OLG Frankfurt vom 16.01.2006 (1 UF 40/04)

Stichworte: Brüssel II Brüssel IIa Sorgerecht, Zuständigkeit, ausländisches Gericht
Normenkette: EG-Verordnung 2201/2003 Art. 64 EG-Verordnung 2201/2003 Art. 23 EG-Verordnung 1347/2000 Art. 15
Orientierungssatz:
  • Ein ausländisches Scheidungsverfahren führt nur dann nach der EG-Verordnung Nr. 1347/2000 zur Zuständigkeit des ausländischen Gerichts für ein bereits im Inland anhängiges selbständiges Sorgerechtsverfahren, wenn das ausländische Scheidungsverfahren vor einem staatlichen Gericht geführt wird.
  • Ein zwischen in Deutschland lebenden Muslimen griechischer Nationalität vor dem Mufti in Griechenland geführtes Scheidungsverfahren ist trotz der in Griechenland durch Art. 5 Abs. 2 des griechischen Gesetzes 1920/1991 anerkannten Gerichtsbarkeit des Mufti in Angelegenheiten zwischen griechischen Muslimen bezüglich der Ehescheidung und der Vormundschaft kein staatliches Scheidungsverfahren im Sinne der EG-Verordnung Nr. 1347/2000 und im Sinne der EG-Verordnung Nr. 2201/2003. Dies gilt auch dann, wenn die Entscheidung des Mufti vom zuständigen griechischen Gericht gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 2 des griechischen Gesetzes Nr. 1920/1991 für vollstreckbar erklärt wurde, da die Vollstreckbarerklärung keine inhaltliche Überprüfung der Mufti-Entscheidung beinhaltet.
  • Ist eine ausländische Sorgerechtsentscheidung ergangen, ohne dass die betroffenen Kinder die Möglichkeit hatten, gehört zu werden, steht dies sowohl nach Art. 23 lit.b der Verordnung 2201/2003 als auch nach Art. 15 Abs. 2 lit.b der Verordnung 1347/2000 der Anerkennungsfähigkeit entgegen, weil dies gegen in § 50b FGG zum Ausdruck kommende wesentliche verfahrensrechtliche Grundsätze des deutschen Rechts verstößt
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Rüsselsheim vom 19. 1. 2004 am 16. Januar 2006 beschlossen :

    Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

    Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder XXX, geb. am xx1994, und YYYY, geb. am xxxx 1996, wird auf die Antragstellerin übertragen.

    Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 3 KostO). Die Erstattung von außergerichtlichen Kosten der Beteiligten untereinander wird nicht angeordnet. Der Wert des Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt (§§ 131 Abs. 2, 30 KostO).

    Gründe:

    Die Beteiligten zu 1) und zu 2), die beide griechische Staatsangehörige muslimischen Glaubens sind, haben am 14. 6. 1993 die Ehe geschlossen, aus der die Kinder XXX und YYY hervorgegangen sind. Nachdem der Antragsgegner bereits im Laufe des Jahres 2002 zu der Annahme gelangte, die Antragstellerin unterhalte ein ehewidriges Verhältnis zu einem anderen Mann, geriet die Ehe der Parteien zunehmend in eine Krise, was im März 2003 dazu führte, dass die Antragstellerin mit den gemeinschaftlichen Kindern aus der Ehewohnung auszog. Nach einem mehrwöchigen Aufenthalt in einem Frauenhaus bezog sie im April 2003 eine Wohnung in Y-Dorf, wo sie seitdem mit den Kindern lebt.

    Die Parteien streiten darüber, wo die Kinder ihren Aufenthalt haben sollen. Beide nehmen jeweils für sich in Anspruch, bis zur Trennung den Hauptteil der elterlichen Verantwortung getragen zu haben und trotz der jeweiligen Erwerbstätigkeit am besten in der Lage zu sein, die Erziehung und Betreuung der Kinder zu gewährleisten. Beide fordern für sich ein, dass ihr jeweiliges Begehren dem Willen der Kinder entspreche.

    Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss nach Anhörung der Eltern und der Kinder und nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens der Psychologin Brigitte Spangenberg das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder auf den Kindesvater übertragen und den Vollzug dieser Entscheidung bis zum Eintritt ihrer Rechtskraft ausgesetzt. Ausschlaggebend war für das Amtsgericht, dass nach Ansicht der Gutachterin die Kinder eine intensivere Bindung zu dem Vater hätten und dieser auch das großzügigere und stabilere soziale Umfeld bieten könne. Da die Sachverständige zugleich die Befürchtung geäußert hatte, dass es wegen der beim Vater vorherrschenden Verachtung für die Mutter bei einem Aufenthaltswechsel zu einem Abbruch der sozialen Beziehungen der Kinder zur Mutter kommen könne, hat das Amtsgericht zugleich für den Fall des Aufenthaltswechsels das Umgangsrecht der Kindesmutter geregelt.

    Mit ihrer fristgerechten Beschwerde strebt die Antragstellerin weiterhin die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Kinder auf sich an. Der Antragsgegner verteidigt die angefochtene Entscheidung. Beide Parteien werfen sich wechselseitig vor, die Kinder unter Druck zu setzen und den Kindeswillen nicht zu akzeptieren. Sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsgegner nehmen weiterhin jeweils für sich in Anspruch, der Aufenthalt bei ihnen entspreche dem Willen der Kinder.

    Nach Anhängigkeit des Sorgerechtsverfahrens betrieb der Antragsgegner im Laufe des Jahres 2003 bei dem Mufti in Komotini (Griechenland) ein Verfahren auf Scheidung der Ehe und auf Regelung der elterlichen Sorge. Am 4. August 2003 erging eine Entscheidung des Inquisitionsgerichts der Muftia Komitini des Inhalts, dass

    die Ehe der Parteien für geschieden erklärt,

    dem Antragsteller die Vormundschaft und elterliche Sorge für die Kinder XXX und YYY übertragen,

    die Ausreise der Kinder aus Griechenland verboten und

    der Antragsgegnerin ein Besuchs- und Kommunikationsrecht erteilt wurde, solange sie sich in Griechenland aufhält.

    Diese Entscheidung wurde durch eine Verfügung des Landgerichts Rodopi vom 4. 9. 2003 anerkannt und für vollstreckbar erklärt. Eine Anhörung der Kinder erfolgte weder durch das Inquisitionsgericht der Muftia in Komotini noch durch das Landgericht Rodopi.

    Am 12. 11. 2004 erzielten die Parteien in dem Beschwerdeverfahren eine Zwischenvereinbarung, wonach die Antragsgegnerin alsbald eine Wohnung in D-Dorf suchen und die Kinder sich nach dem Umzug nach D-Dorf an den arbeitsfreien Tagen des Vaters bei diesem aufhalten, im Übrigen aber bei der Mutter wohnen sollten.

    Diese Vereinbarung wurde nicht umgesetzt, weshalb der Antragsteller das Verfahren wieder aufgerufen hat. Die Antragsgegnerin erklärt, es sei ihr nicht gelungen, in D-Dorf eine Wohnung zu finden. Der Antragsteller führt dies darauf zurück, dass sich die Antragsgegnerin nicht wirklich um eine dortige Wohnung bemüht habe.

    Auf die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist die angefochtene Entscheidung abzuändern und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder auf die Kindesmutter zu übertragen.

    Für die Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts als Teilbereich der elterlichen Sorge sind die deutschen Gerichte bei Anhängigkeit des Sorgerechtsverfahrens international zuständig gewesen. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. 2. 2005, NJW-RR 2005, 1674) bestimmte sich bei einem selbständigen Sorgerechtsverfahren vor Inkrafttreten der EG-Verordnung 2201/2003 die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 1 des Minderjährigen-Schutzankommens. Da beide Kinder seit ihrer Geburt - und auch weiterhin - ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland leben, war daher bei Anhängigwerden des Verfahrens die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit gegeben.

