OLG Frankfurt vom 15.12.2000 (1 UF 343/99)

Stichworte: Aufenthaltsbestimmungsrecht, Übertragung Sorgerecht, gemeinsames
Normenkette: BGB 1671 Abs. 2 Nr. 2.
Orientierungssatz: Mit dem Bundesgerichtshof (FamRZ 1999, S.1646 ff.) geht der Senat davon aus, daß die mangelnde Konsens - und Kooperationsbereitschaft der Eltern die Anordnung der alleinigen elterlichen Sorge oder der Übertragung eines Teils der elterlichen Sorge auf eine

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die befristete Beschwerde des Antragstellers vom 22. 12. 1999 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Dillenburg vom 10. 12. 1999 am 15. Dezember 2000 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Der Beschwerdeführer hat der Beschwerdegegnerin die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Der Beschwerdewert wird auf 10.000,-- DM festgesetzt.

G r ü n d e :

Die Parteien leben seit dem Auszug der Mutter aus der Ehewohnung am 12. 12. 1998 getrennt. Nach anfänglichen Streitigkeiten über den Verbleib des Kindes kamen die Eltern, die beide berufstätig sind, am 03. 02. 1999 vor dem Amtsgericht überein, ihr gemeinsames Kind im Rhythmus drei Tage/vier Tage und sodann vier Tage/drei Tage, also genau hälftig, zu betreuen und zu versorgen, wobei sich das Kind in diesem Rhythmus an dem Wohnort des jeweiligen Elternteils aufhielt. Nachdem auch in der Folgezeit die Spannungen zwischen den Eltern nicht nachließen, übertrug das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluß auf Vorschlag der Verfahrenspflegerin der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Wegen des Sachverhalts und der Entscheidungsgründe wird auf den angefochtenen Beschluß verwiesen (Bl. 147 - 151 d.A.).

Mit seiner Beschwerde begehrt der Antragsteller eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung und die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind auf ihn allein. Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Senat hat den Antrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen, mit dem dieser die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses und die Bestätigung der bisherigen Übung der Eltern begehrte, nach der der sich das Kind im Wechsel jeweils vier Tage bei jedem Elternteil aufgehalten hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Senatsbeschluß vom 20. 01. 2000 verwiesen (Bl. 174 - 176 d.A.).

Der beauftragte Richter des Senats hat am 16. 03. 2000 das Kind und beide Eltern, die für das Kind bestellte Verfahrenspflegerin und den Vertreter des zuständigen Jugendamtes gehört. Im Termin haben die Parteien eine Zwischenvereinbarung geschlossen, wegen deren Einzelheiten auf die Sitzungsniederschrift vom 16. 03. 2000 verwiesen wird (Bl. 214 - 216 d.A.).

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das Amtsgericht dem Antrag der Mutter auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts stattgegeben. Die teilweise Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Mutter allein entspricht dem Wohl des Kindes am Besten (§ 1671 Abs. 2 Nr. 2. BGB).

Mit dem Bundesgerichtshof (FamRZ 1999, S.1646 ff.) geht der Senat davon aus, daß die mangelnde Konsens - und Kooperationsbereitschaft der Eltern die Anordnung der alleinigen elterlichen Sorge oder der Übertragung eines Teils der elterlichen Sorge auf einen Elternteil allein jedenfalls dann rechtfertigt, wenn sich die hieraus ergebenden Konflikte auf wesentliche Bereiche der elterlichen Sorge beziehen. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, welche Auswirkungen die mangelnde Einigungsfähigkeit der Eltern bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben werden (ebenso: OLG Stuttgart, FamRZ 1999, S. 1596; KG, FamRZ 2000, S. 504).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe entspricht es dem Wohl des Kindes am besten, jedenfalls das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter allein zu übertragen. Trotz der im Termin vor dem beauftragten Richter des Senats am 16. 03. 2000 geschlossenen Vereinbarung ist es den Eltern nicht gelungen, zu einem entspannteren und für das Kind möglichst belastungsfreien Umgang miteinander zu gelangen. Nach dem Bericht der Verfahrenspflegerin fällt es den Eltern nach wie vor schwer, sich über das Kind betreffende Angelegenheiten zu unterhalten und hier zu einverständlichen Lösungen zu gelangen. Ein wesentlicher Grund hierfür ist sicherlich, daß auch im Termin vor dem beauftragten Richter deutlich zu Tage getretene nachhaltige Gefühl der Kränkung und Verletzung des Vaters, der trotz seiner im Termin am 16. 03. 2000 gegebenen Zusage, zum Abbau der Spannungen mit der Mutter eine Beratungsstelle aufzusuchen, diese Verpflichtung nicht einhalten konnte. Es kann offenbleiben, ob für die andauernden Spannungen zwischen den Eltern nicht auch Gefühle der Enttäuschung und Verletztheit seitens der Mutter gegenüber dem Vater mit ursächlich sind. Entscheidend ist jedenfalls, daß die nach wie vor bestehende geringe Kooperationsfähigkeit der Eltern eine klare Regelung hinsichtlich der Befugnis, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen, erforderlich macht. Da die Mutter nach der vom Senat geteilten Beurteilung der Verfahrenspflegerin und des Jugendamtes in wesentlich größerem Maße in der Lage ist, die nach wie vor bestehenden Spannungen zwischen den Eltern aus den Beziehungen zum gemeinsamen Kind herauszuhalten und dem Vater ohne wesentliche Vorbehalte ein großzügiges Umgangsrecht zu gewähren, hat das Amtsgericht das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter allein übertragen.

Der Senat weist darauf hin, daß für den Fall, daß die Spannungen zwischen den Eltern in unverändert starkem Umfang fortbestehen sollten, auch eine Aufhebung der im übrigen fortbestehenden gemeinsamen Sorge und eine Übertragung des gesamten Sorgerechts auf einen Elternteil allein in Betracht kommt. Denn es entspricht nicht dem Kindeswohl, den Eltern auch nur einen Teil der elterlichen Sorge zur gemeinsamen Ausübung zu überlassen, wenn dies weiteren das Kind belastenden Streit und von den Eltern nicht zu bewältigende Konfliktsituationen erwarten läßt (ebenso: KG, FamRZ 2000, S. 502 f. und S. 504 f.).

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 3 KostO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.

Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 94 Abs. 2 , 30 Abs. 3 KostO. Dabei hat der Senat den besonderen Umfang und die größere Schwierigkeit des Verfahrens als werterhöhenden Faktor berücksichtigt.

Dr. Eschweiler Juncker Carl