraum ausgeurteilten Betrag von monatlich 2.122,60 DM.

6.

Ab September 2001 hat das Amtsgericht der Klägerin als fiktive Erwerbseinkünfte monatlich 500.-- DM zugerechnet, nach Abzug des Erwerbstätigenbonus 400.-- DM monatlich. Dies ist nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung nicht gerechtfertigt. Angesichts des fortgeschrittenen Alters der Klägerin und der festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie ihrer Erwerbsbiographie wird es nach Auffassung des Senats der Klägerin nicht möglich sein, neben den erzielten Einkünften aus der Betreuung des Pflegekindes weitere Erwerbseinkünfte zu erzielen. Soweit das Amtsgericht für diesen Zeitraum den der Klägerin zustehenden Ehegattenunterhalt auf monatlich 1.722,60 DM herabgesetzt hat, hat es auf die allein vom Beklagten eingelegte Berufung sein Bewenden.

Der vom Beklagten gegen den Ehegattenunterhalt erhobene Einwand der Verwirkung greift im Ergebnis nicht durch. Dieser Einwand stützt sich auf zwei Gegebenheiten:

Zum einen habe die Klägerin ihn ohne hinreichenden Grund durch Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens der Gefahr einer Strafverfolgung ausgesetzt. Es geht um die von der Klägerin im November 2000 erstattete Strafanzeige wegen Urkundenfälschung der angeblich von ihr stammenden Unterschrift unter der Zweckbestimmungserklärung für den Kredit, betreffend den Ausbau des Hauses in (in Kopie Anl. zum Schriftsatz vom 12.7.01, Bl. 451 ff.d.A.). Dies stellt insoweit eine nicht unerhebliche Gefährdung der Existenz des Beklagten dar, der als leitender Bankangestellter für den Vorwurf der Urkundenfälschung im Zusammenhang mit einer Hausfinanzierung besonders angreifbar ist (§ 1579

Nr. 4 BGB). Der Senat geht jedoch unter Gesamtabwägung aller Umstände davon aus, daß das Verschulden der Klägerin an diesem Vorgang nicht so schwer wiegt, daß sich hieraus ein Verwirkungstatbestand ableiten ließe. Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe die Unterschrift auf der Zweckbestimmung der Belastung ihres Hauses in nicht geleistet und keine andere Möglichkeit der Klärung gesehen, als eine dahingehende Strafanzeige. Diese Strafanzeige habe sie nicht nur gegen den Beklagten als ihren getrennt lebenden Ehemann, sondern auch gegen die maßgeblichen Mitarbeiter der Bank, die an diesem Vorgang mitgewirkt hätten, gerichtet. Insoweit geht es im Ergebnis nicht um eine Maßnahme mit der hauptsächlichen Zielwirkung, dem Beklagten zu schaden, sondern um eine Maßnahme zur Wahrnehmung eigener wirtschaftlicher Interessen. Es war zwar objektiv nicht erforderlich, diese Klärung nur über den Weg eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zu suchen, vielmehr hätte sie sich insoweit auch zivilrechtlicher Mittel bedienen können. Insoweit liegt in der ihr anzulastenden Fehlbeurteilung der Situation jedoch kein so schwerwiegendes Verschulden, daß es eine Unterhaltsverwirkung rechtfertigen könnte. Es kommt hinzu, daß auch der Beklagte seinerseits, und zwar zeitlich vorausgehend, die Klägerin mit einer unnötigen Strafanzeige überzogen hat, nämlich im Zusammenhang mit der Unterschlagung von Hausrat. Dieser Vorgang war nur teilweise gerechtfertigt durch den Verlust von Schußwaffen, für den der Beklagte als Inhaber einer Waffenbesitzkarte veranlaßt war, da er hinsichtlich dieses Vorwurfs weit über den unerklärten Verlust von Schußwaffen hinausgeht und auch andere Hausratsgegenstände umfaßt.

Der zweite Verwirkungssachverhalt ist die von der Klägerin unstreitig bewirkte Doppelpfändung aus der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts vom 29.12., gerichtet auf monatlich je 706,50 DM Ehegattenunterhalt und 630.-- DM Kindesunterhalt, rückwirkend ab August 2000. Diesen Betrag, nämlich laufend 1.336.-- DM, ab November zuzüglich dem gesamten bis dahin aufgelaufenen Rückstand, hat die Klägerin bei beiden gehaltszahlenden Stellen des Beklagten, nämlich der Wehrbereichsverwaltung West hinsichtlich seiner Pension und der BHF Bank, dem Arbeitgeber des Beklagten, in voller Höhe gepfändet und vereinnahmt. Da die Pfändungen jeweils den vollen pfändungsfreien Betrag abgeschöpft haben, ist der Beklagte in dieser Zeit mit der Bedienung seiner laufenden Verbindlichkeiten, wie von ihm nachvollziehbar dargestellt, in Schwierigkeiten geraten. Auch dies ist für den Verwirkungsgrund des § 1579 Nr. 4 BGB von Relevanz. Indes ist nach Auffassung des Senats das Verhalten der Klägerin insoweit letztlich nicht mutwillig im Sinne der genannten Vorschrift zu beurteilen. Die Pfändungen sind nicht von ihr selbst, sondern von der von ihr hiermit beauftragten Bevollmächtigten auf deren eigene Situationsbeurteilung hin ausgebracht worden. Auch die eigene Bevollmächtigte des Beklagten hat die fehlerhafte Pfändung nicht sofort bemerkt, sondern, wie vorgetragen und belegt, erst nach geraumer Zeit die Doppelpfändung beanstandet und Abhilfe verlangt (Schreiben der Rechtsanwältin Rausch vom 30.701, Bl. 701, 702). Der Klägervertreter hat daraufhin umgehend reagiert (Erwiderungsschrift vom 14.8.2001, in Kopie Bl. 703 d.A.) und alsbald eine der beiden Pfändungen aufgehoben. Tatsächlich ist daraufhin auch letztmalig im August 2001 bei der BHF Bank gepfändet worden (deren Aufstellung vom 14.12.2001, Bl. 693). Auch insoweit wiegt nach Überzeugung des Senats das der Klägerin persönlich zuzurechnende Verschulden nicht so schwer, daß es als eine mutwillige Beeinträchtigung der Vermögensinteressen des Beklagten gewertet werden kann.