    Diese Zuständigkeit ist hier nicht dadurch entfallen, dass der Antragsgegner im späteren Verlauf in Griechenland vor einem Mufti das Scheidungsverfahren betrieb und eine entsprechende Entscheidung des Inquisitionsgerichts der Muftia in Komotini erwirkte. Zwar wäre mit Anhängigwerden eines Scheidungsverfahrens vor einem zuständigen staatlichen ausländischen Gerichts ein bis dahin isoliertes Sorgerechtsverfahren der EG-Verordnung 1347/2000 unterfallen, wodurch für die Sorgerechtsregelung das Gericht des Scheidungsverfahrens zuständig geworden wäre (OLG Karlsruhe, FamRZ 2005, 287), wobei wegen Art. 2 Abs. 1 lit. b) der EG-Verordnung 1347/2000 eine Zuständigkeit eines staatlichen griechischen Gerichts im Hinblick auf die griechische Staatsangehörigkeit der Parteien anzuerkennen gewesen wäre. Bei dem Inquisitionsgericht der Muftia in Komotini handelt es sich jedoch um eine Gerichtsbarkeit innerhalb der Religionsgemeinschaft der Parteien und nicht um eine staatliche Gerichtsbarkeit.

    Art. 5 Abs. 2 des griechischen Gesetzes 1920/1991 regelt, dass der Mufti die Gerichtsbarkeit in Angelegenheiten zwischen den griechischen Muslimen seines Bezirks bezüglich der Ehe, der Ehescheidung, der Unterhaltspflichten, der Vormundschaft, der Kuratel, der Emanzipation Minderjähriger, der islamischen Testamente und der gesetzlichen Erbfolge ausübt, soweit sich diese Verhältnisse nach dem islamischen religiösen Gesetz bestimmen. Ferner ist in Art. 4 Abs. 1 des griechischen Gesetzes 147/1914 geregelt, dass sich die Eheverhältnisse der Anhänger des mohammedanischen oder israelitischen Glaubens nach ihrem religiösen Gesetz bestimmen und danach beurteilt werden, wobei diese Bestimmung für die griechischen Muslime auch nach der Einführung des griechischen Zivilgesetzbuchs in Kraft geblieben ist, weil Art. 6 Satz 1 des griechischen Einführungsgesetzes zum ZGB diese Regelung nur für Griechen jüdischen Glaubens aufgehoben hat. (vgl. Bergmann/Ferid, Griechenland, S. 28 m.w.N.). Hierdurch wird ein vor dem Mufti betriebenes Scheidungsverfahren jedoch nicht zu einer Ehesache vor einem staatlichen Gericht im Sinne der EG-Verordnung Nr. 1347/2000. Denn auch das griechische Recht verleiht dem Mufti keine staatliche Gerichtsmacht, sondern verleiht seiner Entscheidung nur innerstaatliche Wirkungen für den Fall, dass sie von dem Einzelrichtergericht erster Instanz des Bezirkes, in dem der Mufti seinen Sitz hat, für vollstreckbar erklärt wird (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 des griechischen Gesetzes 1920/1991). Dabei wird jedoch die Mufti-Entscheidung durch das staatliche Gericht nicht einer inhaltlichen Prüfung unterzogen, sondern es wird nur untersucht, ob die Entscheidung innerhalb der Grenzen der Gerichtsbarkeit des Mufti gefällt worden ist und ob die angewendeten Vorschriften gegen die griechische Verfassung verstoßen (Art. 5 Abs. 3 Satz 2 des griechischen Gesetzes 1920/1991, vgl. Bergamm/Ferid, Griechenland, S. 30). Durch die Entscheidung des Landgerichts Rodopi vom 4. 9. 2003 über die Vollstreckbarerklärung ist das Scheidungsverfahren selbst nicht zu einem staatlichen Gerichtsverfahren erhoben worden, sondern es wurde lediglich für Griechenland innerstaatlich die Anerkennung der Mufti-Entscheidung ausgesprochen. Das Scheidungsverfahren selbst ist damit ein außerstaatliches Verfahren geblieben, das nicht dem Anwendungsbereich der EG-Verordnung 1347/2000 unterfällt, so dass es bei der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit geblieben ist.

