OLG Frankfurt vom 08.07.1999 (1 UF 269/97)

Stichworte: Erwerbsverpflichtung Krankenvorsorge und Altersvorsorgeunterhalt Splittingvorteil und Steuerklasse III
Normenkette: BGB 1573 Abs. 1
Orientierungssatz: Der Anspruch auf Krankenvorsorgeunterhalt ist entfallen. Da davon auszugehen ist, daß die Beklagte als Verkäuferin eine Tätigkeit im sozialversicherungspflichtigen Bereich finden könnte, wäre sie in der Lage, auf diese Weise ihren Krankenvorsorgebedarf zu decken; Splitting-Vorteil und Steuerklasse III bei Wiederverheiratung können nicht kumukativ angesetzt werden

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

U R T E I L

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Eschweiler, den Richter am Oberlandesgericht Noll und die Richterin am Oberlandesgericht Michalik aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 1999 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 9. Oktober 1997 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht -Seligenstadt abgeändert:

Der vor dem Amtsgericht Seligenstadt - 1 F 73/88 - am 23. 1. 1989 abgeschlossene Vergleich wird zu Ziffer 5 b für die Zeit ab Juli 1997 dahin abgeändert, daß der Krankenvorsorgeunterhalt entfällt und der Kläger an die Beklagte jeweils monatlich im voraus folgende Unterhaltsbeiträge zu zahlen hat:

a)Elementarunterhalt für Juli und August 1997 in Höhe von monatlich 2.304,-- DM und für die Zeit ab September 1997 in Höhe von monatlich 2.344,-- DM,

b)Altersvorsorgeunterhalt ab Juli 1997 in Höhe von monatlich 70,-- DM.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 9/10, die Beklagte zu 1/10 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 32.278,-- DM festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens haben sie vor dem Amtsgericht Seligenstadt am 23. Januar 1989 einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Kläger verpflichtete, an die Beklagte 1.810,50 DM Elementarunterhalt, 590,55 DM Vorsorgeunterhalt und 404,23 DM Krankenvorsorgeunterhalt zu zahlen. In einem späteren Rechtsstreit, in dem der Kläger Abänderung dieses Vergleichs begehrt hatte, haben die Parteien im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main - 1 UF 91/92 - am 23. 4. 1993 einen Vergleich geschlossen, in dem sie unter anderem vereinbart haben, daß der Kläger ab Mai 1993 wieder die in dem Vergleich vom 23. 1. 1989 vereinbarten Unterhaltsbeträge mit der Maßgabe zahlt, daß sich der Krankenversicherungsbedarf nach dem tatsächlichen Bedarf richtet. In diesem Vergleich ist weiter als Grundlage der Vereinbarung festgehalten, daß die Parteien darüber einig sind, daß die Beklagte nunmehr eine Erwerbsobliegenheit hat und das von ihr angestrebte Ausbildungsziel eine Erwerbstätigkeit nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist. Bei der damals von der Beklagten absolvierten Ausbildung handelte es sich um einen Qualifizierungskurs zur kaufmännischen Büroassistentin, der im Januar 1994 endete.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Abänderung des Vergleichs dahin, daß er ab Juli 1997 keinen Unterhalt mehr schuldet. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet, da sich die für die Bemessung des Unterhalts maßgebenden Verhältnisse seit Abschluß des Vergleichs vom 23. 4. 1993, durch den die Unterhaltsregelung aus dem Vergleich vom 23. 1. 1989 bestätigt wurde, wesentlich geändert haben ( § 323 ZPO). Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, daß die Beklagte in der Lage wäre, eine ihr zumutbare versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit auszuüben, so daß ein Anspruch auf Krankenvorsorgeunterhalt nicht mehr besteht. Weiter besteht nur noch ein geringer Anspruch der Beklagten auf Altersvorsorgeunterhalt, da sie in der Vergangenheit den ihr zugeflossenen Altersvorsorgeunterhalt zum überwiegenden Teil zweckwidrig verwendet hat und davon auszugehen ist, daß dies weiterhin geschehen würde. Diese Veränderungen führen zu einem deutlichen Rückgang des Gesamtunterhalts, auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Elementarbedarf der Beklagten inzwischen gestiegen ist, was trotz Anrechnung fiktiver Erwerbseinkünfte zu einer Erhöhung des Elementarunterhalts führt. Im einzelnen ergeben sich die neu ausgeurteilten Unterhaltsbeträge aus folgenden Erwägungen:

