OLG Frankfurt vom 26.03.1999 (1 UF 298/98)

Stichworte: Anwendung des Rechtsgedankens aus § 91 a bei der Entscheidung über die Kosten der Anschlußberufung
Normenkette: ZPO 515 Abs. 3, 91a
Orientierungssatz: In Übereinstimmung mit der Rechtssprechung des Senats (FamRZ 1989, S. 939) und des 2. Senats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (FamRZ 1993, S. 344 f.) ist auf die durch § 522 ZPO geschaffene Prozeßsituation § 91 a ZPO entsprechend anzuwenden, so daß hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Anschlußberufung eine zumindest überschlägige Sichtung und Wertung des Prozeßstoffes zu erfolgen hat.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht Carl als Einzelrichter am 26.03.1999 beschlossen

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Berufungskläger 8 % und die Berufungsbeklagte 92 % zu tragen.

G r ü n d e :

Mit Zustimmung der Parteien (§ 524 Abs. 4 ZPO) hat der Einzelrichter nach § 515 Abs. 3 ZPO über die Kosten der Berufung und auch über die Kosten der Anschlußberufung, die nach § 522 ZPO ihre Wirkung verloren hat, zu entscheiden. Die Zurücknahme der Berufung hat gemäß § 515 Abs. 3 ZPO die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Ob hierzu auch die Kosten der Anschlußberufung gehören, ist in Literatur und Rechtsprechung streitig. Gegen die Auffassung, daß dem Rechtsmittelkläger ausnahmslos die Kosten einer wirkungslos gewordenen Anschlußberufung aufzuerlegen seien, spricht insbesondere die Tatsache, daß die durch die Anschließung entstehenden Kosten durch eine auf einem Willensentschluß beruhende Prozeßhandlung des Rechtsmittelbeklagten verursacht werden. In Übereinstimmung mit der Rechtssprechung des Senats (FamRZ 1989, S. 939) und des 2. Senats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (FamRZ 1993, S. 344 f.) ist auf die durch § 522 ZPO geschaffene Prozeßsituation § 91 a ZPO entsprechend anzuwenden, so daß hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Anschlußberufung eine zumindest überschlägige Sichtung und Wertung des Prozeßstoffes zu erfolgen hat.

Im vorliegenden Fall hat der Berufungskläger lediglich die durch die Rücknahme der Berufung gemäß § 515 Abs. 3 ZPO entstandenen Kosten zu tragen, während die Berufungsbeklagte unter Würdigung des bisherigen Sach- und Streitstandes gemäß § 91 a ZPO für die Kosten der Anschlußberufung allein aufzukommen hat.

Der von der Anschlußberufungsklägerin angekündigte Antrag, das angefochtene Urteil hinsichtlich des Scheidungsausspruchs abzuändern und den Antrag auf Scheidung der Ehe abzuweisen, hat nach der mit Schriftsatz vom 22.01.1999 vorgetragenen Begründung keine Aussicht auf Erfolg. Daß mit der Scheidung und dem dann entfallenden Trennungsunterhalt die bisherige wirtschaftliche Basis für die Anschlußberufungsklägerin und den gemeinsamen Sohn der Parteien entfalle, stellt keinen Fall des § 1568 BGB dar. Der vorgetragene Sachverhalt rechtfertigt nicht die Annahme, daß die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse des aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kindes aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig sei. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Scheidung für die Antragsgegnerin aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, daß die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erschiene.

Keine Erfolgsaussicht hatte auch die mit der Anschlußberufung weiterhin begehrte Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts zum Versorgungsausgleich und der Antrag, für den Fall der Scheidung der Ehe den Versorgungsausgleich durchzuführen. Hier haben die Parteien vor Eingehung der Ehe durch den am 02.10.1985 notariell beurkundeten Ehevertrag den Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Nach § 1408 Abs. 2 BGB ist der vollständige Ausschluß des Versorgungsausgleichs unabhängig von Gegenleistungen oder Abfindungen zulässig (vgl. BGH FamRZ 1995, S. 1482; NJW 1997, S. 126). Zwar wird in Rechtssprechung und Literatur zunehmend der uneingeschränkte Ausschluß des Versorgungsausgleichs für unwirksam gehalten, wenn der Mann die Eingehung der Ehe mit der schwangeren Frau davon abhängig macht, daß diese unter anderem auch auf den Versorgungsaugleich verzichtet (vgl. hierzu: Büttner, FamRZ 1998, S. 1,4 f. m.w.N.). Ein solcher Fall lag hier jedoch nicht vor, da nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin diese gerade nicht die Eingehung der Ehe wünschte, die Eheschließung vielmehr auf Drängen des Antragstellers zustandekam. Soweit sich die Antragsgegnerin unter Hinweis auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts München (FamRZ 1995, S. 95 f.) darauf beruft, daß mit der auf Wunsch des Antragstellers erfolgten Aufgabe der Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin nach der Geburt des gemeinsamen Kindes und mit der nunmehr ausgesprochenen Scheidung der Ehe die Geschäftsgrundlage für den vereinbarten Ausschluß des Versorgungsausgleichs entfallen sei, ist zu berücksichtigen, daß das Amtsgericht mit dem inzwischen rechtskräftig gewordenen Scheidungsverbundurteil vom 31.08.1998 den Antragsteller verurteilt hat, an die Antragsgegnerin einen Zugewinnausgleich in Höhe von 172.000,00 DM zu zahlen, und der Antragsteller darüberhinaus verpflichtet ist, für das am 03.04.1986 geborene gemeinschaftliche Kind der Parteien einen monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von insgesamt 1.300,00 DM zu zahlen.

Bei der gemäß § 91 a ZPO zu treffenden Entscheidung war zu berücksichtigen, daß der Streitwert für die Berufung 3.900,00 DM und derjenige für die Anschlußberufung 49.725,00 DM beträgt.

Carl