    Im Übrigen ist die Entscheidung des Inquisitionsgerichts der Muftia in Komitini zum Regelungsbereich der elterlichen Sorge auch nicht anerkennungsfähig.

    Die Anerkennungsfähigkeit einer Sorgerechtsentscheidungen, die in einem vor Inkrafttreten der EG-Verordnung Nr. 2201/2003, aber nach Inkrafttreten der EG-Verordnung Nr. 1347/2000 anhängig gewordenen Verfahren ergangen ist , bestimmt sich gem. Art. 64 Abs. 1 und Abs. 3 der EG-Verordnung Nr. 2201/2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (Brüssel IIa) nach Maßgabe des Kapitels III der Verordnung Brüssel IIa. Abgesehen davon, dass es auch für die Frage der Anerkennungsfähigkeit darauf ankommt, dass es sich um eine Entscheidung oder Verfügung zuständiger staatlicher Gerichte oder Behörden handelt, woran es bei der Entscheidung des Inquisitionsgerichts der Muftia Komotini fehlt, steht auch Art. 23 lit. b der Brüssel IIa-Verordnung (ebenso Art. 15 Abs. 2 lit. b der EG-Verordnung Nr. 1347/2000) der Anerkennungsfähigkeit entgegen, weil die Sorgerechtsentscheidung des Inquisitionsgerichts ergangen ist, ohne dass die betroffenen Kinder die Möglichkeit hatten, gehört zu werden. Dies verstößt gegen in § 50b FGG zum Ausdruck kommende wesentliche verfahrensrechtliche Grundsätze des deutschen Rechts.

    Das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das im Hinblick auf den Aufenthalt der Kinder in der Bundesrepublik Deutschland dem deutschen materiellen Recht unterliegt, ist in Abänderung der angefochtenen Entscheidung gem. § 1671 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 BGB auf die Antragstellerin zu übertragen.

    Die Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts zu dem Teilbereich des Aufenthaltsbestimmungsrechts ist nicht möglich, da die Parteien keine Einigung über den Aufenthalt der Kinder erzielen können. Beide halten an ihrer jeweiligen Auffassung über den Aufenthalt der Kinder unnachgiebig fest und sind nicht in der Lage, hierüber eine gemeinsame Entscheidung zu treffen.

    Es ist zu erwarten, dass es dem Wohl der Kinder am ehesten dient, wenn das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Antragstellerin übertragen wird. Die Kinder leben nun bereits seit nahezu drei Jahren bei der Antragstellerin und werden von ihr erzogen und betreut. Die persönliche und schulische Entwicklung der Kinder ist in dieser Zeit positiv verlaufen. Weder aus der Anhörung der Parteien und der Kinder noch aus den Stellungnahmen des Jugendamtes und der Verfahrenspflegerin ergeben sich Anhaltspunkte, die gegen die Erziehungseignung der Antragstellerin sprechen könnten.

    Deren Erziehungseignung wird vom Antragsgegner vor allem deshalb in Abrede gestellt, weil diese aus seiner Sicht aus der Ehe ausgebrochen sei, sich ehewidrig verhalten habe und deshalb kein Vorbild für die Kinder sein könne. Es kann dahinstehen, ob die vom Antragsgegner erhobenen Vorwürfe im Hinblick auf ein ehewidriges Verhalten der Antragstellerin begründet sind. Denn nachhaltige Defizite in der Erziehungseignung der Antragstellerin ergeben sich hieraus nicht. Vielmehr belegt die Entwicklung der Kinder, dass die Antragstellerin durchaus in der Lage ist, Bedürfnisse der Kinder zu erkennen und diese verantwortlich zu erziehen. Die Ausübung des Umgangsrechts ist zwar nicht störungsfrei, aber dennoch vergleichsweise kontinuierlich verlaufen. Die Antragstellerin bringt - trotz der massiven, teilweise auch ehrverletzenden Vorhaltungen des Antragsgegners - die erforderliche Bindungstoleranz auf, erkennt die Notwendigkeit regelmäßiger Kontakte der Kinder zu ihrem Vater und unterstützt diese weitgehend. Demgegenüber ist im Falle eines Aufenthalts der Kinder beim Antragsgegner der für die Kinder notwendige Kotakte zu beiden Elternteilen nicht hinreichend gewährleistet. Aus der Anhörung wurde deutlich, dass bei dem Antragsgegner nach wie vor das Gefühl der Kränkung durch die Antragstellerin vorherrschend ist und er jeden Einfluss der Kindesmutter auf die Kinder für schlecht hält. Bei dieser Sachlage ist zu befürchten, dass im Falle eines Aufenthaltswechsels unbelastete Kontakte der Kinder mit ihrer Mutter nicht möglich sein werden. Die Erhaltung möglichst unbelasteter Bindungen der Kinder zu beiden Elternteilen ist von erheblicher Bedeutung für die Entwicklung der Kinder (§ 1626 Abs. 3 BGB). Die Fähigkeit, diese Bindungen zu fördern, stellt ein wesentliches Merkmal der Erziehungseignung dar. Diese ist bei der Antragstellerin eher vorhanden als bei dem Antragsgegner.