Die für die Beurteilung des Bedarfs der Beklagten maßgeblichen ehelichen Lebensverhältnisse sind geprägt von dem Einkommen des Klägers aus seinem früheren Arbeitsverhältnis, welches bis Ende 1993 andauerte. Im Vorprozeß war für das Jahr 1991 ein Bruttoeinkommen des Klägers von 159.110,-- DM festgestellt worden. Bei dem Vergleich im Scheidungsverfahren waren die Parteien ausweislich der mitgeteilten Berechnungsgrundlagen von einem Bruttoeinkommen von 127.740,-- DM ausgegangen. Die Gehaltssteigerungen bis 1991 auf 159.110,-- DM beim alten Arbeitgeber stellen sich als normale Einkommenssteigerungen dar, die der Fortentwicklung der ehelichen Lebensverhältnisse nach der Scheidung entspricht. Derartige Einkommenssteigerungen sind als prägend und damit maßgeblich für die Bemessung des weiteren nachehelichen Unterhalts anzusehen. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt für die Steigerung des Einkommens des Klägers nach dem 1. 1. 1994. Der Kläger ist seitdem Verkaufsleiter bei einem anderen Arbeitgeber. Im Jahr 1997 verdiente er bereits brutto 226.206,-- DM. Dies ist eine Steigerung um 72 % gegenüber 1991. Demgegenüber stiegen die durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste der männlichen Angestellten im produzierenden Gewerbe, Handel, Kredit- und Versicherungsgewerbe von 1991 bis 1997 um 19,9 %, ermittelt aus einem Index von 102,6 im Jahr 1997 und 85,6 im Jahr 1991, bezogen auf die Basis Oktober 1995 gleich 100 (Statistisches Jahrbuch 1998, S. 584). Die wesentlich über den statistischen Mittelwert hinausgehende Einkommenssteigerung beruht auf einer außergewöhnlichen, zum Zeitpunkt der Scheidung nicht absehbaren Entwicklung und bleibt daher bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Beklagten außer Betracht (sogenannter Karrieresprung). Einer normalen Fortentwicklung mit einer Einkommenssteigerung von 1991 bis 1997 von rund 20 % hätte ein Einkommen von 191.000,-- DM brutto im Jahr, das sind rund 16.000,-- DM im Monat, entsprochen. Nur in dieser Höhe kann ab 1997 das Bruttoeinkommen, das tatsächlich monatlich fast 19.000,-- DM betrug, als eheprägend angesehen werden. Desweiteren ist die Steuerklasse 3, in die der Kläger nach seiner Wiederverheiratung eingruppiert ist, bei der Beurteilung der ehelichen Lebensverhältnisse zugrundezulegen (BGH FamRZ 1980, S. 984). Korrekturen zugunsten des wiederverheirateten Unterhaltspflichten sind insoweit nach § 1587 Nr. 7 BGB möglich, wenn durch die Zugrundelegung der Steuerklasse 3 die Mittel für die neue Familie in unzumutbarer Weise beschnitten würden. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da wegen der Begrenzung des Ansatzes des Einkommens des Klägers nach den ehelichen Lebensverhältnissen ohnehin ein nicht unbeträchtlicher Einkommensanteil des Klägers in die Unterhaltsbemessung der Beklagten nicht einfließt. Allerdings ist ein Realsplittingvorteil, der dem Kläger dadurch zufließt, daß er Unterhaltszahlungen an die Beklagte als Sonderausgaben steuerlich geltendmachen kann, nicht zusätzlich einkommenserhöhend zugrunde zu legen. Die Berücksichtigung der Steuerklasse 3 aufgrund der neuen Eheschließung bei der Bedarfsbemessung für den geschiedenen Ehegatten findet ihre Rechtfertigung darin, daß der Splittingsvorteil den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht. Kommt es zur Trennung, entfällt dieser Vorteil. Die Schlechterstellung kann durch das begrenzte Realsplitting abgemildert werden. Trifft durch Wiederverheiratung beides zusammen, wird ein doppelter Steuervorteil gewährt, nämlich aufgrund zweier verschiedener Ehen. Dieser Steuervorteil übersteigt die ehelichen Lebensverhältnisse der ersten Ehe. Der Realsplittingvorteil kann daher nicht zusätzlich zum Splittingvorteil aus der zweiten Ehe berücksichtigt werden (OLG Frankfurt, 6. Senat für Familiensachen, FamRZ 1995, S. 1423).

