OLG Frankfurt vom 09.12.1999 (1 UF 334/98)

Stichworte: Ersetzung, Zustimmung, Namensänderung, Beschwerde, einfache, befristete.
Normenkette: BGB 1618 FGG 19, ZPO 176 i.V.m. 621a Abs. 1 S. 2
Orientierungssatz: 1) Gegen Ersetzungsentscheidungen nach § 1618 BGB n.F. ist nicht die einfache Beschwerde nach § 19 FGG eröffnet (anders: OLG Köln (FamRZ 1999, 735). 2) (Für die Ersetzung der Einwilligung zur Namensänderung) reicht es nicht, daß die Kinder, wie festgestellt, diese Namensänderung wünschen und daß dies ihrem Wohl förderlich wäre. Erforderlich ist vielmehr, daß die Namensänderung zum Wohl der Kinder erforderlich ist, wobei diese Verschärfung der Voraussetzung gegenüber der bisherigen Rechtslage vom Gesetzgeber ausdrücklich, wie aus der Entstehungsgeschichte ersichtlich, gewollt war.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

betreffend die Ersetzung der Einwilligung zur Namensänderung gemäß § 618 BGB der minderjährigen Kinder

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die als befristete Beschwerde zu behandelnde Erinnerung des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Hanau vom 31.08.1998 am 9. Dezember 1999 beschlossen

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Die Einwilligung des Vaters zur Namensänderung wird nicht ersetzt.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

G R Ü N D E

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht - Rechtspflegerin - die Einwilligung des Antragsgegners zur Änderung des Familiennamens der beiden Kinder in den Namen "X", den Namen des Beteiligten zu 3. und nach Eheschließung auch der Beteiligten zu 2., ersetzt. Dieses sei zum Wohl der Kinder erforderlich; der Antragsgegner habe sich trotz ihm gegebener Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu nicht geäußert. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich, der Rechtspflegerin zum Zeitpunkt der Beschlußfassung jedoch wohl nicht vorliegend, für den Antragsgegner dessen Verfahrensbevollmächtigter gemeldet und der beantragten Ersetzung widersprochen. Er sehe in dem Vorgehen der Antragsteller einen weiteren Versuch, ihm die Kinder zu entfremden.

Gegen den dem Antragsgegner persönlich am 03.09.1998 zugestellten Beschluß hat dieser durch seinen Verfahrensbevollmächtigten mit an das Amtsgericht gerichteten Schriftsatz, dort am 27.10.1998 eingegangen, Erinnerung eingelegt, mit der er zur Begründung auf seinen Schriftsatz Bezug genommen hat. Nach Nichtabhilfe durch die Rechtspflegerin hat die Richterin am Amtsgericht am 01.03.1999 die Beteiligten und die Kinder persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 01.03.1999 (Bl. 30, 31) Bezug genommen. Mit verkündetem Beschluß vom selben Tage hat die Richterin am Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Die nach Nichtabhilfe durch Rechtspflegerin und Richterin (§ 11 Abs. 2 RpflG in der vor dem 01.10.1998 geltenden Fassung) als befristete Beschwerde zu behandelnde Durchgriffserinnerung ist zulässig. Die Frist zur Beschwerdeeinlegung ist durch die an den Antragsgegner persönlich bewirkte Zustellung nicht in Lauf gesetzt worden, da sich zu diesem Zeitpunkt bereits sein Verfahrensbevollmächtigter zur Akte gemeldet hatte (§ 176 ZPO i.V.m. § 621 a Abs. 1 S. 2 ZPO). Der - nicht näher begründeten - Auffassung des OLG Köln (FamRZ 1999, 735), gegen Ersetzungsentscheidungen nach § 1618 BGB neue Fassung sei die einfache Beschwerde nach § 19 FGG eröffnet, teilt der Senat nicht. Es handelt sich um eine Endentscheidung mit weitreichender materiell-rechtlicher Bedeutung. Wenn sie mit der einfachen Beschwerde anfechtbar wäre, gäbe es keinen Zeitpunkt der Rechtskraft mit der Folge, daß die Frage, ob die Entscheidung Bestand hat, auf längere Sicht bis zu einer etwaigen Verwirkung des Beschwerderechts in der Schwebe bliebe.

Die damit zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der Ersetzung.

Nach dem festgestellten Sachverhalt unter Einschluß auch des Ergebnisses der Anhörung der Beteiligten durch das Amtsgericht liegen die Voraussetzungen dafür, daß die notwendige Einwilligung des Vaters zur Namensänderung ersetzt werden kann, nicht vor. Dafür reicht es nicht, daß die Kinder, wie festgestellt, diese Namensänderung wünschen und daß dies ihrem Wohl förderlich wäre. Erforderlich ist vielmehr, daß die Namensänderung zum Wohl der Kinder erforderlich ist, wobei diese Verschärfung der Voraussetzung gegenüber der bisherigen Rechtslage vom Gesetzgeber ausdrücklich, wie aus der Entstehungsgeschichte ersichtlich, gewollt war (vgl. OLG Köln a.a.O. und NJW RR 1999, 729; OLG Hamm FamRZ 1999, 736; OLG Braunschweig MDR 1999, 873). Daher bedarf es der Feststellung bestimmter Tatsachen, daß die Namensänderung für die Kinder mehr als nur nützlich und förderlich ist. Solche Tatsachen sind bislang von keiner Seite vorgebracht noch sonst aus den Umständen ersichtlich. Das Namensersetzungsverfahren ist von den Eheleuten Behn eingeleitet worden, nachdem eine zunächst betriebene Adoption an der fehlenden Zustimmung des Vaters gescheitert ist. Der Umstand, daß die Kinder in der neuen Familie integriert sind, ist aber ebensowenig ausreichend wie deren zu Protokoll des Amtsgerichts wiederholter Wunsch nach der Namensänderung. Irgendwelche gravierenden Nachteile für die Kinder durch die Beibehaltung ihres bisherigen Namens sind nicht ersichtlich. Es ist inzwischen auch nicht ungewöhnlich, daß Mitglieder einer Familie unterschiedliche Namen tragen, nachdem Stieffamilien häufig sind und inzwischen auch die Notwendigkeit unter Ehegatten zur Führung eines gemeinsamen Ehenamens entfallen ist. Der Wunsch des Vaters, durch den beibehaltenen gemeinsamen Namen die Bindung an die Kinder zu erhalten, ist legitim und nicht rechtsmißbräuchlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 FGG.

Dr. Eschweiler Michalik Juncker