    Auch die wünschenswerte Kontinuität der Erziehung der Kinder spricht gegen einen Aufenthaltswechsel. Demgegenüber ist der Umstand, dass die Wohnverhältnisse bei der Antragstellerin beengt sind und der Antragsgegner großzügigere Wohnverhältnisse bieten kann, nicht von ausschlaggebender Bedeutung.

    Der Wille der Kinder steht der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Antragstellerin nicht entgegen. Es wurde aus der Anhörung deutlich, dass diese zu beiden Elternteilen enge Bindungen haben. Diese wollen sie nicht dadurch gefährden, dass ein Elternteil an ihrer Loyalität zweifeln könnte. Sie sind sehr darauf bedacht, jegliches Verhalten zu vermeiden, das von einem Elternteil als Parteinahme für den jeweils anderen Elternteil verstanden werden könnte. Dabei erleben die Kinder beide Elternteile so, dass diese von ihnen die Bestätigung einfordern, bei ihm/bei ihr leben zu wollen. In dem Bemühen, den jeweiligen Erwartungen ihrer Eltern zu entsprechen, artikulieren sie ihre eigenen Bedürfnisse nicht. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus nachvollziehbar, dass sowohl der Vater als auch die Mutter jeweils für sich die Überzeugung haben, nur der Aufenthalt bei ihm/bei ihr entspreche dem Willen der Kinder.

    Aus der Anhörung wurde deutlich, dass beide Kinder mit ihrer gegenwärtigen Situation zufrieden sind, in den letzten Jahren viele neue soziale Kontakte geknüpft haben und sie stolz auf das Erreichte sind. Es ergaben sich aus der Anhörung keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Kinder eine Veränderung wünschen. Die Kinder haben zueinander ganz intensive Bindungen, die sie auch nach außen kundtun, indem sie sich in gleicher Weise kleiden und sich bei allen körperlichen Unterschieden als Geschwister erkennbar machen. Auch die Mutter beziehen sie in diese Gemeinschaft ein. Insoweit hat die Beziehung der Kinder zu ihrer Mutter in den letzten Jahren an Intensität gewonnen. Die von der Sachverständigen seinerzeit gesehene intensivere Bindung der Kinder an den Vater vermag der Senat nicht festzustellen. Im Übrigen ist das Sachverständigengutachten aus dem Jahre 2003 im Hinblick auf den Zeitablauf und die Entwicklung der Verhältnisse als Grundlage für die jetzt zu treffende Entscheidung nicht geeignet.

    In der Gesamtschau ergeben sich für den Senat keine Umstände, die es gebieten würden, den gegenwärtigen Aufenthalt der Kinder zu ändern. Da dieser vom Antragsgegner nicht akzeptiert wird, bedarf es der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Antragstellerin.

    Das Beschwerdeverfahren ist gem. § 131 Abs. 3 KostO gerichtsgebührenfrei. Die Entscheidung bezüglich der außergerichtlichen Kosten folgt aus § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG, die Wertfestsetzung folgt aus §§ 131 Abs. Abs. 2, 30 KostO.

    Dr. Eschweiler Michalik Grün