Unter Berücksichtigung der Steuerklasse 3 und eines halben Kinderfreibetrags für die Tochter aus der Ehe der Parteien ergibt sich im Jahr 1997 bei 16.000,-- DM Bruttoeinkommen ein Nettoeinkommen von 9.664,-- DM. Die Frage, ob der weitere Freibetrag für das Kind aus der zweiten Ehe dem Kläger entgegengehalten werden kann, obwohl die Unterhaltslast für dieses Kind den Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen nicht beeinträchtigt, kann dahingestellt bleiben, da der Unterschied zwischen einer Berücksichtigung von einem halben und eineinhalb Kinderfreibeträgen sich nur beim Solidaritätszuschlag, nicht aber bei der Lohnsteuer auswirkt und mit 19,-- DM monatlich praktisch bedeutungslos ist.

Das Einkommen des Klägers ist zu bereinigen um die Unterhaltszahlungen für die gemeinsame Tochter der Parteien in Höhe von 750,-- DM in den Monaten Juli und August 1997 und 650,-- DM für die Zeit ab September 1997. Das bereinigte Nettoeinkommen beläuft sich damit im Juli und August 1997 auf rund 8.900,-- DM, ab September 1997 auf rund 9.000,-- DM. Hieraus ergibt sich, unter Zugrundelegung einer Quote von 40 %, ein Elementarunterhaltsbedarf der Beklagten von 3.560,-- DM für die ersten zwei Monate und von 3.600,-- DM für die Zeit ab September 1997.

Eine weitere Fortschreibung des Einkommens des Klägers, welches ohne den Wechsel des Arbeitsplatzes zu erwarten gewesen wäre, kann unterbleiben, da sie nicht zu einer Erhöhung des eheangemessenen Bedarfs führen kann. Dieser kann nicht unbeschränkt nach einer Quote vom verfügbaren Familieneinkommen bemessen werden. Nur bei kleineren und mittleren Einkommensverhältnissen liegt es im Rahmen des üblichen und angemessenen, wenn das Einkommen zumindest zum ganz wesentlichen Teil für den Lebensunterhalt verbraucht wird. Bei gehobenen Einkommensverhältnissen ist dagegen auf den konkreten Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten abzustellen, weil davon auszugehen ist, daß das Einkommen nicht nur dem Lebensunterhalt, sondern teilweise auch der Vermögensbildung dient (BGH FamRZ 1982, S. 1187). Dem trägt die Rechtsprechung der Familiensenate des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main dadurch Rechnung, daß sie bis zur Deckung eines fest definierten Bedarfs eine Geltendmachung von Unterhalt nach Quoten ohne konkrete Darlegung der ehelichen Lebensverhältnisse zuläßt. Die Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten für die Ausfüllung des Begriffs der angemessenen Lebensverhältnisse wird insoweit erleichtert. Dies gilt nach der Rechtsprechung der Familiensenate des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main bis zu einer Bedarfsdeckung von 3.600,-- DM. Für die Geltendmachung höheren Unterhaltes bedarf es konkreter Darlegung des Bedarfs. Unter Anwendung dieser Grundsätze kann ein höherer Bedarf der Beklagten nach den konkreten ehelichen Lebensverhältnissen als 3.600,-- DM auch für die Jahre 1997 und 1998 nicht angenommen werden, insbesondere im Hinblick auf den deutlich unter diesem Betrag liegenden Elementarunterhalt, wie er in den beiden vorausgegangenen Vergleichen vereinbart worden war.