Indes hat die für längere Zeit andauernde Doppelpfändung bewirkt, daß der den Klägern zustehende Unterhaltsanspruch bis einschließlich Januar 2002 durch Erfüllung erloschen ist. Dies ergibt sich aus folgender Berechnung:

Wie vorstehend ausgeführt, stehen dem Kläger zu 2) in der Zeit von Oktober 2000 bis einschließlich Dezember 2001 an Kindesunterhalt zu: 2 x 783.-- DM und 12 x 834.-- DM = 11.574.-- DM.

Die Klägerin hat in diesem Zeitraum zu beanspruchen

für November und Dezember 2000 2 x 1.336.-- DM = 2.672.00 DM
BR für Januar bis April 2001 4 x 1.546.-- DM = 6.184.00 DM
BR für Mai bis August 2001 4 x 1.945.-- DM = 7.780.00 DM

und für September bis Dezember 2001 4 x 1.772,60 DM = 7.090,40 DM

23.726,40 DM.

Insgesamt ergibt dies für den Gesamtzeitraum einen geschuldeten Unterhalt von 35.300,40 DM.

Durch Pfändung beigetrieben sind in diesem Zeitraum folgende Beträge:

bei der Wehrbereichsverwaltung gemäß deren Aufstellung vom 7.1.2002 (Bl. 692) insgesamt 19.062,82 DM und bei der BHF Bank gemäß deren Aufstellung vom 14.12.2001 (Bl. 693) 17.820,40 DM, zusammen 36.903,20 DM. Dies ergibt eine Überzahlung von insgesamt 1.602,80 DM.

Im Monat Januar 2002 sind geschuldet 1.722,60 DM Ehegattenunterhalt und 834.-- DM Kindesunterhalt = 2.556,60 DM. Da davon auszugehen ist, daß auch im Januar 2002 1.336,50 DM bei der Wehrbereichsverwaltung West gepfändet worden sind, ergibt dieser Pfändungsbetrag zusammen mit der vorgenannten Überzahlung, daß auch im Januar 2002 kein Unterhaltsrückstand mehr besteht, vielmehr noch eine geringfügige Überzahlung verbleibt.

Für das Jahr 2002 im übrigen ist von gleichbleibenden Verhältnissen hinsichtlich der Unterhaltsbemessung auszugehen. Dies wäre nicht zutreffend, wenn der vom Beklagten vorgelegte Steuerbescheid vom 14.12.2001 für das Kalenderjahr 1998 (Bl. 674) mit seiner dahin ausgewiesenen erheblichen Steuernachforderung von über 50.000.-- DM Bestandskraft erhielte und zu einer beträchtlichen Verkürzung der für Unterhaltszwecke verfügbaren Mittel des Beklagten führen würde. Indes ist nach den Erklärungen der Parteien im Termin zu erwarten, daß dieser Bescheid auf Einspruch hin aufgehoben und die gemeinsame Steuerveranlagung für 1998, in welchem Kalenderjahr die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorlagen, noch durchgeführt wird. Sollte diese Prognose nicht zutreffen, wäre dies im Wege der Abänderung zu berücksichtigen.

Die künftig fälligen Beträge hat der Senat in Euro ausgewiesen. Dabei konnte die Erhöhung der Tabellensätze für den jetzigen Kläger zu 2) im Rahmen der gestellten Anträge nicht berücksichtigt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Sie berücksichtigt, daß die Berufung nur hinsichtlich des zurückliegenden Zeitraums teilweise Erfolg hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO i.V.m. § 711, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, da die verhandelten und entschiedenen Streitfragen im Tatsachenbereich liegen und die Entscheidung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand hat.

Auf den dahingehenden Antrag des Beklagten (vom 25,4.01, Bl. 403d.A.) war zugleich die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts vom 29.12.00 aufzuheben (§ 620b Abs.1 i.V. mit § 644 Satz 2 ZPO). Hinsichtlich des künftigen Unterhalts wird sie durch den Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit in diesen Urteil ersetzt. Ein fortbestehendes rechtliches Interesse an der Aufhebung besteht darin, dass die Wehrbereichsverwaltung als Drittschuldner (mit Schreiben vom 7.1.02, Bl. 692 d.A.) angekündigt hat, auch künftig wegen eines errechneten Rückstandes weiterhin Beträge an die Klägerin zu zahlen. Ein solcher Rückstand besteht aber, wie ausgeführt, wegen der -der Drittschuldnerin unbekannten- Parallelpfändung nicht.

Dr. Eschweiler Michalik Juncker