OLG Frankfurt vom 13.04.1999 (1 UF 24/98)

Stichworte: Notwendigkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers, einstweilige Anordnung
Normenkette: BGB 1696 Abs. 1, 1671 FGG 50d
Orientierungssatz: Die Bestellung eines Verfahrenspflegers war nicht erforderlich. Es mag dahinstehen, ob die Tatsache, daß gegen den Ehemann der Mutter ein Strafverfahren wegen sexuellen Mißbrauchs der beiden Mädchen durchgeführt wird, schon einen erheblichen Interessengegensatz zwischen der in dieses Verfahren nicht verwickelten Mutter und den Kindern begründet (§ 50 Abs. 2 Nr. 1 FGG). Jedenfalls gibt die in jedem Fall erforderliche Prüfung des konkreten Einzelfalles, daß hier eine Pflegerbestellung nicht notwendig ist. Die Kindesinteressen sind hier auch ohne Pflegerbestellung dadurch gewahrt, daß die Kinder in der Lage waren, durch ihr eigenes Verhalten selber den Anstoß zu dem Verfahren zu geben, daß sie im Verfahren ihre Wünsche deutlich machen konnten, und daß das Jugendamt seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren gemäß § 50 KJHG gerecht geworden ist.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

betreffend die elterliche Sorge für die Kinder

hat der 1. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 18.12.1998 am 13.04.1999 beschlossen:

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Anordnung der Herausgabe der Ausweispapiere der Kinder im Wege der einstweiligen Anordnung erfolgt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Die Mutter hat dem Vater seine außergerichtlichen Kosten aus dem Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Beschwerdewert: 5.000,-- DM.

G R Ü N D E

Die nach § 621 e ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Amtsgericht hat zu Recht die elterliche Sorge für beide Kinder in Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Bad Schwalbach vom 18.3.1996 auf den Vater übertragen, da dies aus triftigen, das Wohl der Kinder nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist (§§ 1696 Abs. 1 BGB, 1671 BGB).

(Wird ausgeführt.......)

Die Bestellung eines Verfahrenspflegers war nicht erforderlich. Es mag dahinstehen, ob die Tatsache, daß gegen den Ehemann der Mutter ein Strafverfahren wegen sexuellen Mißbrauchs der beiden Mädchen durchgeführt wird, schon einen erheblichen Interessengegensatz zwischen der in dieses Verfahren nicht verwickelten Mutter und den Kindern begründet (§ 50 Abs. 2 Nr. 1 FGG). Jedenfalls gibt die in jedem Fall erforderliche Prüfung des konkreten Einzelfalles, daß hier eine Pflegerbestellung nicht notwendig ist. Die Kindesinteressen sind hier auch ohne Pflegerbestellung dadurch gewahrt, daß die Kinder in der Lage waren, durch ihr eigenes Verhalten selber den Anstoß zu dem Verfahren zu geben, daß sie im Verfahren ihre Wünsche deutlich machen konnten, und daß das Jugendamt seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren gemäß § 50 KJHG gerecht geworden ist.

Soweit das Amtsgericht die Herausgabe von Ausweispapieren der Kinder angeordnet hat, war klarzustellen, daß es sich hierbei um eine einstweilige Anordnung nach § 50 d FGG handelt. Eine solche Anordnung kann über den Gesetzeswortlaut hinaus nicht nur dann ergehen, wenn zugleich die Herausgabe eines Kindes angeordnet wird, sondern auch dann, wenn die elterliche Sorge bzw. das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf einen Elternteil übertragen wird, bei dem sich das Kind inzwischen bereits befindet (Gießler, vorläufiger Rechtsschutz in Ehe-, Familien- und Kindschaftssachen 2. Aufl. Rdnr. 869 b).

Die Kostenentscheidung und die Wertfestsetzung folgen aus §§ 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG, 30, 131 Abs. 3 KostO.

Juncker Noll Carl