Den festgestellten Bedarf kann die Beklagte mit eigenen Arbeitseinkünften nicht decken, teils, weil sie nicht in der Lage ist, eine angemessene Vollzeittätigkeit zu finden ( § 1573 Abs. 1 BGB), teils, weil auch die Einkünfte aus einer Vollzeittätigkeit den Unterhaltsbedarf nicht voll abdecken könnten ( 1573 Abs. 2 BGB).

Grundlage des Vergleichs vom 23. 4. 1997 war, daß die Beklagte sich einer Ausbildung im kaufmännischen Bereich unterzog und eine dem angestrebten Ausbildungsziel entsprechende Tätigkeit eine eheangemessene Tätigkeit sein sollte. Der Senat geht davon aus, daß die Beklagte, könnte sie eine Vollzeittätigkeit im Bürobereich finden, hieraus etwa ein Einkommen von 3.000,-- DM brutto erzielen könnte. Dies würde bei 38 Wochenstunden einem Stundenlohn von 18,20 DM entsprechen. Hinzu kämen erfahrungsgemäß Sonderzuwendungen zu Weihnachten und Urlaubsgeld. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß es heute in der Regel so ist, daß Arbeitnehmer ihre Arbeitsstelle nicht unmittelbar in der Nähe ihrer Wohnung haben, so daß Fahrtkosten zu berücksichtigen wären. Der Senat geht im Wege der Schätzung (§ 287 ZPO) davon aus, daß Fahrtkosten den Vorteil aus Sonderzuwendungen wieder aufzehren würden, so daß es bei einem Bruttoeinkommen von 3.000,-- DM im Monatsdurchschnitt verbleibt. Bei Steuerklasse 1 und 0,5 Kinderfreibeträgen würde dies einem Nettoeinkommen von rund 1.940,-- DM entsprechen. Dieses wäre zu 80 %, also mit 1.552,-- DM auf den festgestellten Bedarf anzurechnen, so daß für Juli und August 1997 ein ungedeckter Bedarf von 2.008,-- DM, für die Zeit ab September 1997 ein ungedeckter Bedarf von 2.048,-- DM verbliebe. Insoweit steht der Beklagten ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach 1573 Abs. 2 BGB zu.

Die Beklagte hat darüber hinaus einen weiteren Unterhaltsanspruch nach 1573 Abs. 1 BGB, da sie bisher nicht in der Lage war, eine angemessene Vollzeittätigkeit zu finden. Sie hat durch Vorlage von Bewerbungsschreiben und Absageschreiben nachgewiesen, daß sie sich nach Ende der Ausbildung um über 140 Stellen im Bürobereich beworben hat. Sie hat ihr Vorbringen weiter dahin konkretisiert, daß es in wenigen Fällen zu Vorstellungsgesprächen gekommen ist, die jedoch nicht zu einer Einstellung der Beklagten geführt haben. Angesichts der Vielzahl der dokumentierten Bewerbungen im kaufmännischen Bereich mußte der Senat zu der Feststellung kommen, daß die Beklagte trotz hinreichender Bemühungen eine derartige Arbeitsstelle nicht hat finden können.

Die Beklagte kann sich jedoch nicht darauf berufen, daß für sie nur eine Erwerbstätigkeit im Bürobereich in Frage käme. Zumutbar wäre ihr im Hinblick auf ihre Vorbildung und die ehelichen Lebensverhältnisse auch eine Tätigkeit als Verkäuferin, wie sie sie schon früher ausgeübt hat. Zwar war Grundlage des Vergleichs vom 23. 4. 1993, daß der Beklagten eine Tätigkeit im Bürobereich ermöglicht werden sollte. Ihr ist deshalb auch nach Ende der Umschulung eine längere Übergangsphase zuzubilligen, in der sie sich ausschließlich um Tätigkeiten im Bürobereich bemühen mußte. Der Senat sieht daher keine Obliegenheitsverletzung auf Seiten der Beklagten darin, daß sie sich nicht sofort nach der Umschulung um eine Stelle außerhalb des Bürobereichs bemüht hat. Nachdem über mehrere Jahre hinweg ihre Bemühungen erfolglos geblieben waren, war die Beklagten jedoch gehalten, ihre Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Dies war jedenfalls schon zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums, also Mitte 1997 der Fall. Zwar ist bei gehobenen Verhältnissen während der Ehe nicht unbedingt jede Verkäuferinnentätigkeit, etwa in einem Billig-Supermarkt, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 1991, S. 416) zumutbar. Zumutbar ist für die Beklagte jedoch eine Verkäuferinnentätigkeit in einem Geschäft mit "besserer Atmosphäre". Mangels jeglicher Bemühungen der Beklagten um eine Erwerbstätigkeit in diesem Bereich, vermag der Senat nicht festzustellen, daß sie bei entsprechenden Anstrengungen nicht in der Lage gewesen wäre, eine ihr angemessene Tätigkeit als Verkäuferin zu finden.

Allerdings geht der Senat aufgrund des nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachtens des Sachverständigen Dr. Z. davon aus, daß die Beklagte in einem Beruf, in dem sie überwiegend stehen muß, nicht ganztags arbeiten könnte. Wegen Beeinträchtigungen am Skelettsystem (Lendenwirbelsäule, Brustwirbelsäule), wegen Varicosis in beiden Beinen sowie wegen eines Beckenbodensenkungsprozesses bestehen insoweit gewisse Einschränkungen. Nach der Einschätzung des Sachverständigen ist die Beklagte jedoch in der Lage zumindest halbtags zu arbeiten. Unter Berücksichtigung aller Umstände teilt der Senat die Einschätzung des Sachverständigen, daß eine Erwerbstätigkeit von etwa 3/4 der normalen Arbeitszeit der Beklagten im Verkäuferinnenberuf möglich sein müßte. Der Sachverständige hat dabei auch Beeinträchtigungen der Beklagten im psychischen Bereich (depressive Stimmungslage) berücksichtigt. Er hat hierzu nachvollziehbar ausgeführt, daß diese Beeinträchtigungen stärkeres Gewicht erhalten, wenn der Beklagten etwas Neues zugemutet wird, jedoch geringeres Gewicht, wenn sie, wie früher, in dem ihr vertrauten Beruf als Verkäuferin arbeiten würde.

Der Senat schätzt das als Verkäuferin bei einer Teilzeittätigkeit von etwa 75 % erzielbaren Einkommen auf brutto 2.200,-- DM. Das entspricht hochgerechnet auf eine Vollzeittätigkeit einem Einkommen von 2.933,--DM. Der Ansatz eines geringeren Einkommens gegenüber einem Büroberuf ist wegen der unterschiedlichen Bezahlung sachgerecht. Ein solches Bruttoeinkommen entspricht bei 38 Wochenstunden und rund 4,34 Wochen im Monat einem Stundenlohn von 17,78 DM. Auch hier gilt, daß im Wege der Schätzung hinzutretende Sonderzuwendungen als durch voraussichtlich anfallende Fahrtkosten aufgezehrt angesehen werden müssen. Bei einem Bruttoeinkommen von 2.200,-- DM ergibt sich bei Steuerklasse 1 und 0,5 Kinderfreibeträgen ein Nettoeinkommen von rund 1.570,-- DM.

Dieses erzielbare Einkommen ist auf den zuvor festgestellten Unterhaltsbedarf zu 80 %, das sind 1.256,-- DM anzurechnen, so daß für Juli und August 1997 ein Unterhaltsanspruch von monatlich 2.304,-- DM, für die Zeit ab September 1997 ein solcher von 2.344,-- DM verbleibt. Gegenüber den zuvor errechneten, auf 1573 Abs. 2 BGB beruhenden Unterhaltsansprüchen von 2.008 bzw. 2.048,-- DM ergibt sich somit ein weiterer Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 296,-- DM, der darauf beruht, daß die Beklagte nur eine Teilzeitbeschäftigung finden könnte ( 1573 Abs. 1 BGB).

Dieser Anspruch beruht dagegen nicht auf § 1572 BGB (Unterhalt wegen Krankheit). Denn die bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen hindern die Beklagte nicht generell daran, eine angemessen Vollzeittätigkeit auszuüben. Zu einer Vollzeittätigkeit im Bürobereich wäre sie in der Lage. Tatsächlich hat sie sich in der Vergangenheit intensiv um eine Vollzeittätigkeit im Bürobereich bemüht. Der Senat hat keinen Zweifel daran, daß diese Bemühungen ernst gemeint waren und die Klägerin ihre Leistungsfähigkeit in einem Büroberuf zutreffend so einschätzt, daß sie dort vollschichtig tätig sein könnte.

Der Anspruch auf Krankenvorsorgeunterhalt ist entfallen. Da davon auszugehen ist, daß die Beklagte als Verkäuferin eine Tätigkeit im sozialversicherungspflichtigen Bereich finden könnte, wäre sie in der Lage, auf diese Weise ihren Krankenvorsorgebedarf zu decken.

Ein Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt besteht nur noch in Höhe von 70,-- DM. In dieser Höhe zahlt die Beklagte fortlaufend Beiträge in eine Lebensversicherung ein. Soweit sie in der Vergangenheit darüber hinaus Altersvorsorgeunterhalt vereinbarungsgemäß erhalten hat, hat sie diesen nicht für die Altersversorgung, sondern zur Bestreitung ihres allgemeinen Lebensunterhalts verwendet. Es ist nicht ersichtlich, daß sich hieran künftig etwas ändern würde. Damit aber erweist sich das Verlangen der Klägerin auf Fortzahlung des titulierten Vorsorgeunterhalts als treuwidrig (BGH FamRZ 1987, S. 684, 688).

Soweit die Beklagte bisher den Vorsorgeunterhalt zweckentsprechend verwendet hat, also in Höhe von monatlich 70,-- DM, ist dieser Betrag weiter zu zahlen, da bei dem noch bestehenden Anspruch auf Elementarunterhalt jedenfalls noch ein Vorsorgeunterhaltsanspruch in Höhe von 70,-- DM besteht.

Obwohl nur der Kläger Abänderung des Vergleichs begehrt, konnte der Elementarunterhalt als Teil des einheitlichen Unterhaltsanspruchs erhöht werden, da dies nicht zu einer Erhöhung des gesamten Unterhaltsanspruchs führt. Das Gericht ist bei der Verteilung des Unterhalts auf Elementarunterhalt, Altersvorsorgeunterhalt und Krankenvorsorgeunterhalt nicht an die gestellten Anträge gebunden und kann eine anderweitige Verteilung vornehmen (BGH FamRZ 1985, S. 912, 915).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder des gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht ( §§ 546 Abs.1 Nr. 2 , 621 d ZPO).

Die Wertfestsetzung folgt aus § 17 GKG und entspricht dem Jahresbetrag des im Berufungsrechtzug im Streit befindlichen Unterhaltsanspruchs.

Dr. Eschweiler Michalik Noll